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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz
Das Thema ist in Kenia noch ein Nischenmarkt. In den kommenden Jahren wird die Bedeutung jedoch stark zunehmen.
25.04.2025
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Die Themen "nachhaltiges Bauen" und "Energieeffizienz" sind in Kenia zwar noch Nischenthemen, allerdings wachsen die Bereiche schnell und Lösungen werden lokal nur bedingt angeboten. Vieles muss noch teuer importiert werden.
In erster Linie sind es internationale Unternehmen oder Organisationen wie die UN oder die Weltbank sowie Botschaften, die sich Nachhaltigkeitsstandards setzen, vor allem bei Bürogebäuden aber auch bei neuen internationalen Hotelketten und teilweise Produktionsstätten. Bisher achteten diese Akteure vor allem bei Neubauten auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards. Möglich ist dies jedoch auch bei der Nachrüstung existierender Gebäude.
LEED-Siegel als Goldstandard
Häufig werden die Standards des LEED-Siegels (Leadership in Energy and Environmental Design) angewendet, einer US-Zertifizierung, die weltweit am meisten verbreitet ist. Marktkenner schätzen, dass derzeit etwa zehn Gebäude in der Millionenstadt Nairobi nach LEED-Standards gebaut wurden. Weitere werden hinzukommen, auch wenn mit hohen Zusatzkosten zu rechnen ist. Durch die kürzliche Fertigstellung des Global Trade Centres (GTC) in Nairobi-Westlands ist der Markt für hochwertige Büroflächen vorerst gesättigt. Der Bau weiterer Bürotürme dürfte zunächst auf sich warten lassen.
In Kenia gibt es auch Beispiele von "Affordable Housing" Projekten, die von internationalen Investoren finanziert werden. Affordable Houses sind in der Regel preisgünstige Wohnblöcke, die im Rahmen solcher Projekte in größerer Anzahl auf der "grüne Wiese" errichtet werden. In diesem Fall sind es die Investoren, die ausländische Standards nach Kenia bringen.
EDGE-Zertifikat hat sich in Kenia schnell verbreitet
In der Regel wird das weniger strikte und damit kostengünstigere EDGE-Siegel angewendet, welches von der zur Weltbank gehörenden International Finance Corporation (IFC) ins Leben gerufen wurde. Dieses Zertifikat wird vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern angewendet. Das EDGE-Zertifikat hat sich in den letzten Jahren gegen andere Zertifizierungen durchgesetzt und legt seinen Fokus auf die Verbrauchsreduzierung in den drei Komponenten Energieverbrauch, Wasserverbrauch und gebundenes Kohlendioxid in Baumaterialien. Die IFC vergibt in diesem Zusammenhang auch zinsgünstige Kredite für den Bau von Gebäuden, die diese Kriterien erfüllen.
Bei solchen Wohnungsbauprojekten kommen unter anderem sanitäre Anlagen mit geringem Wasserverbrauch zum Einsatz sowie Bewegungsmelder und energieeffiziente Beleuchtung in Gemeinschaftsbereichen. Großes Einsparpotenzial besteht zudem bei der Kochenergie sowie der Nutzung von Solarstrom auch für Heißwasser im Mietwohnungsbau.
Im gemäßigten Hochland ist das Potenzial für Isolierungen begrenzt
Das kenianische Hochland, auf dem sich auch Nairobi befindet, ist klimatisch eine sehr gemäßigte Region. Heizen und Kühlen sind hier nicht unbedingt notwendig und damit braucht es auch keine allzu ausgefeilten Isolierungslösungen. Es gibt zwar Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, allerdings reicht eine normale Außenmauer in der Regel als Wärmespeicher aus. High-Tech-Lösungen sind dafür nicht nötig. Deutsche Anbieter zum Beispiel von hochwertigen Fenstern haben es deshalb schwer, zumal die Produkte importiert werden müssen und dadurch die Menge an gebundenem Kohlendioxid ansteigt.
An der Küste, an der sich die Millionenstadt Mombasa sowie zahlreiche Touristenorte mit Hotels befinden, ist das Klima hingegen tropisch, also feucht-heiß. Hier sind auch die Erfordernisse anders. Um den Einsatz von Klimaanlagen zu reduzieren, sind "kühlende" Dachkonstruktionen, die Verschattung von Räumen durch Nord-Süd-Ausrichtung der Fenster oder Fassadentechnik noch wichtiger als im Hochland.
Solaraufdachanlagen sind populär – weil sie auch isolieren
Da die Sonne im in Äquatornähe liegenden Kenia meist von oben kommt, spielt die Isolierung des Daches eine zentrale Rolle. Solaraufdachanlagen sind auch deshalb sehr populär, weil sie eine zusätzliche Isolierung gegen die Sonne bieten. Ansonsten werden Isolierungslösungen für Dächer derzeit weniger angeboten und der Markt ist noch nicht gesättigt.
Für deutsche Hersteller zum Beispiel von Warmwassertechnik (Wärmetauscher) oder Elektrotechnik für die energetische Steuerung von Innenräumen könnte Kenia einen interessanten Markt bieten. Gleiches gilt für Sanitär- und Küchentechnik. Gute Verkaufschancen bestehen insbesondere bei zertifizierten Gebäuden. Der restliche Hochbausektor ist äußerst preissensibel und wird von Billigkonkurrenz aus Asien dominiert. Deutsche Produkte verfügen hier kaum über Absatzchancen importierter Produkte.
Anders könnte es aussehen, wenn man lokal produziert und preislich konkurrenzfähige Lösungen für den Massenmarkt anbietet. Für Start-ups, die an neuen günstigen Werkstoffen tüfteln, könnte Kenia ein interessanter Markt sein, der sich auch auf andere ähnlich strukturierte afrikanische Märkte übertragen ließe. Insbesondere preisgünstige Werkstoffe, die den CO2-intensiven Beton ersetzen könnten, dürften einen Markt haben.
Verband KGBS als gute Anlaufstelle
Wer sich über den Sektor informieren möchte, kann sich an den Verband Kenya Green Building Society (KGBS) wenden. Im Februar 2025 veröffentlichte KGBS den hilfreichen Green Buildings Pocket Guide (2025), an dessen Ende auch Daten zu Gebäuden, die in Nairobi als "green building" zertifiziert wurden aufgeführt sind.