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Aufträge für Megaprojekt erreichen 30 Milliarden US-Dollar

Das saudi-arabische Megaprojekt NEOM nimmt immer mehr Fahrt auf. Bis zur geplanten Fertigstellung 2050 könnten Investitionen von 1 Billion US-Dollar (US$) erforderlich werden.

Von Robert Espey | Dubai

Eine futurische Stadt (The Line), eine Industrie- und Hafenzone am Roten Meer (Oxagon) sowie eine Tourismusregion in den Bergen (Trojena) sind die größten Projekte, die in NEOM (New Future) geplant und teilweise schon gebaut werden. NEOM entsteht in einem bislang dünn besiedelten Landstrich von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns in der nordwestlichen Provinz Tabuk. 

Das Megaprojekt wurde 2017 von Kronprinz Mohammed bin Salman ins Leben gerufen. Hauptfinanzier ist bislang der vom Kronprinz kontrollierte Public Investment Fund (PIF). Die Planer hoffen jedoch auf ein wachsendes Engagement privater in- und ausländischer Investoren.

Der Fortschritt der meisten NEOM-Projekte ist derzeit kaum zuverlässig zu prognostizieren. Ein Großteil soll bereits bis 2030 umgesetzt sein. Bei "The Line" wird von einem Zeithorizont bis 2050 gesprochen. Neben Fragen der Finanzierung und Wirtschaftlichkeit gibt es auch bei technischen Aspekten erheblichen Klärungsbedarf.

Nach Angaben der Projektdatenbank MEED Projects wurden seit 2017 für NEOM Aufträge im Gesamtwert von 30,3 Milliarden US-Dollar (US$) erteilt. Im Jahr 2023 wurden bis Mitte Oktober Aufträge für 7,6 Milliarden US$ vergeben. Im Gesamtjahr 2022 waren es 14,6 Milliarden US$, im Vorjahr 2021 insgesamt  6,9 Milliarden US$. Die bereits fertiggestellten Aufträge summieren sich auf 1,5 Milliarden US$.

Ausgeschrieben sind derzeit Projekte für 5,1 Milliarden US$. Für weitere Projekte im Wert von 7,1 Milliarden US$ liegen Angebote vor. Davon soll ein Großteil  noch 2023 vergeben werden.

Deutsche Firmen bauen Fundamente für "The Line"

Nach aktuellem Planungsstand wird "The Line" letztlich 9 Millionen Einwohner beherbergen. Die Stadt soll aus einem 170 Kilometer langen, 500 Meter hohen und 200 Meter breiten Gebäudekomplex bestehen. Zwischen zwei parallel verlaufenden, außen verspiegelten Gebäudeteilen ist ein Innenraum geplant. Der Bau soll in 135 Phasen (Modulen) errichtet werden.

Im Juni 2022 wurde mit der Keller Grundbau GmbH, die zur internationalen Keller Group gehört, ein 61-Millionen-US$-Vertrag über Großbohrpfähle für ein "The Line"-Modul abgeschlossen. Das Unternehmen erwartet Anschlussaufträge.

Die deutsche Bauer Gruppe erhielt im August 2022 einen Auftrag für "The Line". Das Spezialtiefbauunternehmen wurde mit der Erstellung von etwa 70 Meter tiefen Großbohrpfählen bis zu einem Durchmesser von 2,5 Metern beauftragt. MEED Projects gibt den Vertragswert mit 80 Millionen US$ an.

Im Dezember 2022 erhielt Bauer einen Auftrag für Gründungsarbeiten für zwei weitere Module im Wert von 160 Millionen US$. Die Aufträge sind Teil einer Rahmenvereinbarung zwischen Bauer und NEOM über drei Jahre. Auch Bauer rechnet mit weiteren Aufträgen.

Hochgeschwindigkeitsstrecken geplant

Zwei Aufträge im Wert von 2,8 Milliarden und 1,8 Milliarden US$ beziehen sich auf Tunnelbauarbeiten für einen etwa 30 Kilometer langen Transport-, Wasser-, und Strominfrastrukturkorridor (Backbone Infrastructure) für einen Abschnitt von "The Line". Der erste Auftrag ging an das chinesisch-spanische Konsortium China State Construction Engineering Corporation/FCC Construction, der zweite an ein südkoreanisches (Samsung/Hyundai). In beiden Fällen ist auch ein lokaler Partner beteiligt.

Als Teil des Infrastrukturkorridors ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke "The Spine" geplant. Derzeit läuft eine Ausschreibung für Signaltechnik und rollendes Material im Wert von 2 Milliarden US$. Die Ausschreibung bezieht sich allerdings nicht nur auf "The Spine", sondern auch auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke "Connector South", die "The Line" mit "Oxagon" verbinden soll. An der Ausschreibung dürfen sich sechs präqualifizierte Unternehmen beteiligen: Siemens, Alstom (Frankreich), Caf (Spanien), Talgo (Spanien), CRRC (China) und Hitachi Rail (Japan).

Grünes Wasserstoffprojekt in "Oxagon" mit deutscher Beteiligung

Die Industrie- und Hafenstadt "Oxagon" wird auf dem Festland sowie auf vorgelagerten schwimmenden Strukturen errichtet. Das erste große Industrieprojekt in "Oxagon" ist eine Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Das 8,5 Milliarden US$ teure Wasserstoffvorhaben ist bereits im Bau. Die Produktion soll 2026 starten.

Jährlich sollen rund 240.000 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt werden, der dann zur Produktion von 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak dient. Air Products ist Abnehmer des grünen Ammoniaks und will das Produkt exportieren. ThyssenKrupp wird die Elektrolysetechnik mit einer Gesamtleistung von 2,2 Gigawatt liefern.

Der Projektbetreiber, NEOM Green Hydrogen Company, ist ein Joint Venture aus PIF (33,4 Prozent), Air Products (33,3 Prozent) und Acwa Power (Saudi-Arabien; 33,3 Prozent). An Acwa Power ist PIF mit 50 Prozent beteiligt.

Die Wasserstoffanlage soll durch einen 2,9-Gigawatt-Solarpark und eine 1,7-Gigawatt-Windfarm mit Strom versorgt werden. Im August 2023 erteilte der chinesische Windkraftanlagenbauer Envision Energy dem Logistikunternehmen Kühne+Nagel einen Auftrag für den Transport von 190 Windturbinengeneratoren und 67 Turmsätzen.

Viele "Trojena"-Projekte im Ausschreibungsprozess

Saudi-Arabien hat 2022 den Zuschlag zur Durchführung der Asiatischen Winterspiele 2029 erhalten. Das Wintersportgebiet "Trojena" soll bis 2026 fertiggestellt werden. Diese Zeitplanung erscheint den meisten Beobachtern allerdings als wenig realistisch. Die Region liegt auf einer Höhe zwischen 1.500 und 2.600 Metern. Schnee gibt es dort nur selten. Dennoch wollen die Planer von Dezember bis Februar Wintersport auf (Kunst-)Schnee garantieren.

NEOM: Geplante "Trojena"-Projekte (Auswahl) 1)

Projekt

Investitionssumme (in Mio. US$)

Projektstand 2)

Valley Cluster: Dams

2.000

AP

Funicular Railway

1.000

PQ

Time Travel Tunnels, Mirage Freight Depot & Vault Excavation

500

AP

JW Marriott Hotel

250

DE

Ski Resort

250

DE

Ski Village: Discovery Tower

200

DE

Permanent Roads (185 km)

150

DE

The W Hotel

100

DE

Access Road Package 3

100

DE

The Chedi Trojena Hotel

100

ST

1 Projektbetreiber ist das staatliche Unternehmen NEOM, das dem Public Investment Fund (PIF) gehört; 2 AP = Angebotsprüfung, PQ = Präqualifizierung, DE = Design, ST = Studie.Quelle: MEED Projects 2023, Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

"Trojena" soll mehr als 6 Milliarden US$ kosten. Bislang wurden Aufträge im Wert von 0,5 Milliarden US$ vergeben. Im Ausschreibungsprozess befinden sich Projekte für 3,7 Milliarden US$. Mit der Vergabe ist noch 2023 oder 2024 zu rechnen.

Sindalah Island Projekt geht 2024 in den Teilbetrieb

Schon 2024 soll ein NEOM-Tourismusprojekt am Roten Meer erste Gäste empfangen können. Auf Sindalah Island entsteht für 2 Milliarden US$ ein Ultra-Luxusressort mit 413 Zimmern, 88 Villen und 333 Apartments. Der Yachthafen soll 86 Liegeplätze für mittelgroße Boote (bis 50 Meter Länge) bieten. Ferner sind 75 Offshore-Ankerplätze für Superyachten mit bis zu 180 Metern geplant. Auch ein Golfplatz wird gebaut. Betreiber des Yachthafens ist das US-Unternehmen Island Global Yachting.

 

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