Rechtsbericht Serbien Bergbau- und Energierecht
Serbien modernisiert das Energiegesetz
Die beschlossenen Änderungen führen neue Begriffe wie "Aktiver Kunde", dynamische Tarife und die Möglichkeit des Baus von Kraftwerken ein.
20.02.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Seit dem 6. Dezember 2024 gilt das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Energiegesetzes. Das Hauptziel des Änderungsgesetzes ist es, das nationale Recht mit den europäischen Bestimmungen zu harmonisieren und so die Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Gründung der Energiegemeinschaft zu erfüllen.
Die zahlreichen Änderungen betreffen sowohl private als auch öffentliche Unternehmen, Haushalte und Investoren. Außerdem werden neue Begriffe für die Definition von Aktivitäten auf dem Energiemarkt eingeführt und wesentliche Prioritäten für die Entwicklung von erneuerbaren Energien, zum Beispiel der Nutzung von Wasserstoff, festgelegt.
Bauverbot für Kernkraftwerke aufgehoben
Die Aufhebung des Bauverbots ermöglicht die Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie in Serbien. Das Ministerium für Bergbau und Energie (Ministarstvo rudarstva i energetike) ist für die Überwachung des Aufbaus und der Entwicklung des Kernenergieprogramms verantwortlich. Dies beinhaltet unter anderem die Bewertung der Machbarkeit und die Sicherung und Verwaltung der Finanzierungsquellen.
Mit Inkrafttreten der Änderungen tritt das Gesetz über das Verbot des Betriebs von Kernkraftwerken in der Republik Jugoslawien außer Kraft. Dieses Gesetz wurde 1989 verabschiedet und verbot den Bau von Kernkraftwerken als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl 1986.
Änderungen für private Haushalte und Verbraucher
Das Net-Metering-Modell (Nettomessungen) für die Einspeisevergütung von Strom aus kleinen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) oder kleinen Windkraftanlagen endet am 31. Dezember 2026. Bestehende Prosumenten (Stromerzeuger und -verbraucher zugleich) können dieses Modell jedoch während der gesamten Lebensdauer ihrer PV-Anlage nutzen. Anstelle von Nettomessungen wird die Nettoberechnung eingeführt.
Darüber hinaus werden dynamische Verträge für Verbraucher eingeführt: Verbraucher können Stromlieferverträge zu variablen Strompreisen abschließen, die sich an der Marktentwicklung orientieren. Um die Vergleichbarkeit zu verbessern, wird eine mobile Anwendung eingeführt, mit der die Angebote der Stromversorger verglichen werden können.
"Aktiver Kunde" als neuer Status für energieeffiziente Unternehmen
Die Verleihung des Status "Aktiver Kunde" (serbisch: aktivni kupac) an Unternehmen soll dazu beitragen, die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben.
Der Status wird an Unternehmen verliehen, die eigenständig Strom erzeugen, speichern oder verkaufen, sofern diese Tätigkeit nicht hauptgewerblich ausgeführt wird. Zudem können aktive Kunden sogenannte Green Power Purchase Agreements (PPAs) mit Energieversorgern abschließen. Dabei handelt es sich um langfristige Lieferverträge für Ökostrom aus erneuerbaren Energien. Damit kann die CO2-Abgabe sowohl lokal als auch beim Export in die EU im Rahmen des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) reduziert werden.
Neue Energieaktivität wird eingeführt
Das Gesetz führt eine neue Marktaktivität auf dem Energiemarkt ein: Flexible Energiesysteme, im Gesetz als agregiranje bezeichnet, für Strom aus alternativen Energiequellen. Sogenannte Aggregatoren (serbisch: agregator) spielen dabei eine wichtige Rolle, indem sie die Flexibilität und Kapazitäten der Akteure koordinieren und optimieren und die Effizienz und die Stabilität des Stromes erhöhen. Das flexible Energiesystem von Strom bezieht sich auf die Bündelung von Stromerzeugung und -verbrauch durch verschiedene dezentrale Akteure, wie zum Beispiele Haushalte, Unternehmen und erneuerbare Energiequellen, um diese gebündelt am Energiemarkt zu vermarkten.
Um diese und weitere Tätigkeiten wie zum Beispiel Stromspeicherung auszuführen, muss eine Lizenz bei der Energieagentur der Republik Serbien (Агенција за енергетику Републике Србије) beantragt werden. Ausländische Unternehmen können ab dem 31. Dezember 2028 die Lizenzen beantragen.
Neue Anforderungen an Genehmigungen
Darüber hinaus werden neue Anforderungen an die Erteilung von Genehmigungen eingeführt. Dies betrifft die Genehmigung für die Errichtung oder den Betrieb und Bau von Stromerzeugungsfeldern und die Prüfung von Alternativlösungen für die Errichtung neuer Stromerzeugungsanlagen. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen gehören unter anderem:
- die Übereinstimmung des (Bau-)Vorhabens mit der nationalen Energiestrategie,
- die Durchführbarkeit des Baus auf Explorationsfeldern und alternative Lösungen für die Stromerzeugung.
Gleichzeitig sehen die Änderungen neue Ausnahmen von der Genehmigungspflicht für den Betrieb von Energieanlagen im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Partnerschaften und strategischen Partnerschaften für erneuerbare Energien vor.
Weitere Informationen
Das Änderungsgesetz (Zakon o izmenama i dopunama Zakona o energetici) wurde am 27. November 2024 verabschiedet und im Amtsblatt Sl. Glasnik RS Nr. 94/2024 veröffentlicht. Außerdem wurde am 28. November 2024 die Strategie zur Entwicklung des Energiesektors der Republik Serbien in serbischer Sprache veröffentlicht.
Zum Thema:
- GTAI-Bericht Wirtschaftsausblick Serbien
- GTAI-Rechtsbericht Geschäftsaufnahme auf dem Westbalkan