Der geplante Aufbau einer Kreislaufwirtschaft würde Milliardeninvestitionen in Maschinen und Anlagen zur Müllverwertung erfordern. Deutschland könnte modernste Technik liefern.
Abfallwirtschaft mit ambitionierten Zielen
In den vergangenen fünf Jahren hat die Abfallwirtschaft in Saudi-Arabien an Bedeutung gewonnen. Dennoch sind die Fortschritte beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft bislang relativ gering. Gemäß der Planung des 2019 gegründeten staatlichen National Waste Management Center (NWMC) ist bis 2035 angestrebt, nur noch 18 Prozent des Abfallaufkommens auf Deponien zu entsorgen. Die Abfallverwertung soll sich verteilen auf Recycling (42 Prozent), Kompostierung (35 Prozent), Verbrennung (19 Prozent) und sonstige Verfahren (4 Prozent).
Der 2035 angestrebte Beitrag der Kreislaufwirtschaft zum Bruttoinlandsprodukt wird mit 32 Milliarden US-Dollar angegeben. Um 72 Millionen Tonnen könnte der CO2-Ausstoß sinken. WtE-Projekte (Waste to Energy) sollen 346 Millionen British Thermal Units erzeugen. Die Abfallwirtschaft soll 77.000 Arbeitsplätze schaffen.
Die NWMC-Planung rechnet für 2035 mit einem Abfallaufkommen von 106 Millionen Tonnen. Hier sind alle Abfallkategorien eingeschlossen (Siedlungs-, Gewerbe-, Industrie- und Bauabfälle). Insgesamt sollen 2035 über 1.300 Entsorgungs- und Verwertungsbetriebe existieren. Das notwendige Investitionsvolumen wird mit rund 22 Milliarden US$ kalkuliert.
Neben der Rolle als Regulator gehört die Gewinnung privater Investoren zu den Hauptaufgaben des NWMC. Eine wichtige Rolle wird PPP-Projekten (Private Public Partnership) beigemessen. Dabei sind unterschiedliche Formen privaten Engagements in der Diskussion. Das Spektrum reicht von langfristigen Betreibermodellen bis zu rein privaten Unternehmen, die Verträge mit den Kommunen schließen.
Die Regierungsplanung (Waste Management National Regulatory Framework) setzt für die Kreislaufwirtschaft folgende bis 2035 zu erreichende sektorale Ziele: (1) Siedlungsmüll soll zu 81 Prozent recycelt und zu 19 Prozent in WtE-Anlagen verbrannt werden, (2) Bauabfälle sollen zu 60 Prozent verwertet werden und (3) industrieller Sondermüll soll zu 85 Prozent recycelt oder aufbereitet werden.
Recycling und Entsorgung noch unterentwickelt
Schätzungen zufolge liegt aktuell der Anteil der stofflichen oder energetischen Abfallverwertung bei wahrscheinlich deutlich unter 10 Prozent. Die Datenlage zum Abfallaufkommen und zu Recyclingquoten ist schlecht. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Institutionen den Schätzungen unterschiedliche Abgrenzungen zugrunde legen. Das NWMC arbeitet an einem System zur kontinuierlichen Verbesserung der Datenerhebung.
NWMC schätzt, dass das gesamte Müllaufkommen derzeit jährlich 53 Millionen Tonnen (alle Abfallkategorien) beträgt. Die Statistik des Ministry of Municipal and Rural Affairs weist für 2021 das von den Kommunen statistisch erfasste Müllaufkommen mit 23,3 Millionen Tonnen aus. Das kommunale Müllaufkommen pro Kopf lag 2021 bei täglich 1,87 Kilogramm.
Das registrierte kommunale Müllaufkommen hatte sich zwischen 2010 und 2017 von 11,6 Millionen auf 25,9 Millionen Tonnen erhöht. Für 2018 wurden nur noch 20,8 Millionen Tonnen gemeldet. Etwa 25 Millionen Tonnen waren es 2020.
Das saudi-arabische Statistikamt hat 2019 erstmalig einen "Household Environment Survey" durchgeführt. Nahezu alle befragten Haushalte (99,6 Prozent) gaben an, ihren Müll in den von den Kommunen aufgestellten Containern unsortiert zu entsorgen. Die jüngsten, 2021 erhobenen Haushaltsdaten zeigen ein deutlich geändertes Bild. Die Befragung ergab, dass die Haushalte mittlerweile fast 21 Prozent des Mülls sortieren. Daten, in welchem Umfang der sortierte Abfall recycelt wird, liegen nicht vor.
Der sortierte Haushaltsmüll bestand 2021 vor allem aus organischen Abfällen (39 Prozent), Plastik (36 Prozent), Glas (16 Prozent) und Metall (3 Prozent). Die restlichen 6 Prozent verteilten sich auf landwirtschaftliche, chemische und medizinische Abfälle sowie Batterien. Der unsortierte Haushaltsmüll wird zu über 99 Prozent in städtischen Sammelcontainern entsorgt. Elektrische/elektronische Geräte werden zu 78 Prozent in den Sammelcontainern entsorgt, nur 8 Prozent gehen an Recyclingfirmen.
Abfallentsorgung in der Hauptstadtregion
Auf die fünf Städte Riad, Jeddah, Mekka, Medina und Damman dürften etwa zwei Drittel des nationalen Abfallaufkommens entfallen. Die Stadtentwicklungsbehörde in Riad (ArRiyadh Development Authority) hat 2016 eine "Comprehensive Waste Management Strategy" (CWMS) präsentiert, die zwischenzeitlich nicht überarbeitet wurde.
Die CWMS kalkuliert für 2015 alleine in Riad mit einem jährlichen Müllaufkommen von etwa 53 Millionen Tonnen. Sie verteilen sich auf 47 Millionen Tonnen Bauabfälle, jeweils 2,8 Millionen Tonnen Siedlungsmüll und industrielle Abfälle sowie auf 0,4 Millionen Tonnen Klärschlamm und 0,02 Millionen Tonnen medizinische Abfälle. Gemäß der CWMS bestehen die Siedlungsabfälle zu 57 Prozent aus organischen Stoffen, weitere 24 Prozent entfallen auf Papier, Pappe, Plastik, Metalle und Glas.
Private Entsorgungsunternehmen transportieren im Auftrag der Stadtverwaltung Haushalts- und gewerbliche Abfälle, die in den im Stadtgebiet verteilten Containern gesammelt werden, zur Großdeponie Al-Sulay. Die Mülldeponie erfüllt keine internationalen Maßstäbe. Für Bauabfälle betreibt die Stadt Riad zwei Deponien (Al-Ghanmiah, Al-Nadhim), zusätzlich gibt es private Bauschuttdeponien.
Die CWMS sah bis 2020 eine Reduzierung der auf Deponien gelagerten Haushalts- und Gewerbeabfälle auf 2 Prozent vor. Zu 98 Prozent sollte der Müll energetisch oder stofflich verwertet werden. Tatsächlich hat sich die Situation gegenüber 2016 kaum geändert.
Die Stadtverwaltung Riad hat Mitte 2019 mit dem NWMC und der staatlichen Saudi Investment Recycling Company eine Absichtserklärung zum Aufbau eines integrierten Abfallentsorgungs- und Recyclingsystems unterzeichnet. Die Vereinbarung sieht unter anderem vor, eine Recyclinganlage für Siedlungsmüll und ein Werk zur Verwertung von Bauabfällen zu errichten. Ferner wurde angekündigt, Container zur Mülltrennung bereitzustellen. Zwischenzeitlich ist die Recyclinganlage für Bauabfälle in Betrieb gegangen.
Von Robert Espey
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