Branchen | Kolumbien | Schiffsverkehr, Häfen
Maritime Wirtschaft in Kolumbien hat viel zu bieten
Der Ausbau von Häfen, Reparatur von Schiffen, Investitionen in Binnenschifffahrt – Kolumbiens maritime Wirtschaft birgt großes Absatzpotenzial. Deutsche Firmen sind optimistisch.
14.04.2025
Von Janosch Siepen | Bogotá
Kolumbiens geografische Lage mit Zugang zu zwei Weltmeeren, 15.000 befahrbare Flusskilometer und wichtige Logistikzentren an der Karibikküste machen das Land zu einem interessanten Markt für die maritime Wirtschaft. In vielen Gebieten bieten sich Geschäftschancen für deutsche Firmen.
Große Nachfrage in Kolumbiens Reparatur- und Wartungsindustrie
Der Großteil des kommerziellen Schiffbaus in Kolumbien konzentriert sich auf das Reparatur- und Wartungsgeschäft. Allerdings kommen die Kapazitäten nicht mit der Nachfrage mit. Branchenkenner berichten von wartenden Schiffen vor der Karibikküste des Landes. Kolumbien erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit unter Reedern, auch wegen der im Vergleich zu Mexiko deutlich günstigeren Preise für Reparaturen. Dies zieht einen steigenden Bedarf an Wartungshallen und entsprechender Technik für Werften nach sich. Absatzchancen bestehen unter anderem bei
- Flachstahl
- technischen Dienstleistungen für Antriebssysteme, Motoren und Navigationssysteme
- Schweißmaschinen
- Ersatzteilen im Werftsektor, darunter für den Bau, die Reparatur und Wartung von Booten
Das Unternehmen Schottel aus Spay am Rhein hat dies erkannt und eröffnete im März 2025 bei Cartagena eine Werkstatt für Antriebssysteme. Kostenpunkt: 5,5 Millionen US-Dollar (US$). "Dieser strategische Schritt zielt darauf ab, die Nähe zu den lateinamerikanischen Kunden zu erhöhen, die Vor-Ort-Dienstleistungen auszubauen und das Potenzial dieses Marktes weiter auszuschöpfen", sagte Stefan Kaul, CEO von Schottel, im November 2024 gegenüber Medien. In Gesprächen mit Germany Trade & Invest nannte Schottel Vorteile wie die Nähe zum Panamakanal und die moderne Hafeninfrastruktur in Cartagena als wichtige Argumente für den Standort.
Offshoreindustrie dürfte Schub bekommen
Auch im Offshorebereich wird sich in den kommenden Jahren einiges bewegen. Kolumbien schreibt derzeit die ersten Offshorewindparks aus, diverse europäische Firmen sind beteiligt. Die Regierung möchte Projekte mit einer Gesamtleistung von mindestens 1 Gigawatt vergeben. Projekte ab einer Größe von 200 Megawatt werden berücksichtigt. Eine Entscheidung über die erfolgreichen Gebote soll spätestens am 15. August 2025 veröffentlicht werden.
Zudem besteht seit der 2024 erfolgten Entdeckung des Gasfeldes Sirius, des größten Fundes in Kolumbiens seit 45 Jahren, besonderes Interesse daran, Offshorefelder vor Kolumbiens Karibikküste zu erschließen. Sowohl Offshorewind als auch -gas erfordern Investitionen in maritime Technik, wie beispielsweise Serviceschiffe (CSOV und SOV).
Hafen- und Flussinfrastruktur wird modernisiert
Unterdessen sind Projekte zur Modernisierung von Häfen und Wasserwegen bereits im Gange. So soll der Hafen Antioquia an der Bucht von Urabá (770 Millionen US$) 2025 in Betrieb gehen. Er wird künftig der Hafen mit der größten Frachtlagerkapazität des Landes sein.
Projektname | Investitionssumme (in Millionen US-Dollar) | Projektstand | Projektträger/Anmerkungen |
---|---|---|---|
Puerto Internacional Las Américas (PILA) | 15.505 | Vormachbarkeitsphase | Zergratran; Bau von Hafen an Pazifik- und Karibikküste sowie Tunnel |
Puerto Antioquia | 770 | Im Bau, Betriebsbeginn 2025 | Sociedad Puerto Bahía Colombia de Urabá (PIO, CMA CGM); Hafen in der Nähe wichtiger Produktionszentren des Landes |
Modernisierung des Canal del Dique (Phase 2) | 723 | Bau beginnt in der zweiten Jahreshälfte 2026 | Ecosistemas del Dique (Sacyr); ausreichende Tiefe der Wasserstraße zwischen Cartagena und dem Río Magdalena soll gewährleistet werden |
Schiffbarmachung des Río Madgalena | 375 | Baggerarbeiten zwischen Bocas de Ceniza und Barrancabermeja im Gange | Cormagdalena, Panamerican Dredging & Engineering; Arbeiten an wichtigstem Transportfluss des Landes |
Puerto Pisisí in Turbo, Antioquia | 350 | Bauentscheidung steht aus | Sociedad Portuaria de Turbo Pisisí, Hyundai Engineering & Construction; Plan eines automatisierten Mehrzweckhafens |
Ausbau des Industriehafens Aguadulce | 332 | Vorbereitungen der Pilotphase, Betrieb ab 2026 | Sociedad Puerto Industrial Aguadulce (ICTSI, PSA International); Kapazität soll um 50 Prozent erhöht werden, um die Infrastruktur des wichtigen Hafens von Buenaventura zu verbessern |
Puerto Internacional Darién | 310 | Machbarkeitsphase | Sociedad Promotora de Infraestructura de Antioquia (Grupo Elemental, Pátria Investimentos); Mehrzweckhafen am Golf von Urabá in Antioquia |
Puerto Carbonero Río Córdoba | 137 | Bauentscheidung steht aus | Colombian Natural Resources (American Consolidated Natural Resources); Investitionen in Hafentinfrastruktur (u.a. Einrichtung eines Förderbands) sowie Ausbaggerarbeiten |
Puerto Solo in Buenaventura | 119 | Bauentscheidung steht aus | Sociedad Portuaria Energética Multipropósito y Contenedores Puerto Solo Buenaventura (SeaOne); Mehrzweckhafen auf 150 Hektar zum möglichen Export von Propan und Butan |
Puerto de Aguas Profundas de Barranquilla "Puerto Futuro" (Phase 1) | 114 | Machbarkeitsphase | Alcaldía de Barranquilla; Tiefwasserhafen an der Mündung des Río Magdalena |
Infrastruktur für Flussgemeinden bietet Absatzchancen
Um die Versorgung der Bevölkerung in abgelegenen Regionen zu verbessern, arbeitet die Staatswerft Cotecmar an verschiedenen Projekten, darunter einem schwimmenden Krankenhaus, das Gemeinden an Flüssen in Kolumbiens Pazifikregion versorgen soll. Das 39 Meter lange Boot verfügt über OP-Räume, einen Hubschrauberlandeplatz und ein klinisches Labor. Anfang 2025 begann Cotecmar zudem mit dem Bau von Schiffen für 60 Personen, die den Río Sinú befahren sollen. Auch Anlegestellen sind vorgesehen.
Auch der wachsende Tourismus bietet Potenzial. Im Jahr 2025 sollen die landesweit ersten zwei Flusskreuzfahrtschiffe auf dem Río Magdalena in Betrieb gehen. Gebaut werden sie vom kalifornischen Unternehmen AmaWaterways.
Standortvorteile machen Kolumbien attraktiv
Kolumbien zählt landesweit 54 Werften. Die wichtigsten davon sind die Staatswerft Cotecmar und die private Werft Astivik. Zentrum der Schiffbauindustrie des Landes ist der Bundesstaat Bolívar, und dort vor allem Cartagena. Die Millionenstadt profitiert von einer ausgezeichneten geografischen Lage. Von Cartagena aus benötigt man per Schiff lediglich drei Tage nach Florida und fünf Tage zur Ostküste der USA. Gleichzeitig ist die Stadt nur knapp 500 Kilometer vom Panamakanal entfernt.
Cartagena beherbergt einen der wichtigsten Häfen Lateinamerikas und den dritteffizientesten Hafen der Welt, so der Container Port Performance Index der Weltbank. Die Stadt ist ein wichtiger Umschlagshafen der Region, insbesondere für Reedereien wie Hamburg Süd, Maersk und CMA-CGM. Der Hafen kann Schiffe der Neopanamax-Klasse empfangen und der Dique-Kanal verbindet die Stadt mit dem wichtigsten Fluss des Landes, dem Río Magdalena.
Deutsche Unternehmen mit positivem Blick
Deutschland hat in Kolumbiens Schifffahrt eine starke Präsenz, zum Beispiel nutzen Schubboote und Schlepper deutsche Technik. Vertreter deutscher Firmen bezeichnen die Marktlage in der maritimen Wirtschaft Kolumbiens als gut. Allerdings herrsche, gerade bei kleinen Werften, ein starker Preisdruck. Großes Potenzial bestünde, da Schiffe in Kolumbien oft sehr alt seien. So bestehe etwa ein Bedarf an Getriebemodernisierungen. Ein Branchenkenner rät:
"Man darf nicht nur in den Markt hineinverkaufen. Lokale Partner, Wartung und Service sind sehr wichtig."
Auch Flexibilität und Schnelligkeit spielen eine große Rolle. Das Personal in Kolumbien habe ein gutes Gespür für das Geschäft und eine hohe Arbeitsmoral.
Branche profitiert von Fördermaßnahmen
Fördermaßnahmen machen die Branche zusätzlich attraktiv. Anreize bietet das 2017 gestartete Programm Proastilleros. Dieses sieht Nullzölle für die Einfuhr von Rohstoffen und Produkten für den Werftsektor vor. Kolumbien ist außerdem vom sogenannten Jones Act (Schiffsverkehr zwischen US-Häfen nur durch US-Schiffe erlaubt) ausgenommen und hat dadurch Vorteile bei der Reparatur und Wartung von Schiffen, die in den USA registriert sind. Im wichtigsten Logistikzentrum des Landes Cartagena herrschen lokale Steuervorteile, die Unternehmen anziehen sollen.
Name | Anmerkung |
---|---|
Armada Nacional | Kolumbianische Marine |
Cotecmar | Kolumbianische Staatswerft |
Astivik | Wichtige Privatwerft in Kolumbien |
Cámara Fedemetal (ANDI) | Werftkammer des Unternehmerverbands ANDI |
Cámara Marítima y Portuaría (ANDI) | See- und Hafenkammer des Unternehmerverbands ANDI |
Clúster Marítimo de Cartagena | Maritimcluster der Handelskammer von Cartagena |
Invest in Cartagena | Investitionsförderungsagentur von Cartagena und Bolívar |
Grupo Puerto de Cartagena | Hafenbetreiber in Cartagena |
ProColombia | Kolumbianische Investitionsförderungsagentur |