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Wirtschaftsumfeld | Slowakei | Investitionsklima

Politik kümmert sich wenig um besseres Investitionsklima

Die Slowakei profitiert von ihrer Lage in Mitteleuropa, vom Euro sowie von motivierten und gut ausgebildeten Fachkräften. Deutschland liegt auf Rang 5 der wichtigsten Investoren.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Der Mix der positiven Standortfaktoren Lage, Euro und Fachkräfte hat der Slowakei seit dem EU-Beitritt 2004 einen Investitionsboom beschert. Viele dieser Pluspunkte sind weiter gültig, wie die jährliche Stimmungsumfrage unter europäischen Investoren zeigt. Bei der letzten Befragung lobten die Unternehmen außerdem die Qualität lokaler Zulieferer sowie die vergleichsweise günstigen Arbeitskosten.

Wenig Transparenz bei öffentlichen Vergaben

Deutlich verschlechtert hatte sich 2023 die Einschätzung der ausländischen Investoren zur Bekämpfung von Korruption und Kriminalität, zur Transparenz bei öffentlichen Vergaben und die Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik. 

Seit Oktober 2023 ist eine neue Regierung unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Robert Fico an der Macht. Als eine der ersten Amtsmaßnahmen plant die Koalition eine Justizreform, die Kritiker als Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit empfinden. Die Reform zielt auf die Abschaffung der Sonderstaatsanwaltschaft, die gegen Korruption und Wirtschaftsdelikte ermittelt. Außerdem soll der Schutz von Whistleblowern beschränkt werden. 

Die Europäische Kommission ist zudem unzufrieden mit der wachsenden Staatsverschuldung. Sie erwartet für 2024 ein Haushaltsdefizit von 6,3 Prozent, was die finanziellen Möglichkeiten des Staates in Zukunft einschränkt.

Schon vor dem Amtsantritt der neuen Regierung war die Stimmung der Investoren eher durchwachsen. Im World Business Outlook der Auslandshandelskammern (AHK) beurteilten die befragten Firmenchefs im Herbst 2023 die Konjunkturerwartungen in der Slowakei so negativ wie in keinem anderen Euroland. Als größte Risiken nannten die Unternehmer die schwache Nachfrage, die gestiegenen Arbeitskosten, den Fachkräftemangel sowie die Wirtschaftspolitik.

Nachbarländer sind die wichtigsten Investoren

Gemessen an ihrer Größe ist die Slowakei äußerst erfolgreich beim Anwerben ausländischer Direktinvestitionen. Der Bestand summierte sich bis Ende 2022 auf 53,8 Milliarden Euro. Das Land profitierte vom Aufschwung der Fahrzeugindustrie und der starken Industriebasis. Während der Coronapandemie gab es einen leichten Rückgang, weil ausländische Konzerne Investitionen abzogen.

Ein Drittel der ausländischen Direktinvestitionen ging in das verarbeitende Gewerbe (Zahlen liegen nur bis 2020 vor). Über 9 Prozent entfielen auf die Autoproduktion und ihre Zulieferer. Auch die Chemieindustrie (über 6 Prozent Anteil) war eine interessante Zielbranche für Investoren. Hier haben sich vor allem ungarische (MOL) und tschechische (Agrofert) Unternehmen engagiert. In der Metallindustrie stach lange Zeit die Investition von U.S. Steel in Košice hervor. Der US-Konzern will das Stahlwerk jedoch 2024 an Nippon Steel verkaufen.

Neben dem produzierenden Gewerbe sind ausländische Unternehmen besonders im Finanzsektor aktiv. In Banken und Versicherungen ist etwa ein Viertel aller ausländischen Direktinvestitionen geflossen. Besonders aktiv waren österreichische und tschechische Finanzinstitute.

Eine attraktive Zielbranche ist zudem der Energiesektor. Unter anderem ist Eon beim westslowakischen Energieversorger ZSE eingestiegen. RWE hatte 2002 eine Beteiligung am ostslowakischen Versorger VSE erworben. Nach einer Übernahme von VSE durch ZSE gehören die RWE-Anteile seit 2023 auch zu Eon. Mehrheitseigner der fusionierten Holding ist der slowakische Staat.

Einzelhandel fest in ausländischer Hand

Hohe Auslandsinvestitionen verzeichnete der Groß- und Einzelhandel (8 Prozent des Bestands 2020). Deutsche Händler wie Rewe (Billa), Kaufland und Lidl gehören zu den Top-5 der größten Einzelhandelsketten in der Slowakei. Ebenso sind Informationstechnologien und Telekommunikation eine wichtige Zielbranche (5 Prozent aller ADI bis 2020). Der größte Telefondienstleister Slovak Telekom gehört zur Deutschen Telekom.

Die EU-Länder sind die wichtigsten Investoren in der Slowakei. Bis Ende 2022 kamen über 86 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen aus den 27 Mitgliedstaaten. Fast ein Viertel (23 Prozent) entfiel auf die Niederlande. Sie wird aus steuerlichen Gründen gern als Holdingsitz genutzt, sodass es sich hierbei zum Teil um slowakisches Geld handelt. Der zweitgrößte Investor ist Österreich mit einem Anteil von 16 Prozent vor Tschechien (13 Prozent). 

Deutschland liegt noch hinter Südkorea (7 Prozent) auf Platz 5 mit 6,5 Prozent. Seit Ausbruch der Coronapandemie zogen deutsche Investoren drei Jahre in Folge netto Investitionen aus der Slowakei ab.

Überraschend ist, dass China die Slowakei bislang kaum auf dem Schirm hatte (nur 0,1 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen). Das könnte sich durch die geplante Gigafactory des chinesischen Unternehmens Gotion High-Tech ändern. Auch hinter der neuen Autofabrik von Volvo Cars steht chinesisches Kapital.

Größte deutsche Investoren in der Slowakei (Stand: November 2023)

Unternehmen

Branche

Umsatz in Mio. Euro (2022)

Volkswagen SlovakiaAutomobilindustrie 

9.735

ZSE Energia (Eon)Energieversorgung 

2.330

Lidl Slovenská republikaEinzelhandel

1.892

Kaufland Slovenská republikaEinzelhandel 

1.545

Continental Tires SlovakiaAutomobilindustrie 

1.350

Východoslovenská energetika (Eon)Energieversorgung 

911

Quelle: Deutsch-Slowakische Industrie- und Handelskammer 2023

Investitionsförderung: Steuervorteile und direkte Zuschüsse

Mit Investitionsanreizen versucht die slowakische Regierung, regionale Unterschiede auszugleichen und innovative Unternehmen anzusiedeln. Die Förderung können kleine und mittelständische Betriebe ebenso in Anspruch nehmen wie Großunternehmen. Auch zwischen neuen und bestehenden Firmen wird kein Unterschied gemacht. Die höchsten Förderquoten gibt es in Landkreisen mit hoher Arbeitslosigkeit.

Dabei unterstützt die Slowakei Investitionen in drei Bereiche:

  • Industrieproduktion
  • Technologiezentren
  • Shared Service Center

In jeder Kategorie gibt es spezifische Bedingungen, die erfüllt sein müssen. Die Anreize reichen von Erleichterungen bei der Körperschaftsteuer, über Zuschüsse für den Erwerb von Anlagegütern und immateriellen Vermögenswerten bis zu Zuschüssen für neu geschaffene Jobs sowie Vorzugspreise für Immobilien. Außerdem können Steuererleichterungen für Ausgaben zu Forschungs- und Entwicklungszwecken gewährt werden.

Regionale Investitionsförderung (Investitionsanreize) in der Slowakei

Branche

Mindestinvestition und sonstige Bedingungen für einzelne Förderungsformen *

IndustrieproduktionFür Förderung von Vermögenswerten: Mindestinvestition von 250.000 bis 20 Mio. Euro bei Großunternehmen und 125.000 Euro bis 10 Mio. Euro bei KMU; mindestens 30 bis 60% der Investition müssen in neue Technologien fließen / Für Ermäßigung der Körperschaftsteuer: Mindestinvestition von 100.000 bis 3 Mio. Euro bzw. 50.000 bis 1,5 Mio. Euro, mindestens 30 bis 60% in neue Technologien / Für Zuschüsse für neu geschaffene Arbeitsplätze: Mindestinvestition von 100.000 bis 1,5 Mio. Euro sowie 10 bis 100 neue Arbeitsplätze (Großunternehmen) bzw. Mindestinvestition von 50.000 bis 750.000 Euro sowie 5 bis 15 neue Arbeitsplätze (KMU), mindestens 30 bis 50% der Investition in neue Technologien / Für Grundstückübertragung zu Vorzugspreisen: Mindestinvestition von 100.000 bis 3 Mio. Euro (Großunternehmen) bzw. 50.000 bis 1,5 Mio. Euro (KMU) und mindestens 30 bis 60% der Investition für neue Technologien
Kombination Industrieproduktion und TechnologiezentrumBedingungen für beide Branchen müssen erfüllt werden, die Mindestinvestition für die Industrieproduktion wird um den Wert der Investition in das Technologiezentrum gesenkt
TechnologiezentrenMindestens 5 neue Arbeitsplätze, Löhne mindestens 70% über dem Durchschnittslohn in der Region; Mindestinvestition von 50.000 Euro für Ermäßigung der Körperschaftsteuer, für Zuschuss zu neuen Arbeitsplätzen und für Grundstückübertragung zu Vorzugspreisen / Für Förderung von Vermögenswerten: Mindestinvestition von 100.000 Euro
Business-Support-Zentren (Shared Service Center)Mindestens 10 geschaffene Arbeitsplätze / Für Ermäßigung der Körperschaftsteuer, für Zuschuss zu neu geschaffenen Arbeitsplätzen und für Grundstückübertragung zu Vorzugspreisen: Löhne mindestens 50% über dem Durchschnittslohn in der Region / Für Förderung von Vermögenswerten: Mindestinvestition von 100.000 Euro in das Anlagevermögen und Löhne mindestens 80% über dem Durchschnittslohn in der Region
Quelle: Sario 2023, Wirtschaftsministerium 2023

* förderhöhe abhängig davon, um welche Zielregion es sich handelt: Kategorie A (Arbeitslosenquote bis 100% des Landesdurchschnitts), B (Arbeitslosenquote 100 bis 135%), C (Arbeitslosenquote mindestens 135%); unterentwickelte Regionen D (aus der Liste der unterentwickelten Regionen vom Büro für Arbeit, Soziales und Familie UPSVaR); geförderte Regionen im Rahmen des Fonds für gerechten Übergang (maximale Förderintensität um 10% höher). Aufgrund der Energiekrise wurden die Mindestinvestition und die Mindestanzahl der Beschäftigten gesenkt (Regional Investment Aid und gesetzliche Regelungen vom Wirtschaftsministerium).

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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