Im Januar 2024 stand die Veröffentlichung des neuen Abfallrahmenplans kurz bevor. Durch den Aufbau- und Resilienzplan steht zusätzliches Geld für Investitionen zur Verfügung.
Spanien stand im Januar 2024 kurz davor, einen neuen staatlichen Rahmenplan für den Abfallsektor zu erhalten. Der Plan Estatal Marco de Gestión de Residuos (PEMAR) für 2023 bis 2027 dient dazu, die Akteure im Abfallmanagement zu koordinieren. Im Juli 2023 stellte das Umweltministerium einen Entwurf für die Diskussion mit Interessengruppen vor.
In Spanien sind der Zentralstaat mit seiner Rahmengesetzgebung und die 17 Autonomen Gemeinschaften mit ihren Abfallplänen die wichtigsten Akteure. Die Gemeinden sind der Startpunkt für das Einsammeln von Abfällen.
Es existieren jedoch nicht nur reguläre Entsorgungswege. Der Fernsehsender Telemadrid berichtete im Januar 2024 über erhebliche Abfallströme aus Frankreich zu Mülldeponien im Norden Spaniens. Bei den Stichproben der spanischen Polizei wird demnach jeder dritte dieser Transporte beanstandet. Die Entsorgung einer Tonne Siedlungsabfälle kostet in Spanien inklusive Steuern 40 Euro, während in Frankreich 250 Euro fällig werden. Dieser Preisunterschied ruft auch Kriminelle auf den Plan. Diese etikettieren laut der Tageszeitung El País zum Beispiel Abfälle falsch oder verwerten sie nicht auf die vorgegebene Weise.
Gelder und Handlungsbedarf sorgen für günstige Geschäftsaussichten
Spanien muss mehr Anstrengungen unternehmen, um die EU-Vorgaben zum Umgang mit Abfällen zu erfüllen. Neben den üblichen Finanzmitteln stehen durch den Aufbau- und Resilienzplan mehr Gelder zur Verfügung, um den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft anzuschieben. Entsprechend kann die Abfallbranche mit besseren Geschäften rechnen.
Die Tendenz bei den Ausgaben für das Abfallmanagement zeigt bereits seit einigen Jahren nach oben. Neuesten Zahlen des Statistikamtes INE zufolge betrugen die Gesamtausgaben für das Abfallmanagement 2021 knapp 1,3 Milliarden Euro. Damit lagen sie um 16 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Der höchste Anteil entfiel auf die laufenden Kosten. Die Investitionen sind wertmäßig wesentlich geringer, ziehen jedoch ebenfalls seit Jahren an.
Ausgaben für das Abfallmanagement in Spanien (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)Kategorie | 2020 | 2021 | Veränderung |
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Ausgaben insgesamt | 1.103 | 1.283 | 16,3 |
laufende Kosten | 1.030 | 1.185 | 15,1 |
Investitionen | 73 | 98 | 33,6 |
Quelle: Statistikamt INE, 2024
Abfallsektor benötigt breite Palette von Anlagen und Anwendungen
Der Abfallsektor benötigt weiterhin mehr Investitionen in die Sammlung, Sortierung und Behandlung, um die EU-Vorgaben zu erfüllen. Entsprechende Projekte bieten deutschen Unternehmen Zulieferchancen bei Technologien für neue und optimierte Anlagen zur thermischen, biologisch-mechanischen und chemisch-physikalischen Behandlung, zur Geruchs- und Emissionsvermeidung und zum Monitoring.
38
%
des Hausmülls wurden 2019 recycelt - 10 Prozentpunkte weniger als im EU-Durchschnitt.
Spaniens Strategie für eine Kreislaufwirtschaft legt einen wichtigen Akzent auf die Abfallhierarchie. Diese setzt schon bei der Vermeidung an. Die entstehenden Abfälle sollen recycelt, zur Energiegewinnung verwendet oder verwertet werden. Um Umweltschäden durch wildes Deponieren zu verhindern, steht auch die Rückverfolgbarkeit von Müll auf der Agenda. Ein besseres Ressourcenmanagement soll auch dadurch erreicht werden, dass weniger Nahrungsmittel im Abfall landen.
Im Vergleich zum Basisjahr 2010 lautet das Ziel für 2030, die gesamte Abfallmenge um 15 Prozent zu reduzieren. Der Inlandsmaterialverbrauch soll im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung um 30 Prozent sinken. Für bis zu 10 Prozent der Siedlungsabfälle wird eine Wiederverwendung angestrebt.
Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Spanien eine Steuer auf Einwegkunststoffe. Diese beträgt 0,45 Euro pro Kilogramm. Nach Erfahrungen von Unternehmen ist der Verwaltungsaufwand jedoch im Verhältnis dazu sehr hoch. So ist eine Eintragung in ein Sonderregister, eine Steuernummer und eine detaillierte Buchführung erforderlich.
EU bescheinigt Spanien Fortschritte, rügt aber die hohe Deponierungsquote
Aus der Sicht der Europäischen Union verzeichnet Spanien Erfolge in der Abfallpolitik, erfüllt aber noch nicht alle Vorgaben der Staatengemeinschaft. Im Environmental Implementation Review 2022 wurden auf der Ebene der Gesetzgebung Fortschritte gelobt.
Zu den Pluspunkten zählt die Kreislaufwirtschaftsstrategie. Diese haben auch viele der 17 Autonomen Gemeinschaften des Landes mit eigenen Plänen untermauert. Das im April 2022 beschlossene Gesetz zu Abfällen und kontaminierten Böden fand die Zustimmung der EU.
Bei der Umsetzung der Pläne und Vorgaben weist Spanien jedoch noch Defizite auf. Insbesondere mahnt die EU mehr Recycling von Siedlungsabfällen an. Die Zielvorgabe für Mitgliedsstaaten steigt 2025 auf 55 Prozent. Dafür sind gemessen an den Resultaten der Vergangenheit erhebliche Investitionen notwendig.
Die Zielmarke für 2020 lag bei 50 Prozent. Mit einem Durchschnittswert von 48 Prozent kamen die meisten EU-Staaten 2019 nah an diese Vorgabe heran. Spanien blieb mit lediglich 38 Prozent Recyclinganteil weit hinter dem geforderten Niveau zurück.
Strategieplan unterstützt Investitionen mit 492 Millionen Euro
Für das Schließen der Lücke sind die Finanzierungsbedingungen besonders günstig. Neben eigenen Haushaltsmitteln spielen schon seit Jahren Gelder aus verschiedenen EU-Töpfen eine zentrale Rolle für die staatlichen Investitionen in den Abfallsektor.
Durch den Aufbau- und Resilienzplan mit seinem Strategieplan für die Kreislaufwirtschaft existieren außerordentliche Finanzmittel, um zu investieren und näher an die Ziele heranzurücken. Die staatliche Fördersumme beträgt insgesamt 492 Millionen Euro.
Die Textil- und Kunststoffindustrie sowie Ausrüstungen für erneuerbare Energien bilden drei Branchenschwerpunkte des Strategieplans.
Außerdem besteht der Plan aus einer übergreifenden Komponente, die sich an Industriebetriebe allgemein richtet. Hier geht es um weniger Ressourceneinsatz, die Entwicklung eines Ökodesigns, das Abfallmanagement und die Digitalisierung.
Ausgewählte Investitionsprojekte der Abfallwirtschaft in SpanienProjekt | Investition (in Mio. Euro) | Stand | Projektträger |
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Stadt Madrid/ Neuer Abfallmanagement- und Stadtreinigungsvertrag | 1.500 aufgeteilt in vier Lose nach Stadteilen und Dienstleistungen | Laufzeit Ende 2023 bis 2029 | Los 1 (Madrid-West). Auftragsgewinner: FCC Medio Ambiente. Wert: 505 Mio. Euro Los 2 (Madrid-Ost). Auftragsgewinner: Verbund von Valoriza, Acciona und OHLA. Wert: 484 Mio. Euro Los 3 (Madrid-Süd). Auftragsgewinner Urbaser und Prezero. Wert: 369 Mio. Euro Los 4 bezieht sich auf Abfallcontainer inklusive Abholung und Abfalltransport. Auftragsgewinner: Contenur. Wert: 148 Mio. Euro |
Stadt Zaragoza/Neuer Abfallmanagement- und Stadtreinigungsvertrag | 615 | September 2022 bis 2032 | Vertragsverlängerung mit dem Umweltdienstleister FCC Medio Ambiente. |
Stadt Manresa (Provinz Barcelona)/ Neuer Abfallmanagement- und Stadtreinigungsvertrag | 91,4 | Anfang 2024 bis 2034 | Vertragsverlängerung mit dem Umweltdienstleister FCC Medio Ambiente. |
Prezero/Modernisierung der eigenen Recycling- Anlage in Barcelona | 20 | In der Umsetzung | Der Umweltdienstleister will Ende 2024 die Verarbeitungskapazität für Industrieabfälle erhöhen, um die Versorgung des Zementherstellers Cemex mit Ersatzbrennstoff (EBS) zu sichern. |
Axpo Iberia und Sorigue/ Erweiterung der Biomethan-Anlage Torre de Santamaria in Lleida | 15 | In der Genehmigungsphase | Der Rinderbetrieb Torre de Santamaria will die Produktionskapazität seiner Biomethananlage auf Basis tierischer Abfälle von 26 GWh auf 115 GWh erhöhen. |
Acciona und RenerCycle/ Waste2Fiber in Lumbier (Navarra) FCC und Iberdrola/EnergyLoop in Cortes (Navarra) | 15 8,7 | Baubeginn erstes Halbjahr 2024; Inbetriebnahme 2025 In Planung | Zwei Anlagen zum Recycling von Windrädern. Die erste erhält 5,3 Mio. Euro aus dem Aufbau- und Resilienzplan. |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest (2024)
Von Oliver Idem
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Madrid