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Rechtsbericht | Schweiz | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Probezeit und Urlaub sind in der Schweiz kürzer, als es in Deutschland üblich ist. Hingegen fallen die Regel- und Höchstarbeitszeiten in der Schweiz länger aus.

Von Karl Martin Fischer, Nadine Bauer | Bonn

Die folgenden Angaben stellen eine Erstinformation zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Rechtspraxis dar. Germany Trade & Invest bietet keine weiterführende Rechtsberatung hinsichtlich der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen oder arbeitsrechtlicher Einzelfälle an.

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: Freie Vereinbarung möglich
Mindestlohn: Keine allgemeingültige gesetzliche Regelung, aber Branchenmindestlöhne vorhanden
Arbeitsstunden pro Woche: 40 bis 44 Stunden; Höchstarbeitszeit 45 beziehungsweise 50 Stunden pro Woche in Abhängigkeit von der Tätigkeit
Regelarbeitstage pro Woche: 5
Zulässige Überstunden: Überstunden mit Lohnaufschlag von mindestens 25 Prozent, wenn kein Freizeitausgleich erfolgt; Überzeit maximal zwei Stunden pro Tag und maximal 170 Stunden pro Kalenderjahr bei einer Höchstarbeitszeit von 45 Stunden, maximal 140 Stunden pro Kalenderjahr bei einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden
Bezahlte Feiertage: 1 Tag auf Bundesebene (1. August) und maximal 8 weitere Tage auf kantonaler Basis
Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 4 Wochen pro Jahr; für Beschäftigte unter 20 Jahre mindestens 5 Wochen pro Jahr
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): 13. Monatslohn üblich, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und besonderen Umständen (Art. 324a ff. Obligationenrecht)
Probezeit: 1 Monat; Verlängerung auf bis zu 3 Monate möglich
Quelle: Arbeitsgesetz; Obligationenrecht

 

Rechtsgrundlagen

Maßgeblich für das schweizerische Arbeitsrecht sind im Wesentlichen drei Rechtsquellen: das Obligationenrecht (OR), das Arbeitsgesetz (ArG) und das Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.

Vertragsabschluss 

Ein Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit grundsätzlich nicht der Schriftform. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer jedoch innerhalb eines Monats nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich über die Kernbestandteile informieren. Hierzu zählen gemäß Art. 330b OR:

  • Namen der Vertragsparteien
  • Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Funktion des Arbeitnehmers
  • Lohn und Lohnzuschläge
  • wöchentliche Arbeitszeit

Erbringen Beschäftigte Dienste, deren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist, so gilt auch dies als Arbeitsvertrag (Art. 320 Abs. 2 OR).

Ausnahmsweise ist die Schriftform vorgeschrieben bei Vereinbarungen über die Vergütung von Überstunden sowie bei krankheitsbedingter Lohnfortzahlung, sofern von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden soll. Auch die Regelungen zur Probezeit und zur Kündigungsfrist müssen in diesem Fall schriftlich festgehalten werden.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Zentrale Hauptpflicht der Arbeitnehmenden ist die Erbringung der Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (Artikel 319 OR).

Die Vergütung ist entweder im Vertrag genau festgelegt oder ergibt sich aus Bezugnahmen auf Gesamtarbeitsverträge, Normalarbeitsverträge oder der üblichen Bezahlung. In der Schweiz werden die Löhne individuell oder kollektiv ausgehandelt. Der Nationale Lohnrechner des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) gibt erste Anhaltspunkte über den in der jeweiligen Branche üblichen Lohn.

Hinzu kommen Sorgfalts- und Treuepflichten: So müssen Beschäftigte alles unterlassen, was den Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen kann. Arbeitnehmende sind grundsätzlich berechtigt, eine Nebentätigkeit auszuüben. Sie erfährt ihre Grenzen jedoch dort, wo der Arbeitnehmer seine eigentliche Arbeitspflicht infolge der Nebentätigkeit nicht mehr voll erfüllen kann. Ebenso besteht ein Verbot, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses in Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten. Von der Treuepflicht umfasst ist zudem die Geheimhaltungspflicht (Art. 329a321a Abs. 4 OG). Diese besteht in gelockerter Form auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort.

Gemäß Art. 329a OR beträgt der Urlaubsanspruch (Ferien) mindestens vier Wochen im Jahr, für Beschäftigte unter 20 Jahren mindestens fünf Wochen.

In der Schweiz wird zwischen Normal- und Höchstarbeitszeit unterschieden. Normalarbeitszeit ist die Zeit, die gemäß Arbeitsvertrag, Gesamtarbeitsvertrag oder Normalarbeitsvertrag in einem Betrieb zu leisten ist. Sie liegt zwischen 40 und 44 Stunden pro Woche. 

Die Höchstarbeitszeit beläuft sich für Beschäftigte in der Industrie, für Büropersonal, für technische und andere Angestellte sowie für Verkaufspersonal in Großbetrieben des Einzelhandels auf 45 Stunden. Für die übrigen Beschäftigten beträgt die Höchstarbeitszeit 50 Stunden, Art. 9 ArG. Oberhalb dieser Zeiten darf gemäß Art. 12 Abs. 2 ArG im Kalenderjahr nicht mehr als 170 Stunden bei einer Höchstarbeitszeit von 45 Stunden und maximal 140 Stunden bei einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden gearbeitet werden. Den Beschäftigten ist grundsätzlich eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf aufeinander folgenden Stunden zu gewähren (Art. 15a Abs. 1 ArG).

Vertragsbeendigung 

Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet durch Zeitablauf, ein unbefristetes durch Kündigung (Artikel 335 ff. OR). Zudem besteht die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages. 

Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis über die Vertragszeit hinaus stillschweigend fortgesetzt, so gilt es gemäß Art. 334 Abs. 2 OR als unbefristet. Befristete Arbeitsverträge erfordern ein sachliches Motiv, wenn mehrere befristete Arbeitsverträge nacheinander geschlossen werden (sogenannte Kettenverträge). Fehlt es daran, wird das Arbeitsverhältnis in diesen Fällen in ein unbefristetes umgedeutet.

Bei Kündigungen ist zwischen der ordentlichen und der fristlosen Kündigung zu unterscheiden. 

Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen ordentlich gekündigt werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber seine Kündigung begründen. Nach Ablauf der Probezeit richtet sich die Kündigungsfrist nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses: Besteht es noch kein Jahr, so kann es zum Ende eines Monats gekündigt werden. Vom zweiten bis zum neunten Dienstjahr beträgt die Frist zwei, anschließend drei Monate (Art. 335c OR). Die Fristen können schriftlich verlängert werden.

Für Massenentlassungen gelten gemäß Art. 335d bis k OR besondere Regeln. Hierbei handelt es sich um eine Kündigung, die der Arbeitgeber innerhalb von 30 Tagen aus Gründen erklärt, die in keinem Zusammenhang mit der Person stehen und von denen eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmenden betroffen ist. Liegt eine Massenentlassung vor, treffen den Arbeitgeber bestimmte Informations- und Konsultationspflichten gegenüber der Vertretung der Arbeitnehmerschaft beziehungsweise mangels einer solchen gegenüber den Arbeitnehmenden. Anschließend muss er die beabsichtigte Entlassung dem kantonalen Arbeitsamt schriftlich anzeigen. Die Zuwiderhandlung kann eine Verwaltungsstrafe nach sich ziehen.

Eine fristlose Kündigung ist möglich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Das Gesetz definiert diesen als "Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann". Ein solcher liegt in jedem Fall vor, wenn der Arbeitnehmer längere Zeit grundlos der Arbeit fernbleibt.

Kündigungsschutz wird gewährt im Fall der missbräuchlichen Kündigung und der Kündigung zur Unzeit. Fälle einer missbräuchlichen Kündigung werden in Art. 336 OR nicht abschließend aufgeführt. Beispiele sind:

  • Kündigung wegen persönlicher Eigenschaften, die der gekündigten Vertragspartei wegen ihrer Persönlichkeit zustehen, es sei denn, diese Eigenschaften stehen in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtigen die Zusammenarbeit wesentlich;
  • Kündigung, weil die andere Vertragspartei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht;
  • Kündigung, weil ein Arbeitnehmer gewählter Arbeitnehmervertreter ist und der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er einen begründeten Anlass zur Kündigung hatte.

Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn sie zu bestimmten gesetzlich geregelten Sperrzeiten erfolgt. Hierzu gehören gemäß Art. 336c OR unter anderem Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft.

Die Rechtsfolgen unterscheiden sich je nach Art der Kündigung: Während die missbräuchliche Kündigung nicht unwirksam, sondern lediglich anfechtbar ist und eine Entschädigungspflicht auslöst, hat eine Kündigung zur Unzeit deren Nichtigkeit zur Folge.

Wird eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung geltend gemacht, muss schriftlich Einspruch eingelegt werden. Dieser kann längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist erhoben werden. Erfolgt keine Einigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, kann auf Entschädigung geklagt werden. Die Klage muss innerhalb von 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben werden.

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