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Branche kompakt | Ungarn | Bauwirtschaft

Markttrends

Der Infrastruktur- und Wohnungsbau soll 2025 wieder Fahrt aufnehmen. Mit einem deutlichen Aufschwung rechnet die Bauwirtschaft vorerst aber nicht.

Von Kirsten Grieß | Budapest

Die Baubranche bleibt eines der Sorgenkinder der ungarischen Wirtschaft. Mit der kurzen Erholungsphase nach der Coronapandemie ist seit 2023 Schluss: Die Bauleistung schrumpfte um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 2024 ging der Produktionswert nach ersten Daten des ungarischen Statistikamtes (KSH) erneut um 0,4 Prozent zurück. Verantwortlich dafür sind deutlich gestiegene Erzeugerpreise und ein staatlicher Investitionsstopp, der 2022 so gut wie alle geplanten Infrastrukturprojekte auf Eis legte.

Die Stimmung im Baugewerbe bleibt gedämpft

Für 2025 sind die Erwartungen durchwachsen. Analysten des Forschungsnetzwerks EUROCONSTRUCT rechnen aber mit einer ersten Trendwende. Nach Zuwächsen von 2,8 Prozent in diesem Jahr, soll 2026 bereits ein Plus von 4,3 Prozent erreicht werden. Branchenvertreter geben sich indes verhaltener: Der Geschäftsführer der DVM-Immobiliengruppe, Tibor Massány, zweifelt etwa an einer schnellen Verbesserung der Lage. In einem Interview vom Dezember 2024 geht er davon aus, dass die Bauleistung 2025 kaum wachsen werde. Nichtsdestotrotz setzt die Branche große Hoffnungen auf die Effekte öffentlicher Investitionen und den Start mehrerer Förderprogramme. 

Marktvolumen der Bauwirtschaft in Ungarn In Milliarden Euro, Veränderung in Prozent

Kennziffer

2024 *)

Veränderung 2024/2023

Wert der erbrachten Bauleistungen insgesamt, davon

19,6

-0,4

  Hochbau

12,1

-0,5

  Tiefbau / Infrastrukturbau

7,5

-1,0

* durchschnittlicher Umrechnungskurs 2024: 1 Euro = 395,30 Forint.Quelle: Ungarisches Statistikamt (KSH) 2025

Nach zwei Jahren Stillstand könnte 2025 wieder Bewegung in den staatlichen Infrastrukturbau kommen. Seit dem Investitionsstopp wurden lediglich größere Straßenprojekte fortgeführt, neue Investitionen waren selten. Das soll sich jetzt ändern. Der Haushalt für 2025 sieht die Aufnahme von 500 eingestellten und 300 neuen Baumaßnahmen vor. Der Gesamtwert soll an 30 Milliarden Euro heranreichen, für 2025 sind Ausgaben von rund drei Milliarden Euro geplant. 

800

staatliche Baumaßnahmen sollen 2025 wiederaufgenommen oder neu gestartet werden. 

Ehrgeizige Investitionspläne der öffentlichen Hand

Details zu den Projekten sind noch nicht bekannt. Klar ist nur, dass der Bau einer neuen Donaubrücke bei Mohács und der damit verbundenen Straßenanschlüsse einen erheblichen Teil der Gelder binden werden. Darüber hinaus sind nur kleinere Straßen- und Schienenprojekte, Investitionen in lokale Wasser- und Klärwerke sowie kommunale Infrastrukturen bestätigt. Außerdem will der Konzessionshalter MKIF, Betreiber von knapp zwei Dritteln des ungarischen Autobahnnetzes, 2025 einen zehnjährigen Investitionszyklus starten. Auf dem Programm stehen umfassende Autobahnsanierungen, allein 600 Straßenkilometer sollen neu- oder ausgebaut werden.

Die staatlichen Investitionspläne sind ehrgeizig. Mit Verzögerungen bei der Umsetzung ist zu rechnen. Aus budgetärer Sicht haben sich die Voraussetzungen für öffentliche Investitionen aber etwas verbessert. Budapest kann inzwischen auf Teilsummen an freigegebenen EU-Mitteln zurückgreifen. Gezielt für Infrastrukturprojekte soll ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro der Europäischen Investitionsbank (EIB) eingesetzt werden, ein Kredit chinesischer Banken in gleicher Höhe steht ebenfalls bereit. 

Wohnungsbau ist neues Kernthema der Regierung 

Die Wiederbelebung des schwächelnden Wohnungsbaus ist Kernthematik des neuen wirtschaftlichen Aktionsplans der Regierung. Mit nur 13.295 übergebenen Wohnungseinheiten war 2024 das schwächste Jahr seit 2016. Neue Fördermaßnahmen sollen Privathaushalte zu Wohnungsinvestitionen bewegen. Dabei handelt es sich vorwiegend um zinsvergünstigte Darlehen und Zuschüsse. Hinzu kommt ein staatliches Förderprogramm für Immobilienfonds in Höhe von umgerechnet rund 740 Millionen Euro. Idealerweise ließen sich damit gleich zwei Ziele erreichen: Der kriselnden Bauwirtschaft auf die Beine zu helfen und vor den Parlamentswahlen 2026 erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. 

Analysten und Branchenvertreter räumen ein, dass die Programme die Nachfrage im Wohnungsbau tatsächlich ankurbeln könnten. Der Impuls beschränke sich aber auf Eigentumswohnungen. Die größten Effekte erwarten sie von der auf 2025 begrenzten Option einer steuerfreien Verwendung freiwilliger Pensionseinlagen. Die Ersparnisse können in den Kauf oder Bau einer Wohnung, eines Grundstückes, Renovierungsarbeiten oder die Tilgung von Wohnungsbaukrediten investiert werden. Nach Einschätzungen von EUROCONSTRUCT werden private Mittel dabei primär in den Kauf von Sekundärbestand und Sanierungsarbeiten fließen, weniger in Neubauprojekte. 

Ein Großprojekt im Zentrum der Hauptstadt könnte indes zum Game-Changer für die Bauwirtschaft werden: Nachdem ein Areal von 85 Hektar um den Rangierbahnhof Rákosrendező von der ungarischen Regierung an einen Investor aus Abu Dhabi verkauft werden sollte, schaltete sich Ende 2024 die Budapester Stadtverwaltung ein und machte ihr Vorkaufsrecht geltend. Auf dem Gelände soll jetzt ein neuer Stadtteil mit erschwinglichem Wohnraum entstehen. Der Entwicklungsplan liegt seit 2013 vor. Die Revitalisierung der Flächen, der Bau neuer Infrastruktur und der Wohnungsbau wird Milliarden verschlingen, die Stadt Budapest setzt dafür auch auf private Investoren. 

Industriebau könnte Scheitelpunkt erreicht haben

Vergleichsweise gut lief es bislang im Industriebau. Ungarns Regierung warb in den vergangenen Jahren mit Erfolg ausländische Großinvestitionen an, darunter auch neue Giga-Fabriken etwa von BMW, CATL oder BYD. Das hat die Bauaktivitäten in diesem Segment zuletzt spürbar nach oben getrieben. Und für die ungarische Regierung könnte es mit dem Investitionsboom auch gerne weitergehen: Zielmarke seien 100 neue Fabriken im Jahr 2025, wie Ministerpräsident Viktor Orbán in seiner Rede zur Lage der Nation verkündete.

Ob sich diese Zahl verwirklichen lässt, ist angesichts der globalen Handelskonflikte aber mehr als ungewiss. Aus Investitionsankündigungen des Vorjahres lässt sich zwar ablesen, dass weitere Industrieprojekte anstehen. Sie fallen aber deutlich kleiner aus und umfassen oft nur Werkserweiterungen, keine Neubauten. EUROCONSTRUCT blickt auch eher pessimistisch auf das Jahr 2025 und rechnet mit einem Einbruch der Bauleistung um 10 Prozent. Vielleicht fällt der Rückgang schwächer aus, mit satten Zuwächsen an Industriebauten wird es aber wohl nicht weitergehen.

Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in Ungarn
Akteur/Projekt

Investitionssumme (in Mio. Euro)

ProjektstandAnmerkungen
Ausbau des Kernkraftwerks PAKS (zwei Reaktorblöcke von je 1.200 MW brutto)

12.500; russischer Kredit von 10.000

Fertigstellung voraussichtlich 2032

PAKS II. Zrt.

Generalunternehmen: JSC ASE EC - Tochter des russischen Rosatom-Konzerns

Modernisierung und Ausbau Bahnstrecke Budapest - Belgrad

über 2.000; Kreditvertrag mit Chinas Eximbank über 1.855 Millionen Euro wurde Ende April 2020 unterzeichnet

geplante Fertigstellung 2025Joint Venture Kínai-Magyar Vasúti Nonprofit Zrt.
Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahnverbindung Budapest - Bratislava - Warschau (250 bis 350 km/h; ungarischer Abschnitt: 170 km)

k.A.; Finanzierung aus der Connecting Europe Facility (CEF) angestrebt

Machbarkeitsstudie erstelltMinisterium für Bau und Verkehr
BYD Kfz-Werk Szeged

mehrere Mrd. Euro

Baubeginn Anfang 2024, geplante Fertigstellung Ende 2025BYD Auto Hungary Kft.
Donau Brücke bei Mohács und dazu gehörende Straßenanbindungen

975

Baubeginn Q4 2024, Fertigstellung 2028Ministerium für Bau und Verkehr
Verlängerung M3 Autobahn von Nyíregyháza zur Rumänischen Grenze 28,0 + 17,5 km

450 + 400

erste Phase wird von Duna Aszfalt gebaut, zweite ist in Vorbereitung, Fertigstellung bis Ende 2026Ministerium für Bau und Verkehr
Erdöl-Pipeline Ungarn - Serbien (Ungarische Strecke 190 km)

325

Machbarkeitsstudie von Mol erstellt, Fertigstellung bis 2028 Ungarisch-Serbisches Projekt

Duna Terasz Vista

Wohnungsbauprojekt Budapest, 2 Wohngebäude mit 632 WE und Umgestaltung der ehemaligen Industriefläche für Freizeit/Sport

k.A.

Fertigstellung bis 2026D&B Real-Estate Gruppe

Neues Stadtquartier Zugló in Budapest

7 AA+ Bürogebäude, 1 Wohnungskomplex (168 WE), 1 Einkaufszentrum (11.000 m2), Fußgängerzone und Freizeitparks (42.000 m2

k.A.

Fertigstellung Q2 2026Bayer Construct, Nationaler Vermögensverwalter Ankauf Mitte 2023 für 625 Mio. Euro 

Kincsem by Bayer 

Wohnungsbauprojekt am Örs Vezér tér, Budapest, 1.385 WE

k.A.

Fertigstellung Q2/Q3 2026Bayer Construct
Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest

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