Branchen | USA | Hochbau und Gebäudetechnik
Gute Absatzchancen für Gebäudetechnik in den USA
Der Hochbau befindet sich weiter auf Wachstumskurs. Für deutsche Zulieferer sind der industrielle Sektor sowie die Bereiche Gesundheit, Erziehung und Hotels von Bedeutung.
26.07.2024
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
In den ersten fünf Monaten 2024 sind die Bauleistungen im US-Hochbau um nominal gut 7 Prozent gestiegen. Die weiteren Aussichten sind positiv. Dafür sprechen unter anderem die gute Konjunktur, der lebhafte Privatkonsum sowie die Vollbeschäftigung. Zugleich besteht berechtigte Hoffnung, dass die Notenbank Fed zum Herbst 2024 mit ihrer Zinssenkungspolitik anfängt. Damit werden Kredite für private und gewerbliche Bauherren günstiger.
Der gewerbliche Bau war 2023 innerhalb des Hochbaus wesentlicher Wachstumstreiber, während das Wohnungsgeschäft schwächelte. Doch für 2024 zeichnet sich ein Wandel ab. Mehrere Sparten – Hotels, Büros und Einzelhandel – warteten zwischen Januar und Mai 2024 mit schwachen Zahlen auf. Im Gegenzug vollzog der Wohnungsbau eine Trendwende und befindet sich auf strammem Wachstumskurs.
Homeoffice statt Büropräsenz
Für den Bürobereich sind die schwachen Ergebnisse wenig überraschend. Homeoffice hat sich in den USA fest etabliert. In vielen Privatunternehmen herrscht eine Anwesenheitspflicht von maximal drei Tagen. Die Leerstandsquoten sind hoch. Ein deutscher Hersteller von Büromöbeln bestätigte im Gespräch mit Germany Trade & Invest das schwache Neubaugeschäft.
Im Einzelhandel stehen die Zeichen weiter auf Expansion. Der Umsatz stieg im 1. Halbjahr 2024 um nominal rund 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch die Bautätigkeit in dem Sektor ist schwach. Hierfür dürften Sondereffekte verantwortlich sein. Amazon, der unangefochtene Marktführer im E-Commerce, hatte in den vergangenen Jahren massiv in neue Lager investiert, sodass Analysten bereits von Überinvestitionen sprachen. Nun schaltet der Branchenprimus einen Gang zurück.
Viele Projekte im Hotel- und Unterhaltungsbereich
Die offiziellen Werte bei Hotels widersprechen der aktuellen Marktsituation. So investieren Hotelketten und Unterhaltungskonzerne wie Disney massiv in neue Hotels und Vergnügungsparks. Die Endrunde der Fußballweltmeisterschaft, die 2026 in den USA, Kanada und Mexiko ausgetragen wird, sorgt für weiteren Rückenwind. Laut Lodging Econometrics befanden sich zum Ende des 1. Quartals 2024 über 6.000 Hotelvorhaben mit rund 700.000 Zimmern in der Pipeline – ein Plus von 9 beziehungsweise 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Beim Bau und der Erweiterung von Fabriken zeichnet sich noch kein Ende des Booms ab. Getrieben durch den Inflation Reduction Act (IRA) und den Chips und Science Act sowie den Trend zum "Reshoring" durchlaufen die USA eine Art Reindustrialisierung. Allein im Bereich Solartechnik, Elektromobilität und Halbleiter befinden sich nach Angaben von Branchenverbänden Projekte im Umfang von bis zu 500 Milliarden US-Dollar (US$) in der Pipeline. Zwischen 2021 und 2023 wuchsen infolge die Bauleistungen des produzierenden Gewerbes um den Faktor 2,5.
Qualitatives Wachstum im Wohnungsbau
Das private Wohnungsgeschäft erholte sich seit dem Sommer 2023 trotz der noch nicht stattfindenden Zinssenkungen spürbar. Die steigenden Immobilienpreise regen zum raschen Hauskauf an. Wer auf sinkende Zinsen in der Zukunft setzt, muss später mehr hinblättern. Zugleich gibt es Entlastung bei den Baukosten. So fiel gemäß Random Lengths der Preis für Bauholz – dem mit Abstand wichtigsten Konstruktionsmaterial – im Juli 2024 auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020. In der Branche sind große Überkapazitäten entstanden.
Zwar ging die Anzahl der Baustarts und der Genehmigungen im Zeitraum Januar bis Mai 2024 leicht gegenüber dem Vorjahr zurück. Die wertmäßigen Bauleistungen legten aber – trotz der sinkenden Baumaterialpreise – um nominal rund 8 Prozent zu. Damit verfestigt sich ein Trend: Es wird immer größer und aufwendiger gebaut. Im Durchschnitt waren Häuser/Wohnungen in den USA 2022 mit gut 210 Quadratmetern mehr als doppelt so groß wie in Deutschland.
Kein "local content" für private Bauherren
Im Gegensatz zum Infrastruktursektor mit seinen hohen protektionistischen Schranken läuft das Geschäft im Hochbau deutlich liberaler. Private Bauherren sind (bei Projekten ohne öffentliche Förderung) nicht gebunden an Vorhaben zur Erbringung lokaler Wertschöpfungsanteile ("local content").
Für ausländische und insbesondere deutsche Anbieter von Baustoffen, Gebäudetechnik und Baumaschinen spielt der private Wohnungsbau eine nachgeordnete Rolle. Es entstehen überwiegend Einfamilienhäuser in einfacher Holzbauweise. Auch Energieeffizienz ist angesichts der niedrigen Energiepreise für die allermeisten Bauherren kein Thema. Hier zeichnet sich noch kein Umdenken ab.
Beim gewerblichen Hochbau ergeben sich hingegen umfangreiche Geschäftschancen unter anderem bei Klima- und Heiztechnik, Fenstern und Türen, Aufzügen sowie Licht- und Schalttechnik. Zudem fallen bei der Produktion von Halbleitern, Solarzellen und Autobatterien große Mengen an Abwasser und Sonderabfällen an, die entsprechend behandelt oder aufbereitet werden müssen. Die Chipfertigung erfordert darüber hinaus Reinlufttechnik.
Deutscher Wettbewerbsvorsprung bei Energieeffizienz
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit spielen für gewerbliche Bauherren bereits eine Rolle. Auch der öffentliche Sektor möchte seine Gebäude an die Anforderungen des Klimaschutzes anpassen. Ab 2030 will die US-Regierung nur noch Nullenergiegebäude (netto gerechnet) anmieten. Bis 2045 soll es dann ausschließlich solche Objekte im Bestand geben. Donald Trump könnte allerdings im Fall seiner Wiederwahl die entsprechende präsidiale Verordnung außer Kraft setzen.
Bei Energieeffizienz ist der Wettbewerbsvorsprung ausländischer und insbesondere deutscher Unternehmen gegenüber der US-Konkurrenz besonders groß, und zwar sowohl bei den angebotenen Produkten als auch beim Knowhow. So gibt es in den Vereinigten Staaten noch nicht einmal entsprechende Studien- und Ausbildungsgänge. Die Branche muss ihr Personal aus fachfremden Bereichen rekrutieren.