Interview | Polen | Hochbau
"Immobilienentwickler legen Wert auf Energieeffizienz"
Gewerbehallen zählen zu den Standardprodukten der Bauindustrie Polens. Nach Jahren des Wachstums befindet sich die Branche im Umbruch. Besonders ein Thema gewinnt an Bedeutung.
07.02.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
![Piotr Brańka, CEO, BREMER Sp. z o.o. | © Bremer Sp. z o. o. Piotr Brańka, CEO, BREMER Sp. z o.o., Industriehallen-Bau in Polen](/resource/image/1866350/fitImage/900/0/ab0158ac1ab21c179d1808edf7531710/5CBF07A68DE621D0A2D746605B8B9BFF/piotr-branka-rz.jpg)
Das Generalunternehmen Bremer baut in Polen Industrie- und Logistikhallen. Aktuell laufen Projekte in den Städten Łódź und Radom sowie in der Woiwodschaft Śląsk. Über Herausforderungen, Trends und neue Chancen berichtet Piotr Brańka, Geschäftsführer von Bremer in Polen.
Wie beurteilen Sie den aktuellen Zustand der Baubranche in Polen?
Global und regional erleben wir eine sehr dynamische Situation, die sich unmittelbar auf die polnische Bauwirtschaft auswirkt. In unserem Marktsegment bleibt die Lage jedoch stabil. Die Nachfrage nach Industrie- und Logistikhallen in Polen ist noch nicht gesättigt.
Der Bedarf an Logistikhallen stieg vor allem während der Coronapandemie, getrieben durch das dynamische Wachstum des Onlinehandels. Mittlerweile hat sich die Nachfrage zwar etwas abgekühlt, aber das Interesse an neuen Hallen besteht weiterhin. Der Logistiksektor wächst nicht mehr so schnell wie vor einigen Jahren. Der Markt entwickelt sich in eine andere Richtung. Heute steht häufiger der nachhaltige Charakter eines Gebäudes im Vordergrund und nicht mehr nur die Quantität.
Das heißt, das Thema Nachhaltigkeit wird wichtiger?
Ja, das können wir definitiv bestätigen. Sowohl große Bauträger und Immobilienentwickler wie auch kleinere Investoren legen immer mehr Wert auf energieeffiziente Lösungen und den schonenden Umgang mit Ressourcen. Auch die Gewährleistung des Brandschutzes gewinnt an Bedeutung.
Für große Bauträger bedeutet dies, dass sie bei Investitionen die Anforderungen verschiedener Nachhaltigkeitszertifikate berücksichtigen müssen. Beliebt sind Zertifikate wie BREEAM, LEED oder DGNB. Gebäude mit einer Umweltzertifizierung halten ihren Marktwert länger und sind für Käufer attraktiver. Investoren erhalten außerdem einfacher eine Finanzierung, wenn sie bei ihrem Bauprojekt Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen.
Wir als Generalunternehmer müssen uns auf diese neuen Anforderungen einstellen, indem wir moderne Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz verbauen. Dazu gehören LED-Beleuchtungen, Gebäudemanagementsysteme, Lichtsteuerungssysteme, Fotovoltaikanlagen und Energiespeicher.
Welche sind die größten Herausforderungen, denen sich Ihr Unternehmen und die Baubranche derzeit stellen müssen?
Wir und die Baubranche insgesamt stehen vor großen Aufgaben. Zu den zentralen Herausforderungen gehören die steigenden Energie- und Transportkosten sowie die hohen Preise für Baumaterialien. Insbesondere Stahl hat sich während der Coronapandemie und nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine deutlich verteuert. Ein weiteres Problem ist das begrenzte Angebot an qualifizierten Fachkräften für körperliche Arbeiten wie Stahlbetonbauer oder Stuckateure.
Außerdem wird der Markt immer umkämpfter, sowohl auf Seiten der Bauträger als auch auf Seiten der Generalunternehmer. Die Entscheidungsprozesse der Investoren verlängern sich, und die Aufträge gehen nicht in regelmäßigen Abständen ein. Das hat zur Folge, dass nur die stärksten Akteure am Markt überleben werden - diejenigen, die in großem Maßstab tätig sind oder diejenigen, die ihren Kundenstamm diversifizieren können.
Polen gehört zu den größten Nettoempfängern von EU-Geldern. Inwieweit helfen Ihnen diese Gelder dabei, die Herausforderungen zu meistern?
Viele EU-Mittel fließen in die Infrastruktur Polens. Investitionen in Straßen- und Schienennetze fördern die Entwicklung der Logistikbranche. Gute Verkehrsverbindungen innerhalb des Landes und zu internationalen Märkten sind entscheidend für die Produktion, Lagerung und den Transport von Waren. Dies hat einen direkten positiven Einfluss auf das Wachstum unseres Unternehmens.
Darüber hinaus setzen die Kommunalverwaltungen in Polen die EU-Mittel wirksam ein und investieren in die Modernisierung älterer Bauten, den Bau neuer öffentlicher Gebäude, Fotovoltaikanlagen und emissionsarme Verkehrsmittel. Diese Aktivitäten führen zu neuen Aufträgen und unterstützen die Entwicklung der gesamten Bauindustrie.
Zum Abschluss: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Bauindustrie im Jahr 2025 entwickeln?
Wir erwarten, dass 2025 neue Projekte im Industrie- und Logistikhallensektor anlaufen werden, wobei die Wachstumsrate weniger sprunghaft sein wird als in den Vorjahren.
Angesichts der hohen Kosten für den Bau von Gebäuden und der Schwierigkeit, eine Finanzierung von der Bank zu erhalten, könnte es mehr Raum für Einzelinvestoren mit eigenem Kapital geben. Dazu gehören Produktionsunternehmen in Familienbesitz, die in Polen an Bedeutung gewinnen.
Darüber hinaus kann sich der Trend zum Nearshoring, also zur Verlagerung von Unternehmensaktivitäten näher an die Absatzmärkte, positiv auf die europäische Wirtschaft und auf die Investitionen in Polen auswirken. Das würde die Nachfrage nach neuen Industriehallen ankurbeln. Solche Bauten müssen für moderne Produktionsprozesse geeignet sein, was sich wiederum auf Konzeption, Umsetzung und Kosten der Gebäude auswirkt.