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Recht kompakt | Saudi-Arabien | Vertragsrecht

Saudi-Arabien: Vertragsrecht

Saudi-Arabien kodifizierte im Jahr 2023 das Zivilrecht. Bis dahin galt für Verträge in Saudi-Arabien das islamische Recht (Scharia).

Von Sherif Rohayem | Bonn

Im Dezember 2023 ist in Saudi-Arabien das Civil Transaction Law (CTL) in Kraft getreten und damit auch das erste kodifizierte Zivilrecht in der Rechtsgeschichte des Königreiches. Vor dem CTL waren Schuldrecht und andere allgemeine Rechtsmaterien reines Richterrecht. Das neue CTL orientiert sich am ägyptischen Zivilgesetzbuch, das für viele Länder des Nahen Ostens eine Art Modellrecht darstellt. Aus dieser Anlehnung am ägyptischen Zivilrecht folgt, dass das CTL sich in weiten Teilen auf kontinentaleuropäische Rechtstraditionen beruft. Gleichwohl hat mit dem CTL keine umfassende Europäisierung des saudischen Zivilrechts stattgefunden.

Scharia-Recht hat Auffangcharakter

Vielmehr bleibt auch dem kodifizierten Recht die Scharia als Ordnungsprinzip erhalten - wenn gleich in abgeschwächter Form. So schreibt Artikel 1 CTL vor, dass zunächst die Vorschriften des Gesetzes ihrem Wortlaut und ihrem Zweck nach gelten. Im Falle einer Regelungslücke gelten die Vorgaben der Abschlussbestimmung des Artikel 720 CTL. Eine dieser Vorgaben von Artikel 720 CTL ist, dass die Verkehrssitte oder Handelsbräuche wie Gesetze gelten. Erst wenn keine dieser Vorgaben zu einer Lösung führt, ist ein Fall anhand der Scharia zu entscheiden. Insoweit hat das islamische Recht Auffangcharakter.

Schweigen ist keine Zustimmung

Verträge müssen gemäß Artikel 94 Nr. 2 CTL erfüllt werden und entstehen durch Angebot und Annahme, wobei Schweigen grundsätzlich keine Zustimmung bedeutet. Im Gegensatz zum deutschen Recht müssen Verträge primär objektiv ausgelegt werden. So verbietet Artikel 104 Nr. 1 CTL eine Vertragsauslegung, soweit dieser eindeutig ist. Eine Auslegung des Vertrages nach dem Parteiwillen ist erst dann zulässig, wenn dessen Wortlaut mehrdeutig ist.  

Parteien können pauschalierten Schadensersatz vereinbaren 

Mit Ausnahme von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit können Parteien eine vertragliche Haftungsbegrenzung vereinbaren (Artikel 173 Nr. 1 CTL). Außerdem dürfen die Parteien gemäß Artikel 178 CTL einen pauschalierten Schadensersatz vereinbaren. Dies ist insofern bemerkenswert als pauschalierter Schadensersatz mit einer Spekulation verbunden ist, die nach Scharia-Recht eigentlich verboten ist. Denn je nachdem wie der tatsächliche Schaden ausgefallen ist, hat bei einem pauschalierten Schadensersatz entweder der Schädiger oder der Geschädigte "gewonnen". Deshalb kann der Schädiger vor Gericht einwenden, dass ein Schaden gar nicht entstanden oder der pauschalierte Schadensersatz exzessiv ist (Artikel 179 CTL).

Gemäß Artikel 295 CTL verjähren Ansprüche nach zehn Jahren. Dies gilt vorbehaltlich spezialgesetzlicher Verjährungsfristen.

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