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Wirtschaftsausblick | Norwegen

Norwegens Wirtschaft wächst langsam

Die wichtigsten Exportgüter waren auch 2023 Öl und Gas. Doch der imposante Fund Seltener Erden könnte nun für zusätzlichen Antrieb bei der grünen Transformation sorgen.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Top-Thema: Seltene Erden aus Norwegen könnten große Wirkung haben

Kürzlich sorgte der wohl größte Fund Seltener Erden in Kontinentaleuropa für Aufsehen: Das norwegische Bergbauunternehmen Rare Earths Norway teilte Anfang Juni 2024 mit, südwestlich von Oslo ein riesiges Vorkommen Seltener Erden entdeckt zu haben. In dem Gebiet, dem sogenannten Fen Carbonatite Complex, sollen insgesamt 8,8 Millionen Tonnen wirtschaftlich abbaubare Seltenerdoxide vorkommen. Die Menge der magnetischen Seltenen Erden wird auf etwa 1,5 Millionen Tonnen geschätzt. Diese gelten laut EU als kritische Rohstoffe. Außerdem sind sie wichtige Komponenten im Bau von Windkraftanlagen und Elektrofahrzeugen.

Als nächste Schritte plant Rare Earths Norway noch in diesem Jahr weitere Erkundungsarbeiten und Bohrungen, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu validieren. In seiner nationalen Rohstoffstrategie 2023 wirbt das Königreich für die Etablierung der weltweit nachhaltigsten Rohstoffindustrie. Für die deutsche Wirtschaft könnte dies, abseits einer Diversifizierung seiner Lieferländer, auch für Geschäftschancen in Branchen wie beispielsweise dem Infrastruktur- und Bergbau sorgen.

Wirtschaftsentwicklung: Norwegen verzeichnet solides Wachstum

Die wirtschaftliche Entwicklung ist laut nationalem Statistikamt SSB mit einem prognostizierten Wachstum von 0,8 Prozent im Jahr 2024 verhalten. Maßnahmen zur Gegensteuerung der wirtschaftlichen Flaute, wie zum Beispiel vorübergehende Steuersenkungen, zeigen nur langsam Wirkung. Die Inflation soll 2024 bei durchschnittlich 3,8 Prozent liegen und das staatliche Ziel von 2 Prozent wird laut SSB auch 2027 noch nicht erreicht sein. Nordea, ein führender Finanzkonzern Nordeuropas, rechnet laut aktuellster Prognose mit einem gleichbleibenden Leitzins von derzeit 4,5 Prozentpunkten. Grund dafür seien die anhaltend hohe Inflation, eine schwache Norwegisch Krone und nennenswerte Lohnzuwächse. 

Nach wie vor bleiben der Öl- und Gassektor wichtige Hebel für das wirtschaftliche Wachstum im Königreich. Als Hauptgrund für die zaghafte Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gilt die noch schwache inländische Nachfrage.

Kaufkraft der Haushalte zieht wieder an

Nach bedeutenden Kaufkraftrückgängen in den vergangenen Jahren wird sich die Situation für die norwegischen Haushalte zeitnah bessern. Nordea prognostiziert einen allgemeinen Lohnzuwachs von rund 5 Prozent. Gekoppelt mit einer voraussichtlich niedrigeren Inflation und gleichbleibenden Zinsaufwendungen werden die Haushalte nach dem Sommer wieder mehr Spielraum für den privaten Konsum haben. 

Nordea rechnet vor, dass eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen zu Beginn des Jahres 2025 etwa 175 Euro mehr ausgeben könnte als Mitte 2024. Käme noch eine Senkung des Leitzinses durch die Norges Bank hinzu, dürfte dies einen weitere Entlastung der Kaufkraft bedeuten, insbesondere für die verschuldeten Haushalte.

Norwegens Exportreform verzeichnet erste Erfolge

Unter dem Motto "Ganz Norwegen exportiert" hat die Regierung 2022 eine Exportinitiative gestartet, um bis 2030 die Exporte abseits von Gas und Öl um 50 Prozent zu steigern. Bisher wurden vier Initiativen in den Bereichen Offshore-Wind, Maritime Industrie, Gesundheitswirtschaft sowie in der verarbeitenden Industrie und Design gestartet. Als ersten großen Erfolg der Exportinitiative verwies Industrieminister Vestre auf den gesteigerten Warenexport Festlandnorwegens um 30 Prozent in den vergangenen zwei Jahren.  

Auch wenn der norwegische Arbeitgeberverband NHO zuletzt auf einen künftig schwächeren Außenhandel einstimmte, zeichnet dessen aktuelle Konjunkturprognose ein weitestgehend positives Bild. Für 2025 rechnet NHO mit einem Anstieg der Exporte vom Festland um 3,5 Prozent. Im 1. Quartal 2024 lagen die Gesamtexporte um 4 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. 

Dies ist insbesondere auf die gestiegenen Ausfuhren von Metallen, Maschinenbauerzeugnissen und Textilien zurückzuführen. Dazu gehören auch Exporte von Ausrüstung für die Offshore-Windenergiebranche. Norwegen ist gut aufgestellt, um zusätzliche Marktanteile im Bereich erneuerbarer Energien zu gewinnen.

Deutsche Perspektive: Energiethemen prägen die bilaterale Zusammenarbeit

Im April 2024 präsentierte die deutsch-norwegische Wasserstoff-Taskforce ihren Fortschrittsbericht. Norwegen gilt als Großerzeuger von Wasserstoff im Nordseeraum. Zwischen dem norwegischen Gaskonzern Equinor und RWE besteht bereits eine Kooperationsvereinbarung. Zudem müssten zukünftig auch bestehende Pipelines umgerüstet oder neue verlegt werden – Geschäftsbereiche, in denen deutsche Unternehmen mit Erfahrung und Know-how punkten können. 

Nach der Vergabe des Gebiets von Sørlige Nordsjø II kündigte die norwegische Regierung an, 2025 weitere Offshore-Gebiete auszuweisen. Deutsche Unternehmen wie EnBW oder RWE haben bereits Interesse bekundet. 

Vom 26. bis 29. August 2024 findet in Stavanger die weltweit führende Messe ONS für Energie, Innovation und Technologie statt. Die deutsch-norwegische Handelskammer wird mit einem Stand vertreten sein und zu Geschäftsmöglichkeiten informieren.

Auch in anderen Branchen floriert die deutsch-norwegische Kooperation: Erst kürzlich unterzeichneten der Weltraumbahnhof Andøya und das deutschen Raketen-Start-up Isar Aerospace eine Vereinbarung. Isar Aerospace will von Andøya aus Satelliten ins All bringen.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer GTAI-Länderseite.

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