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Branchen | Nordafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Nahrungsmittelverarbeitung bleibt dynamisch

In Nordafrikas Ländern bleibt die Nahrungsmittelverarbeitung im Fokus. Kein Wunder: Zum einen geht es um Exporterlöse, zum anderen um die Eigenversorgung.

Von Sherif Rohayem, Michael Sauermost, Peter Schmitz, Friedrich Henle | Kairo, Casablanca, Tunis, Berlin

Die Bandbreite von neuen Projekten der Nahrungsmittelindustrie in Nordafrika ist groß. Investoren aus dem Ausland spielen dabei eine große Rolle.

In Ägypten investieren vor allem die Etablierten

In einer Börsenmitteilung von Mitte Juni 2023 bestätigt Edita Industries aus Ägypten den Erwerb der Firma Fancy Food, die lokal gefrorene Backwaren produziert. In seine Neuakquise will der Hersteller von Snacks und Süßwaren einen Betrag von umgerechnet 12 Millionen US-Dollar (US$) investieren.

Die Qalaa Holding beabsichtigt eine ihrer Tochtergesellschaften an die ägyptische Börse zu bringen. Es geht um die National Printing Company, die eine der größten Herstellerinnen von Druck- und Verpackungserzeugnissen in Ägypten ist. Das Geld aus dem Börsengang soll in die Erweiterung von Kapazitäten fließen.

Existentieller ist das Thema Nahrungsmittelsicherheit. Insbesondere seit der Coronapandemie erweitert Ägypten verstärkt seine Kapazitäten zur Lagerung von Weizen und anderer Grundnahrungsmittel. Geber unterstützen das nordafrikanische Land dabei – wie etwa die Europäischen Union, die einen Kredit in  Höhe von 60 Millionen Euro zugesagt hat. Damit sollen neue Getreidesilos (hauptsächlich Weizen) gebaut und somit die Lagerkapazitäten um 450.000 Tonnen auf insgesamt 3,5 Millionen Tonnen gesteigert werden.

Algeriens Nahrungsmittelsektor lockt europäische Investoren

Die französische Supermarktkette Auchan steht kurz vor dem Markteintritt in Algerien. Das Unternehmen hat in einer Pressemeldung vom Mai 2023 bekannt gegeben, dass bereits im 4. Quartal 2023 der erste Supermarkt in der Hauptstadt Algier öffnen wird. Die Verkaufsfläche soll 5.000 Quadratmeter betragen. Als Partner fungiert das algerische Handelsunternehmen Great Way. Nach Senegal und Côte d´Ivoire wird Algerien das dritte afrikanische Land sein, in dem Auchan vertreten ist.

Im Regierungsbezirk Médéa soll Algeriens erste Fabrik für Babymilch und Babybrei entstehen. Algerische Medien berichteten im Mai 2023 über eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem belgisch-luxemburgischen Investor Ninolac und dem algerischen Unternehmen Achir. Zur Höhe der Investition haben die Partner bisher keine öffentlich zugänglichen Angaben gemacht.

Ebenfalls im Mai 2023 hat das algerische Unternehmen Vesco Agro Green Farm mit dem britischen Finanzinvestor Elite Capital zwei Absichtserklärungen unterzeichnet. Ziel ist die Realisierung von zwei größeren Projekten im Nahrungsmittelbereich. Zum einen soll ein integrierter Betrieb mit 4.000 Milchkühen entstehen. Er umfasst ebenso die dafür notwendige Futtermittelproduktion, die Herstellung von Milchprodukten sowie einen Schlachthof. Zum anderen soll die Finanzierung einem Gewächshauskomplex in einer Größe von 500 Hektar dienen. Ort und Höhe der Investitionen ist den entsprechenden Pressemeldungen nicht zu entnehmen.

Die italienische BF SpA gab Anfang Juni 2023 bekannt, durch das zusammen mit dem algerischen Logistikunternehmen Copre Sud gegründete Unternehmen BF Algérie im Süden des Landes Getreide anzubauen. BF Algérie strebt eine entsprechende Konzession für eine Fläche von 900 Hektar an. Die BF SpA setzt mit dem Einstieg in Algerien ihre Internationalisierungsstrategie fort. Neben dem Anbau von Getreide, Obst und Gemüse ist BF auch in der Tierhaltung aktiv, dies jedoch bis auf weiteres noch nicht in Algerien.

Die Nationale Agrarhochschule Algeriens ENSA (École Nationale Supérieure Agronomique) hat ein Kooperationsprojekt mit der niederländischen Agraruniversität Wageningen gestartet, um intelligente Gewächshäuser für den Gemüseanbau in den städtischen Randgebieten im Norden des Landes zu entwickeln. Laut Presseberichten vom Mai 2023 zeigen erste Versuche mit Tomaten, dass damit der Ertrag pro Quadratmeter auf 40 Kilogramm verdoppelt werden konnte. Nach Abschluss der Testphase sollen Prototypen der Gewächshäuser erstellt werden, um Investoren für eine Kommerzialisierung zu gewinnen.

In Marokko steht der lokale Absatzmarkt im Fokus

Marokko ist ein attraktiver Absatzmarkt für Kaffee. Mit einem Gesamtumsatz von rund 1,3 Milliarden US$ rangierte das Königreich 2022 im Mena-Ranking auf Rang 3. Davon will der türkische Kaffeeanbieter Boost Coffee stärker profitieren. Im April 2023 eröffnete das Unternehmen seine zweite Filiale in Marokko. Bis 2025 sollen es zehn Standorte werden. Seit 2021 bietet Boost Coffee seine koffeinhaltigen Getränke in Casablanca an.

Auch die britische Kaffeehauskette Costa Coffee expandiert in Marokko. Mit Investitionen in Höhe von rund 3 Millionen Euro sollen noch 2023 fünf neue Filialen im Königreich (Casablanca und Rabat) eröffnet werden. Im Folgejahr soll es rasant weitergehen: Dann stehen auch mit Agadir und Tanger neue Standorte auf dem Plan. Bis 2025 könnten 30 bis 40 Filialen in Marokko im Einsatz sein.

Smurfit Kappa entdeckt auch Marokko als Investitionsstandort. Dort soll die erste Fertigungsanlage des Unternehmens in Nordafrika entstehen. Danach soll es in der Region weitergehen. Das irische Verpackungsunternehmen hat rund 35 Millionen Euro in eine Fabrik in Rabat investiert. Nachhaltigkeit spielt dabei eine Rolle: etwa 30 Prozent der Energie werden aus Solarenergie gewonnen.

Das Agrarunternehmen Distra, eine Tochtergesellschaft der Unternehmensgruppe Mutandis, hat die Firma Euro Africaine des Eaux übernommen. Eine entsprechende Vereinbarung wure vom Getränkeverband SBM (Société des Boissons du Maroc) im Wert von 38 Millionen US$ bestätigt.

Das Programm "Génération Entrepreneurs" der marokkanischen Gesellschaft CDG Invest trägt erste Früchte. Knapp 2 Millionen US$ investierte CDG Invest in Anteile des Agrarunternehmens Freshcut Morocco, das die Wertschöpfungskette von Obst und Gemüse im Königreich verbessern möchte.

In Dakhla soll eine neue Verpackungsanlage entstehen. Das Unternehmen Gharb Papier et Carton investiert dort knapp 30 Millionen US$ in eine Fabrik. Erst 2026 dürften die anvisierten Kapazitäten (35.000 Tonnen an Verpackungskartons und Kartonschalen) erreicht sein.

Dass Franchising in Marokko boomt, bestätigt auch die US-amerikanische Fastfoodkette Kentucky Fried Chicken (KFC). Noch im Jahr 2023 sollen zehn neue Restaurants des Hühnchenspezialisten im Königreich an den Start gehen. Dabei sollen mit Filialen an Autobahnraststätten neue Wege beschritten werden.

Tunesien unterstützt den Getreideanbau

Die Europäische Union und die italienische Agentur für Entwicklungszusammenarbeit AICS legen einen Unterstützungsfonds für den Getreideanbau in Höhe von 18 Millionen Euro an. Der Fonds soll kleinen Getreidebauern helfen, die steigenden Produktionskosten aufzufangen und sich durch den Einsatz moderner Anbautechniken dem Klimawandel anzupassen. Um das zu erreichen, erhalten neben Getreidebauern auch Saatgutproduzenten Unterstützung. Eines der bisher drei ausgewählten Unternehmen ist das privat geführte Comptoir Multiservices Agricole.

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