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Branche kompakt | Schweden | Ernährungswirtschaft

Markt in Schweden entwickelt sich dynamisch

Deutschland bleibt ein wichtiges Lieferland für den größten skandinavischen Markt. Anbieter digitaler Technologien können sich über einen zukunftsweisenden Absatzmarkt freuen. 

Von Judith Illerhaus | Stockholm

 Markttrends

Trotz der geringen Bevölkerung von knapp 10,5 Millionen Menschen stellt Schweden im skandinavischen Vergleich den größten Verbrauchermarkt dar. Die Lebensmittelbranche ist hochentwickelt und profitiert von trendbewussten und zahlungsstarken Verbrauchern mit einem Pro-Kopf-Einkommen 2022 von 53.061 Euro.

Bioprodukte tun sich derzeit schwer

Zwar eilt Schweden der Ruf eines ökologischen Vorreiters voraus, doch nahmen die Umsätze für Biolebensmittel zuletzt ab. Nach Angaben des Branchenverbands der Biobauern sind die Umsätze für ökologische Produkte im 1. Quartal 2023 um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal gefallen. Als Grund wird die hohe Inflation und der damit einhergehende Kaufkraftverlust genannt.

Hinzu kommt, dass importierte Bioprodukte von den schwedischen Verbrauchern häufig als minderwertiger angesehen werden als lokal produzierte Waren, so die Einschätzung der Organic Trade Association. Lokale Produkte seien umweltfreundlicher als teuer importierte Bioprodukte. Auch Supermarktketten wollen dem Bedarf lokal produzierter Lebensmittel entsprechen. Das stellt der Versuch des ICA Maxi in Skellefteå dar. Der Supermarkt bietet selbstgezogene Gurken an. Dazu wurde im Eingangsbereich des Geschäfts ein acht Meter hohes Gewächshaus gebaut.

Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung kennzeichnen das Konsumverhalten

Das große Interesse an Nachhaltigkeitsaspekten spiegelt sich auch in der wachsenden Nachfrage nach Lebensmitteln auf pflanzlicher Basis wider. Auch beim Fleischkonsum wird auf Umweltverträglichkeit geachtet. Das von Rindern stammende Fleisch etwa, die mit Algen gefüttert wurden: In einer Zusammenarbeit von Foodtech-Unternehmen Volta Greentech und dem Lebensmittelhersteller Protos wird das Fleisch in ausgewählten Filialen verkauft.

Auch die Verpackungsindustrie widmet sich dem Thema: Der Supermarktkonzern Axfood hat eine eigene Verpackungsdatenbank mit 18.000 Komponenten aufgebaut. Diese soll den Übergang zu mehr recycelbaren Verpackungen beschleunigen. Axfoods Ziel ist bis 2030, ausschließlich wiederverwertbare Verpackungen aus nachhaltigen und recycelten Rohstoffen zu nutzen. 

Etwas paradox zum Aspekt der Nachhaltigkeit erscheint die große Begeisterung der schwedischen Bevölkerung für verpackungsintensive Kochboxen. Ein besonderes Augenmerk legen die schwedischen Erstanbieter auf ihren derzeitig größten Konkurrenten, der aus Deutschland stammt. Hello Fresh hat in nur drei Jahren die zwei bisher erfolgreichsten inländischen Anbieter Linas Matkasse und Middagsfrid überholt und verzeichnete im Jahr 2021 ein Umsatzwachstum von rund 325 Prozent.

Die Chancen durch Digitalisierung sind vielfältig

Schwedische Supermarktketten investieren in digitale Lösungen. Hierunter zählen auch unbemannte Stores, die aufgrund der geografischen Gegebenheiten zahlreiche Vorteile mit sich bringen. In diesem Bereich sind vor allem die Konzerne ICA und Axfood aktiv. Aber auch Start-ups wie NearbyStore, 24 SJU oder HonestBox setzen hier an und verzeichnen erste Erfolge.

Durch den Einsatz von AI hat die ICA-Gruppe in Kooperation mit Whywaste ein Tool entwickelt, das die Angestellten bei der Bedarfsermittlung einzelner Filialen unterstützt. Auf diese Weise konnten bereits in vier Filialen die Lebensmittelüberschüsse um rund 40 Prozent gesenkt werden.

Auch Drohnen haben Einzug in die Lebensmittelbranche gefunden. In dünn besiedelten Regionen wie Värmland, aber auch in Norrtälje laufen erste Tests für die Auslieferung von Bestellungen. Auf Värmdö werden bereits Restaurantbestellungen per Drohne durch Aerit ausgeflogen. Die Drohne legt in sieben Minuten eine Strecke zurück, für die ein Auto eine halbe Stunde benötigt.

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Die Nahrungsmittelindustrie spielt eine bedeutende Rolle: Im Jahr 2021 war sie laut Food and Drink Europe der drittgrößte Arbeitgeber in Schweden mit etwa 4.779 Unternehmen und 50.800 Beschäftigten. Im Jahr 2022 erreichte der schwedische Lebensmittelmarkt laut Statista einen Wert von knapp 3,26 Milliarden Euro. Bis 2028 wird dem Markt ein Umsatzplus von knapp 29 Prozent vorausgesagt. Die wichtigsten Produktkategorien sind Fleischerzeugnisse, gefolgt von Milchprodukten und Eiern sowie Süßwaren und Snacks.

Bemerkenswert ist, dass der Markt im Jahr 2021 ein Wachstum von 14,8 Prozent gegenüber 2020 verzeichnete. Die benachbarten nordischen Länder stellen wichtige Exportziele für schwedische Lebensmittel und Getränke dar, während die meisten Lebensmittelimporte im Jahr 2020 aus Deutschland stammten.

Wenige Player dominieren den Einzelhandel

Der schwedische Einzelhandel für Lebensmittel kennzeichnet sich durch wenige dominante Akteure. Dabei halten drei große Einzelhandelsgruppen 90 Prozent des Marktanteils. 53 Prozent entfallen auf die ICA-Gruppe, 19 Prozent auf den Axfood Konzern, und 18 Prozent beansprucht die Coop-Gruppe für sich. Die übrigen 10 Prozent teilen sich zu gleichen Teilen die familiengeführte Einzelhandelsgruppe Bergendahls sowie der deutsche Lidl Konzern.

Zu den führenden Lebensmittelunternehmen in Schweden gehören Arla Foods, Scandi Standard, HKScan Sweden, KLS Ugglarps, Orkla, Cloetta, Skånemejerier, Svenska Foder sowie Nestlé Sverige.

Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit im Fokus der Regierung

Die aktuell geltende nationale Lebensmittelstrategie stammt aus dem Jahr 2017 und hat sich zum Ziel gesetzt, eine wettbewerbsfähige Nahrungsmittelkette bis 2030 zu schaffen. Bis 2025 sind jährlich rund 11 Millionen Euro für Initiativen im Nahrungsmittelsektor vorgesehen – eine neue Strategie 2.0 ist derzeit in Arbeit.

Unter anderem wird für mehr Resilienz und gestärkte Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung nachhaltiger Produktionsprozesse geworben. Ebenfalls soll die Behördenstruktur der Branche überarbeitet werden, um eine gute Kooperation zwischen Behörden und Unternehmen zu gewährleisten. Derzeit rechnet man mit einer Veröffentlichung der neuen Strategie zum Jahresbeginn 2024.

Staatliche Förderprogramme

Programm

Zielgruppe

Förderquote *)

Zweck

Ein neues Rezept fürs Essenssystem (Vinnova)

gemischte Teams aus Forschern, Unternehmern, Behörden, Kommunen, Regionen und NGOs

Max. 293.300 Euro pro Projekt über einen Zeitraum von 18 Monaten

Aufbau von Innovationsplattformen für ein nachhaltiges Essensystem

Foodtech und alternative Proteine (Vinnova)

Unternehmen und Organisationen in Schweden, die mit Schweiz und Israel zusammenarbeiten, davon mindestens ein KMU

Max. 254.100 Euro pro Projekt

Projekte im Bereich Foodtech mit Fokus auf alternativen Proteine

Investitionsprogramm für Veredelung (Jordbruksverket)

kleine Unternehmen mit höchstens 50 Mitarbeitenden und einem Umsatz von höchstens 10 Mio. SEK pro Jahr

Max. 40 Prozent der Ausgaben, die zuwendungsberechtigt sind

feste oder mobile Anlagen zur Veredelung, neue Ausrüstung zur Veredelung von Nahrungsmitteln

Investitionsprogramm für mehr Wettbewerbsfähigkeit (Jordbruksverket)

Landwirtschafts- und Gartenbau-Unternehmen

Max. 30 Prozent der Ausgaben, die zuwendungsberechtigt sind

Anlagen und Ausrüstung: Gewächshäuser, Lager, Trocknung etc.

* 1 EZB-Umrechnungskurs vom 13.09.2023: 1 Euro = 11,92 Schwedische Kronen.Quelle: Recherchen von GTAI


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