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Branchen | Spanien | Bioenergie

Biomasse soll stärker genutzt werden

Bislang wird in Spanien nur ein geringer Anteil der vorhandenen Biomasse zur Erzeugung von Biogas und Strom genutzt. Das soll sich ändern.

Von Oliver Idem | Madrid

Im europäischen Vergleich ist die Produktion von Biogas in Spanien stark unterrepräsentiert. Insgesamt erzeugen laut dem staatlichen Energieinstitut IDAE 146 Anlagen zusammen rund 2,7 Terawattstunden Biogas pro Jahr. Die Anlagen sind zumeist an Deponien oder Klärwerke angeschlossen und gewinnen Biomethan aus Abfällen oder Klärschlamm. Nur eine Anlage in Madrid speist Biogas direkt in das Erdgasnetz ein.

Produktion von Biogas könnte bis zu 60-mal so hoch sein

Würden sämtliche verfügbaren Quellen genutzt, könnten in Spanien laut Fachverband Sedigas pro Jahr bis zu 163 Terawattstunden Biomethan erzeugt werden. Bei dieser Berechnung wurden auch sogenannte Zwischenkulturen und Forstabfälle einbezogen.

Quellen für die Produktion von Biogas

Rohstoffherkunft

Potenzial in Terawattstunden

Zwischenfrüchte

58,8

überschüssige Waldbiomasse

27,7

Viehzucht

25,5

Landwirtschaft

24,8

Deponien

8,8

organische Siedlungsabfälle

7,9

Ernährungswirtschaft

6,4

Kläranlagen

3,0

Quelle: Studie des Fachverbands Sedigas in Kooperation mit PwC und Biovic Januar 2023

Sedigas räumt allerdings ein, dass es sich um ein absolutes Maximalpotenzial handelt und kaum alle Quellen ausschließlich für die Gaserzeugung ausgeschöpft werden können. Die komplette Verwendung der Rohstoffe würde rund 40,5 Milliarden Euro Investitionen in mehr als 2.300 Anlagen erfordern.

Die besten Standorte für die Biogasproduktion finden sich in Regionen, die sowohl über viel Fläche als auch über eine große Land- und Forstwirtschaft verfügen. Etwa die Hälfte des inländischen Potenzials entfällt in Spanien auf die Regionen Castilla y León, Andalusien und Castilla-La Mancha. Die Wahl des Standorts der Anlagen ist zudem entscheidend, um die Logistik der Rohstoffsammlung und die Anbindung an das Erdgasnetz wirtschaftlich umzusetzen.

Formalitäten und Zugang zu den Ressourcen als Hindernisse

Trotz des reichhaltigen Ressourcenangebots fristet die Erzeugung von Biogas bislang ein Schattendasein in Spanien. Laut Sedigas liegen die Gründe dafür nicht in technischen, sondern in administrativen Hürden. In den einzelnen autonomen Gemeinschaften erschweren 17 unterschiedliche Anforderungsprofile die Prozesse.

Zudem ist es juristisch anspruchsvoller, Gas aus Biomasse zu gewinnen und ins Netz einzuspeisen, als Strom aus Biomasse zu erzeugen. Bis alle Formalitäten für eine geplante Anlage erledigt sind, können laut Verband bis zu sechs Jahre verstreichen. Deshalb setzt Sedigas auf eine Vereinfachung der Anschlussmöglichkeiten an das Gasnetz.

Nutzung von Biomasse passt zu einer Reihe politischer Ziele

Im März 2022 hat Spanien mit der Hoja de Ruta del Biogás einen Fahrplan zur Entwicklung der Nutzung von Biomasse veröffenticht. Im Fokus stehen die Verwertung von Reststoffen und die Produktion von Strom und Wärme für die Industrie sowie von Biokraftstoffen. Das Produktionsziel ist jedoch mit rund 10,4 Terawattstunden im Jahr 2030 gemessen am maximalen Potenzial wenig ehrgeizig.

Dabei wäre mit einer erheblichen Nachfrage zu rechnen. Im April 2022 berichtete die Tageszeitung El Mundo, dass Spanien im Vorjahr nur 0,34 Prozent des inländischen Gasverbrauchs durch eigene Produktion decken konnte, die Importabhängigkeit ist hoch. Hinzu kommen die außerordentlichen Schwankungen des Preisniveaus und das Thema Versorgungssicherheit.

Sedigas will einfachere Rahmenbedingungen zur Produktion von Biogas in Spanien durchsetzen. Die Branchenorganisation argumentiert, dass Biomethan direkt in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden kann, ohne dass Umrüstungen notwendig werden. Dieses Gas könnte beispielsweise eine Option für Industriebetriebe sein, deren Prozesse sich nur schwer elektrifizieren lassen. Sedigas sieht Biomethan als Ergänzung zur Verwendung von grünem Wasserstoff mit dem gemeinsamen Ziel des Klimaschutzes. 

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für Biomasse in Spanien

Das vergangene Jahr brachte einen Impuls für die Stromproduktion aus Biomasse. Aus der dritten staatlichen Ausschreibung für erneuerbare Energien vom Oktober 2022 wurden 146 Megawatt für Biomassevorhaben zugeteilt. Die Vergütung für Strom aus diesen Projekten liegt bei durchschnittlichen 93,09 Euro pro Megawattstunde.

Obwohl der Biomassestrom teurer war als derjenige aus der konkurrierenden Fotovoltaik, setzt das spanische Umweltministerium auf ihn. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der Biomassestrom genutzt werden kann, wenn er gebraucht wird. Damit ergänzt er schwankungsanfälligere erneuerbare Energieträger.

Im Rahmen des spanischen Aufbau- und Resilienzplans stehen 150 Millionen Euro  Fördermittel für Biogasanlagen bereit. Gefördert werden zum Beispiel Anlagen zur Produktion von Biogas mittels anaerober Verstoffwechselung und die Herstellung von Biomethan. Auch die Aufbereitung von Gärresten für die Landwirtschaft stehen auf der Agenda.

Kraftstoffe für Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge rücken in den Fokus

In den vergangenen Monaten wurden zudem umfangreiche Pläne zur Herstellung von Biokraftstoffen in Spanien bekannt. So will die dänische Reederei Maesk rund 10 Milliarden Euro investieren, um klimafreundlichen Treibstoff für Schiffe herzustellen. Zudem kooperieren spanische Erdölkonzerne mit Fluggesellschaften bei der Produktion von Biokerosin

Die Unternehmen Cepsa und BeGas gründeten im Januar 2023 eine Initiative zur Dekarbonisierung des städtischen Verkehrs. Zur Zielgruppe gehören Autobusse, Lieferfahrzeuge und Abfallsammelfahrzeuge. Hersteller von Motoren und Fahrzeugen, Energieproduzenten und Verbraucher sollen auf einer gemeinsamen Plattform verbunden werden.

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