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Branche kompakt | Saudi-Arabien | Pharma, Biotechnologie

Saudi-Arabiens Pharmamarkt erfreut deutsche Exporteure

Saudi-Arabiens Pharmamarkt soll weiter kräftig wachsen. Deutsche Lieferanten haben zuletzt besonders zugelegt. Der Staat fördert aber Inlandshersteller und Generika legen zu. 

Von Ulrich Binkert | Bonn

Ausblick der Pharmaindustrie in Saudi-Arabien

Bewertung:

 

  • Saudi-Arabiens Pharmamarkt legt weiterhin zu. Die Bevölkerung wächst und leidet vielfach unter Zivilisationskrankheiten. 
  • Geld ist da. Der Staat steigert seine Gesundheitsausgaben, kontrolliert aber die Preise und versucht sie zu senken. 
  • Deutschland ist mit den USA wichtigster Pharma-Lieferant.  

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2025

  • Marktentwicklungen und -trends

    Der Pharmamarkt soll mit etwa 5 Prozent wachsen. Finanzielle Mittel sind da, die Regierung möchte allerdings die Preise drücken und die einheimische Produktion ausbauen. 

    Saudi-Arabien gilt für Anbieter von Pharmazeutika als attraktiver Markt. Die Bevölkerung von etwa 33 Millionen wächst schnell. Es gibt einen steigenden Bedarf an Medikamenten, unter anderem zur Behandlung von Zivilisationskrankheiten. Dazu gehören Mittel gegen Diabetes, Bluthochdruck, Krebs sowie Herz- und Atemwegserkrankungen. Zu den umsatzstärksten Arzneimitteln gehört das Abnehmpräparat Mounjaro des US-Herstellers Eli Lilly.  

    5 %

    so stark soll der saudi-arabische Pharmamarkt in den nächsten Jahren mindestens wachsen.

    Finanzielle Mittel sind vorhanden

    Als größter Erdölexporteur und mit einer Wirtschaftsleistung pro Kopf wie in Japan kann Saudi-Arabien gleichzeitig viel Geld für die Gesundheit ausgeben. Die Bevölkerung und verschreibende Ärzte bevorzugen traditionell Originalpräparate gegenüber den günstigeren Generika. Auf Originalpräparate entfällt, trotz rückläufiger Tendenz und Sparbemühungen der Regierung, über die Hälfte der Marktumsätze. Die Medikamentenpreise sind damit rund viermal so hoch wie in Südafrika und sogar rund elfmal so hoch wie in Ägypten. 

    Das Königreich vereint mit 12,4 Milliarden US-Dollar (US$) knapp 37 Prozent der Pharma-Umsätze in der gesamten Region Afrika/Nahost. Dies zeigen die für diese Branche maßgeblichen Marktzahlen der Analysefirma Iqvia mit Bezug auf den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024. Die benachbarten VAE stehen für 13 Prozent der regionalen Verkäufe, Ägypten mit seiner über dreimal so großen Bevölkerung für 12 Prozent und das Industrieland Südafrika für 10 Prozent. 

    Markt soll weiter wachsen

    Die Umsätze sind in den letzten Jahren zudem kräftig gewachsen und könnten den Prognosen zufolge noch deutlicher anziehen. Der führende Anbieter Spimaco geht für 2023 bis 2027 von einem Plus von jährlich nominal 8 Prozent aus. Das wären 3 Prozentpunkte mehr als in dem Vierjahreszeitraum davor. Andere Analysten schreiben die bisherige Wachstumsrate von jährlich 5 Prozent bis 2027 fort, teilweise auch darüber hinaus.

    Die Pharmaumsätze verteilen sich etwa hälftig auf den Einzelhandel und Institutionen. Iqvia beziffert das Verhältnis nach den letzten verfügbaren Jahreszahlen (bis 3. Quartal 2024) auf 52:48. Für 2018 wurde noch 44:56 ausgewiesen, das Gewicht des Einzelhandels hat also zugenommen. Die andere Kundengruppe, Krankenhäuser und sonstige Institutionen, beschafft meist über Ausschreibungen. Den Tender-Markt bezifferte das Portal Pharma Boardroom (Quelle: Iqvia) im August 2024 mit 5,6 Milliarden US$.

    Einzelhandels-Vertrieb profitabler und im Plus

    Der Privatmarkt ist lukrativer als der öffentliche Sektor. Dies bestätigen Vertreter von zwei Internationalen Pharmakonzernen, von denen einer lokale Fabriken betreibt. Apotheken bevorzugen Originalpräparate, wobei die Preise einer strikten staatlichen Kontrolle unterliegen. Die öffentlichen Kunden beschaffen eher Generika. 

    Importierte Medikamente dürfen nur durch ein saudi-arabisches Unternehmen vertrieben werden. Als Partner dafür offerieren sich unter anderem Pharmahersteller mit einer einheimischen Produktion wie das Unternehmen Hikma. Lokal produzierte Arzneimittel dürfen von den Herstellern selbst vertrieben werden. 

    Im Privatmarkt gilt es nach Angaben eines Herstellers zuerst die Ärzte von einem Präparat zu überzeugen und dann, mit deren Empfehlung, die Manager der Apothekenketten. Ein wichtiger Absatzweg sind demnach auch die privaten Kliniken und die in diesem Bereich ebenfalls agierenden Ketten. 

    Regierung fördert Inlandsproduktion

    Saudi-Arabien ist bei Pharmazeutika in der Region nicht nur der wichtigste Markt, sondern auch der größte Hersteller. Die Regierung will die Pharmaindustrie im Rahmen ihrer Entwicklungsplanung (Vision 2030) weiter ausbauen. Sie fördert dafür in- und ausländische Investitionen. 

    Mit einer nationalen Biotechnologie-Strategie priorisieren die Behörden „Bio Manufacturing“ sowie die Herstellung von Impfstoffen und die Genom- und Zelltherapie. Als weitere bevorzugte Sektoren und Projekte nennt die Investitionsförderagentur Invest Saudi die Herstellung von flüssigen oralen Arzneimitteln, sterilen Injektionslösungen und generell von Generika. 

    Forschung und Entwicklung (F&E), von den Behörden ebenfalls dringend erwünscht, findet in der lokalen Branche bisher nur sehr begrenzt statt. Spimaco gibt in seinem Jahresbericht 2023 F&E-Ausgaben von 3,2 Prozent des Umsatzes an. Die Hersteller importieren die Wirkstoffe und sehr häufig auch nur weitgehend fertig gestellte Produkte, die sie lediglich verpacken.

    Milliardenschwere Insulin-Fertigung angekündigt

    Beobachter halten die Regierungspläne zum Ausbau der Produktion für sehr ambitioniert. Einige große Investitionen in neue Pharmafabriken sind in der Branche geplant, der Stand der Umsetzung ist aber teils unklar. Im Oktober 2024 gab es zwei Vereinbarungen über die lokale Herstellung von Insulin, die 1,1 Milliarden US$ beziehungsweise 90 Prozent der einheimischen Nachfrage umfassen würden. Beteiligt sind die saudi-arabischen Hersteller Lifera mit dem Partner Novo Nordisk und Sudair (mit Sanofi).

    Produktions-Incentives gibt die Regierung auch über ihre Beschaffungen. Firmen, auch ausländische, die in Saudi-Arabien produzieren, werden bei staatlichen Ausschreibungen bevorzugt. Sie können dabei höhere Preise aushandeln als Lieferanten von Importprodukten. Seit Anfang 2024 dürfen sich zudem nur noch Firmen an staatlichen Ausschreibungen beteiligen, die ihr „Regional Headquarter“ in Saudi-Arabien eingerichtet haben. Es gibt allerdings Ausnahmen, und de facto können sich auch Firmen beteiligen, die eine andere Form der Niederlassung haben. 

    Ausgewählte Investitionsprojekte der pharmazeutischen Industrie in Saudi-ArabienInvestitionssumme in Millionen US$
    Akteur/ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
    Modon - Integrated Pharmaceutical Complex, Medina

    152

    Projektstand unklar; Design Modon - Integrated Pharmaceutical Complex, Medina
    Nupco - Pharmaceutical Logistics Center

    k.A.

    Projektstand unklar; 2025 und 2026 sollen je 2 Zentren eröffnet werden, eines in Dschidda soll 150 Mio. US$ kostenNupco - Pharmaceutical Logistics Center
    Eva Pharma/Modon - Integrated Research & Pharmaceutical Complex

    133

    in Ausführung; soll Ende 2025 in Betrieb gehen; für Onkologie-PräparateEva Pharma/Modon - Integrated Research & Pharmaceutical Complex
    Julphar – Pharmaceutical and Biotechnology Manufacturing Facility

    80

    Design (FEED)Julphar – Pharmaceutical and Biotechnology Manufacturing Facility
    MAS/Biogenesis Bago - Animal Vaccine Manufacturing Plant, Riad

    60

    Projektstand unklar; Ankündigung von 2021MAS/Biogenesis Bago - Animal Vaccine Manufacturing Plant, Riad

    Pharco International - Pharco International Pharmaceutical Factory, Medina

     

    41

    Projektstand unklar; November 2023 wurde erfolgter Baubeginn vermeldet: Investition „bis 150 Mio. US$“

    Pharco International - Pharco International Pharmaceutical Factory, Medina

     

    Akkad Holdings/Shamek IV Solutions - Intravenous Fluid Factory, KAEC

    200

    Ankündigung Anfang 2025: „Baubeginn bis Mitte 2025 erhofft“Akkad Holdings/Shamek IV Solutions - Intravenous Fluid Factory, KAEC
    Quelle: Meed Projects; Presse

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Lokale Branchenstruktur

    Deutsche Pharmalieferanten haben zuletzt gut verdient. Ausländer bestimmen den Markt, Generika legen aber zu. 

    Der saudi-arabische Pharmamarkt ist überwiegend in der Hand ausländischer Anbieter. Iqvia beziffert den Anteil „multinationaler Firmen“ gegenüber „lokalen Verkäufen“ – mit 63,5 Prozent (Oktober 2023 bis September 2024). Einheimische Anbieter haben in den letzten Jahren ihre Marktstellung aber leicht verbessert. Für das Gesamtjahr 2018 hatte das Verhältnis noch bei 69:31 gelegen.

    Die Importe der Branche sind in den letzten Jahren allerdings schneller als der Markt gewachsen, was sich zum Teil aus unterschiedlichen Produktabgrenzungen ergibt. Zudem lassen ausländische Anbieter auch in Saudi-Arabien fertigen, sie bedienen den Markt also nur zum Teil durch Importe. Ein europäischer Pharmakonzern ohne eigene Produktion in Saudi-Arabien gibt auf Nachfrage an, rund ein Achtel seines Bedarfs von lokalen Partnern herstellen zu lassen. „Hier gibt es viel mehr Pharma-Produzenten und potenzielle Hersteller als in den VAE.“

    In Saudi-Arabien gibt es nach Marktberichten über 40 lizensierte Hersteller von Arzneimitteln. Der größte einheimische Hersteller Spimaco betreibt drei Fabriken, in denen er auch für ausländische Marken produziert. Von den bekannten internationalen Pharmakonzernen sind GSK, Pfizer und Sanofi mit einer eigenen Produktion im Land vertreten. Sanofi hatte 2014 als Erster ein Werk im Königreich eröffnet. Die beiden ägyptischen Firmen Pharco und Eva Pharma sowie Julphar (VAE) und die US-amerikanische Akkad Holdings planen große Fabriken im Land. Roche führt in Riad ein „Scientific Office“. 

    Lokale Fabriken fertigen auch für Auslandskonzerne

    Größter Anbieter im Privatmarkt ist Branchenangaben zufolge der US-Konzern Eli Lilly vor Spimaco. Bei den gesamten Pharmaumsätzen in Saudi-Arabien sieht sich Hikma als Nummer eins. Das in Jordanien gegründete Unternehmen betreibt in Saudi-Arabien drei Fabriken. Die Werke dürften etwa die Hälfte der Firmenumsätze in Saudi-Arabien beisteuern und gleichzeitig rund ein Fünftel der Produktion exportieren. Gleichzeitig fertigen die Fabriken Schätzungen zufolge etwa zur Hälfte für Auftraggeber. 

    Pharmazeutische Wirkstoffe (API) produziert Hikma der Firmenwebseite zufolge auch in Jordanien, und die wolle man verstärkt in der MENA-Region einsetzen. Die in Saudi-Arabien eingesetzten Maschinen stammen offenbar schwerpunktmäßig von deutschen Herstellern. Hikma soll dort – nach allerdings unbestätigten Informationen - an neuen Kapazitäten arbeiten. Dabei gehe es um die Herstellung von Krebsmedikamenten, Injektionspräparaten und pharmazeutischen Behältern. 

    Tabuk sieht sich als „Saudi-Arabiens größtes privates Pharmaunternehmen“, setzt aber weniger um als Spimaco. Die Firma arbeitet vor allem als Auftragshersteller. Sie hat zwei Fabriken in Saudi Arabien und je eine in Algerien und in Sudan. Drittgrößter einheimischer Pharmahersteller ist Jamjoom. Mitte 2023 brachte das Unternehmen 30 Prozent seiner Anteile an die Börse. Es wurde dabei mit 1,12 Milliarden US$ bewertet. Zu den nächstgrößeren einheimischen Anbietern gehören Riyadh Pharma und Alpha Pharma. 

    Wichtige Branchenunternehmen in Saudi-ArabienUmsatz in Millionen US-Dollar

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz1)

    HikmaHersteller von generischen und spezialisierten pharmazeutischen Produkten301 (2024)2)
    SpimacoEntwicklung, Herstellung und Vertrieb von pharmazeutischen Produkten und medizinischen Geräten301 (2023)3)

    Tabuk

    Pharmaceuticals

    Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Marken- als auch generischen pharmazeutischen Produkten

     k.A. (Geschätzt werden „über 266“)

     

    Jamjoom PharmaHerstellung von pharmazeutischen Produkten229 (2024)4)
    Saja (Saudi Arabian Japanese) Pharmaceuticals)Entwicklung als auch in der Herstellung von pharmazeutischen Produkten k.A.
    1 Angaben differieren mit anderen Marktzahlen wegen differierender Produkt- und Tätigkeitsabgrenzungen; 2 in Saudi-Arabien; 3 in Saudi-Arabien mit Pharma-Herstellung; 4 in Saudi-Arabien (2024: 65% des Umsatzes), mit Consumer Health Products (16%)Quelle: Unternehmens-Jahresberichte und -Webseiten; Presse 2025

    Einen Hinweis auf die Rangordnung, auch der ausländischen Pharmaanbieter, geben ältere Umsatzzahlen. Laut Iqvia betrugen die Jahresumsätze 2018/2019 (2. bis 1. Quartal, in Millionen US$, neuere Daten liegen nicht frei vor): Pfizer (644), Sanofi (535), Novartis (420), Tabuk (410), Spimaco (385), GSK (375), Hikma (338), Novo Nordisk (312), MSD (294), Astra Zeneca (240). 

    Der im August 2024 mit 5,4 Milliarden US$ bezifferte Markt für Ausschreibungen entfiel zu gut 60 Prozent auf zehn Firmen, so Zahlen von Pharma Boardroom mit Quelle Iqvia. Führend waren Hikma und Sanofi (je 9 Prozent Umsatzanteil) vor Spimaco (8), Tabuk (7), Pfizer (6), Novo Nordisk und Novartis (je 5). Es folgten GSK und Roche (je 4 Prozent) sowie Organon (3) und Jamjoom (1). 

    Generika legen zu

    Den Umsatzanteil von Generika beziffert der Marktforscher BMI für 2023 mit 43 Prozent. Er soll steigen und zehn Jahre später bei der Hälfte liegen. Befragte Industrievertreter prognostizieren ebenfalls ein überdurchschnittliches Wachstum. 

    Hauptgrund sind die Sparbemühungen der Regierung, etwa durch erzwungene Preiskürzungen. 2024 kündigten die Behörden dafür die Einführung einer „Cost Effective Threshold“ an, die ab 2025 gelten sollte. Die Preise unterliegen einer strikten Kontrolle durch die Behörden. Sie sind zwar deutlich höher als in ärmeren Ländern, aber niedriger als in anderen Golfstaaten wie den VAE. 

    BMI konstatiert zudem einen „weiterhin schwachen Markenschutz“. Eine „schwache Durchsetzung von Patentrechten“ und mangelhafter Schutz von intellektuellen Eigentumsrechten“ begünstigten einheimische Hersteller von Generika. Zudem drängen verstärkt billige Generika-Anbieter aus Asien in den Markt. Hikma bestätigt dies. Man registriere in den letzten Jahren eine „Marktöffnung“ gegenüber den Asiaten sowie hohe Investitionen und eine zunehmende Konkurrenz von dieser Seite. 

    Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC, Over-the-Counter) verzeichnet BMI in den letzten Jahren rückläufige Verkäufe. Die Präparate standen 2023 für knapp 9 Prozent der Marktumsätze, und der Umsatz soll weiter sinken. Ein Grund dafür seien Beschränkungen in der Werbung. 

    Entwicklung des Pharmamarktes in Saudi-ArabienUmsatz in Milliarden US-Dollar
    Markt1)

    2020

    2021

    2022

    2023

    2024

    20282)

    Pharmamarkt gesamt

    8,65

    10,90

    11,49

    12,27

    12,89

    15,79

    Verschreibungspflichtige Präparate

    7,89

    9,80

    10,41

    11,20

    11,82

    14,79

     Originalpräparate

    4,76

    5,78

    6,07

    6,43

    6,70

    7,95

     Generika

    3,14

    4,03

    4,34

    4,78

    5,13

    6,84

    Over-the-Counter (OTC)

    0,76

    1,10

    1,08

    1,07

    1,06

    1,00

    1 Unterteilung nach a) verschreibungspflichtig oder nicht (OTC) sowie b) Originalpräparate, Generika, OTC-Produkte; 2 PrognoseQuelle: Fitch Solutions

    Deutsche Pharmaexporte im Boom

    Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes steigerte Deutschland seine Saudi-Arabien-Exporte von Pharmazeutika 2024 im Vorjahresvergleich um ein Viertel auf genau 1 Milliarde Euro. Im Vergleich zu 2021 war das sogar 74 Prozent mehr. Die gesamten deutschen Branchenausfuhren waren in diesem Zeitraum nur um 15 Prozent gestiegen. Deutschland war bis 2021 Saudi-Arabiens größter Pharmalieferant und lag die nächsten beiden Jahre mit geringem Abstand hinter den USA. Der Abstand zu den nächstplatzierten Irland und Frankreich ist recht groß. 

    Die Daten von UN Comtrade reichen erst bis 2023 und weisen den jüngsten deutschen Exportboom noch nicht aus.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Rahmenbedingungen

    Der Staat gibt mehr Geld für den Gesundheitssektor aus. Für EU- und US-Pharmaprodukte gilt ein vereinfachtes Zulassungsverfahren. Im Vertrieb dominieren Apothekenketten.

    Laut Economist Intelligence Unit (EIU) fließen aktuell und wohl auch in den nächsten Jahren rund 6 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Gesundheitsversorgung. Der Staat finanzierte 2021 (neueste Daten) 77 Prozent der Ausgaben. Dieser Anteil werde bis 2028 voraussichtlich steigen. Ein Grund seien die weiterhin hohen Erdöleinahmen des Staates, ein anderer die Ausweitung der Pflichtversicherung und eine seit 2019 bessere soziale Absicherung für Frauen. 

    Die staatliche Finanzierung umfasst direkte Zahlungen und Subventionen an private Unternehmen und ebenso die öffentliche Pflichtversicherung. Für Saudi-Araber und religiöse Pilger ist die Gesundheitsversorgung traditionell frei. Viele Bürger versichern sich zusätzlich bei einem privaten Anbieter oder über ihren Arbeitgeber. 

    Seit 2017 müssen private Arbeitgeber ihre Beschäftigten nach den Maßgaben des CCHI (Council of Cooperative Health Insurance) registrieren. Für Mitte 2024 meldete das CCHI 12,4 Millionen Versicherte nach diesem Schema. Dabei handelt es sich vor allem um Ausländer, ein Drittel waren aber Saudi-Araber. Von aktuell 28 lizenzierten privaten Krankenversicherungen tätigen die beiden Unternehmen Bupa Arabia und Tawuniya zusammen drei Viertel der Umsätze.

    Von den privaten Gesundheitsausgaben (Anteil: 23 Prozent) flossen 2021 laut EIU 56 Prozent in freiwillige Versicherungen. Die restlichen 44 Prozent waren direkte Zahlungen von Leistungen. Der Anteil dieser „Out-of-the-Pocket“-Leistungen sei 2024 auf 53 Prozent gestiegen.

    Öffentliche Ausschreibungen zentralisiert

    Die Pharmabeschaffungen des staatlichen Sektors laufen zum größten Teil über die staatliche National Unified Procurement Company. NUPCO beschaffte 2024 laut der Webseite Globaltenders.com Medikamente für 4 Milliarden US$, bei einem Gesamtmarkt für Pharma-Ausschreibungen von 5,6 Milliarden US$. NUPCO kauft auch medizinische Ausrüstungen und beschafft insgesamt nach einem aktuellen Interview des Firmenchefs jährlich für umgerechnet „über 25 Milliarden Rial“ (6,7 Milliarden US$). 

    Die Arzneimittelpreise werden von der staatlichen Saudi Food & Drug Authority (SFDA) kontrolliert. Aktuell gelten dafür Richtlinien von 2021. Über Anpassungen und relevante Regulierungen informiert die SFDA auf ihrer Website. Für ihre Preisfestsetzung berücksichtigt die Behörde unter anderem die Preise ab Werk im In- oder Ausland sowie Marktpreise in 16 Industriestaaten, darunter Deutschland. 

    Genehmigte Preise gelten zwei Jahre

    Die genehmigten Preise gelten in der Regel für mindestens zwei Jahre. Bis zu sieben Jahre sind es bei innovativen und biologischen Präparaten, wenn deren Produktion vollständig in Saudi-Arabien erfolgt. Die Preise von Originalprodukten werden bei der Zulassung von Generika in Saudi-Arabien um ein Viertel gesenkt. Generika dürfen maximal 70 Prozent des Preises des Originalpräparats kosten. Dem Großhandel wird eine Marge von 10 bis 15 Prozent (je nach Wert der Pharmaprodukte) zugestanden, dem Einzelhandel weitere 10 bis 20 Prozent.

    Die SFDA ist auch für die Zulassung von Medikamenten zuständig und überwacht auch deren Herstellung. Nach den Vorschriften in der seit Oktober 2023 gültigen Fassung (6.4.) ist der Antrag zur Registrierung online über das SDR-Portal (Saudi Drug Registration) einzureichen. Die SFDA überprüft den Antrag zunächst auf Vollständigkeit. Dann erfolgt die eigentliche Prüfung des Präparats inklusive Tests. 

    Ausländische Hersteller müssen den Antrag über eine in Saudi-Arabien ansässige Organisation stellen. Dies kann eine eigene Niederlassung (Direktinvestition oder Scientific Office) sein oder ein einheimischer Vertriebspartner oder Consultant. Für die Aufrechterhaltung der Zulassung müssen Antragsteller alle fünf Jahre einen Verlängerungsantrag einreichen.

    Manche Zulassungen sollen nur sechs Wochen dauern

    Es gibt beschleunigte Registrierungsverfahren für Pharmazeutika, die über eine Zulassung der EMA (European Medicines Agency) und/oder der USFDA (U.S. Food and Drug Authority) verfügen. Für Pharmazeutika mit Zulassung sowohl der EMA als auch der USFDA gilt das Verifizierungsverfahren, das innerhalb von 30 Werktagen abgeschlossen sein soll. Für Produkte, die nur eine Zulassung einer Zulassungsbehörde (EMA oder USFDA) haben, gilt das verkürzte Verfahren (Abridged Procedure), das etwa 60 Werktage in Anspruch nehmen soll.

    Anwälte raten, auch eventuell vorhandene Zulassungen aus dem Vereinigten Königreich, der Schweiz, Kanada und Australien vorzulegen. Die SFDA könne Präparate mit den genannten internationalen Zulassungen allerdings auch ablehnen. 

    Die Zollabwicklung von Importware verläuft nach Angaben eines importierenden Unternehmens verlässlich. Die Importe vieler Pharmazeutika ist laut Zollbehörde zollfrei.

    Apothekenketten dominieren Einzelhandel 

    Größte Apothekenkette ist Nahdi. Das einheimische Unternehmen weist die Anzahl seiner Apotheken im Land für 2024 mit 1.156 aus und deren Umsätze („pharmacy revenue“) mit umgerechnet 2,4 Milliarden US$. Dies entspräche 38 Prozent der gesamten Einzelhandelsumsätze und fast einem Fünftel des Gesamtmarkts (unter Zugrundelegung der Iqvia-Daten).

    Al-Dawaa führte 2023 als zweitgrößte Kette 913 Apothekenfilialen mit einem Umsatz von 1,4 Milliarden US$. Dieser Wert umfasst nicht den Großhandel der Firma, aber weitere, kleine Geschäftsbereiche. Die nächstgrößeren Apothekenketten waren 2020 United Pharmaceuticals (230 Filialen) und Planet Pharmacies (150), so Zahlen des Datenportals Statista mit Daten von Euromonitor. Nach dieser Quelle gab es in Saudi-Arabien weitere 7.862 Apothekengeschäfte.

    Die in Indien ansässige Firma Aster DM kündigte Ende 2024 an, in den nächsten Monaten 20 Apotheken in Saudi-Arabien zu eröffnen und innerhalb von fünf Jahren 180 Filialen im Land zu betreiben. Aster führt bereits ein Krankenhaus in Riad und plant im Land 250 Millionen US$ in Gesundheitseinrichtungen zu investieren. 

    GTAI veröffentlicht Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht, Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest/Saudi-Arabien

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Saudi-Arabien/Delegation der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien, Bahrain und Jemen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

    Die Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft.

    Ministry of Health

    Federführendes Ministerium

    Saudi Food & Drug Authority

    Zulassungsbehörde für Pharmazeutika und Medizintechnik

    National Unified Procurement Company (NUPCO)

    Staatliche Beschaffungsorganisation

    Zakat, Tax and Customs Authority

    Zollbehörde

    Arab Hospital Magazine

    Fachzeitschrift

    Middle East Economic Digest (MEED)

    Fachzeitschrift (kostenpflichtig)

    Global Health Exhibition Riyadh

    Fachmesse (jährlich; 20.-23.10.25 in Riad)

    World Health Expo (früher: Arab Health)

    führende regionale Fachmesse (jährlich;  9.-12.26. in Dubai)

    DUPHAT - International Pharmaceutical & Technologies Conference and Exhibition

    regionale Fachmesse (jährlich; 24.-26.3.26 in Dubai)

    Dubai Derma - Messe für Dermatologie und Kosmetik

    regionale Fachmesse (jährlich; 14.-16.4.25 in Dubai)

    AEEDC -Internationale Fachmesse für Dentalmedizin

    regionale Fachmesse (jährlich; 19.-21.1.26 in Dubai)

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