Ein Unternehmer, der einen Arbeitnehmer beschäftigt, hat für dessen Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Hierfür muss er entsprechende Vorkehrungen treffen, um Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vorzubeugen (Artikel 14 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995). Vorbeugungsmaßnahmen sollen sich dabei u.a. an folgenden Prinzipien orientieren: Risiken vermeiden, Risiken bewerten, die sich nicht vermeiden lassen, Ursachen von Risiken bekämpfen, Arbeit an den Arbeitnehmer anpassen, technische Fortschritte beachten, Prävention planen, Arbeitnehmer instruieren (Artikel 15 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995).
Hierzu gehört es beispielsweise einen Plan auszuarbeiten, mittels dessen Arbeitsrisiken vorgebeugt werden soll (plan de prevención de riesgos laborales). Er enthält die Organisationsstruktur, die Verantwortlichkeiten, die Funktionen, die Gewohnheiten, Verfahren, Prozesse und Ressourcen, die notwendig sind, um Risiken im Unternehmen zu vermeiden (Artikel 16 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Für die Verwaltung und Anwendung des Risikoplans ist es zunächst erforderlich, die Risiken zu bewerten und die Vorbeugungsmaßnahmen zu planen (Artikel 16 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995).
Der Unternehmer muss seine Arbeitnehmer über alle sicherheitsrelevanten Aspekte informieren. Hierzu gehören die Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit, die Präventions- und Schutzmaßnahmen, Notfallmaßnahmen (Artikel 18 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Der Unternehmer muss sicherstellen, dass die Arbeitnehmer für ihre Aufgaben hinreichend in Theorie und Praxis geschult sind (Artikel 19 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995).
Den Unternehmer treffen auch Dokumentationspflichten. Hierzu muss er folgende Dokumente ausarbeiten und aufbewahren, damit er sie ggf. der Arbeitsinspektion vorlegen kann (Artikel 23 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995):
Plan, mittels dessen Arbeitsrisiken vorgebeugt werden soll gemäß Artikel 23 Absatz 1 lit. a und 16 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995;
Bewertung der Risiken für die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz gemäß Artikel 23 Absatz 1 lit. b und 16 Absatz 2 lit. a Gesetz Nr. 31/1995, inklusive der Resultate der regelmäßigen Kontrollen der Arbeitsbedingungen;
Planung der vorbeugenden Maßnahmen gemäß Artikel 23 Absatz 1 lit. c und 16 Absatz 2 lit. b Gesetz Nr. 31/1995;
Ausführung der Gesundheitskontrollen der Arbeitnehmer gemäß Artikel 23 Absatz 1 lit. d und 22 Gesetz Nr. 31/1995;
Zusammenhang von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, wenn der Arbeitnehmer mehr als einen Arbeitstag arbeitsunfähig ist gemäß Artikel 23 Absatz 1 lit. e Gesetz Nr. 31/1995. In diesen Fällen muss der Unternehmer auch die zuständige Arbeitsbehörde schriftlich über die Schäden, die der Arbeitnehmer erlitten hat, informieren (Artikel 23 Absatz 3 Gesetz Nr. 31/1995). Arbeitsunfälle müssen online über das System Delt@ gemeldet werden, Berufskrankheiten müssen je nachdem, worüber der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer abgesichert hat, dem Nationalen Institut für soziale Sicherheit (Instituto Nacional de Seguridad Social, kurz: INSS) oder der Berufsgenossenschaft (Mutua Colaboradora con la Seguridad Social) angezeigt werden. Einzelheiten zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten enthält der Abschnitt "Absicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten" dieses Länderberichts zu Spanien.
Sind mehrere Unternehmen an einer Arbeitsstätte tätig, so müssen sie im Bereich der Prävention von Risiken am Arbeitsplatz zusammenarbeiten (Artikel 24 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Der Unternehmer, der die Kontrolle über die Arbeitsstätte hat, muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit die anderen Unternehmen die notwendigen Informationen und Anweisungen für die Vermeidung von Risiken am Arbeitsplatz sowie zu Notfallmaßnahmen erhalten (Artikel 24 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995). Wer Subunternehmen mit der Durchführung von Arbeiten beauftragt, muss dafür sorgen, dass auch die Subunternehmen die Sicherheitsmaßnahmen einhalten (Artikel 24 Absatz 3 Gesetz Nr. 31/1995). Im Rahmen von Bauprojekten organisiert der Sicherheitskoordinator für die Durchführungsphase der Bauarbeiten die Koordinierung zwischen den Unternehmen (Artikel 9 lit. d Königliche Verordnung Nr. 1627/1997) (vgl. auch weiter unten Abschnitt "Besonderheiten für Baustellen" dieses Länderberichts). Einzelheiten sind in der Königlichen Verordnung Nr. 171/2004 vom 30.1.2004 (Real Decreto por el que se desarrolla el artículo 24 de la Ley 31/1995) geregelt.
Auch die Arbeitnehmer treffen Pflichten im Bereich der Sicherheit am Arbeitsplatz. Sie müssen entsprechend ihrer Möglichkeiten und unter Anwendung der Sicherheitsmaßnahmen auf ihre eigene Sicherheit und die anderer, die durch ihre Arbeiten betroffen sein könnten, achten (Artikel 29 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Hierfür müssen sie insbesondere ihre Arbeitsmittel entsprechend der Schulung und den Anweisungen durch den Arbeitgeber benutzen, ihre Schutzausrüstung korrekt nutzen und dürfen Sicherheitsmaßnahmen nicht umgehen oder ausschalten. Auch müssen sie ihren direkten Vorgesetzten und die für die Prävention von Risiken am Arbeitsplatz zuständigen Organe im Unternehmen über Umstände, die eine unmittelbare und ernsthafte Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern darstellen, informieren (Artikel 29 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995). Verstöße gegen die Pflichten im Bereich der Prävention von Risiken am Arbeitsplatz, wird als Nichterfüllung des Arbeitsvertrages mit den in Artikel 58 Absatz 1 (Ley del Estatuto de los trabajadores) vorgesehenen Folgen gewertet (Artikel 29 Absatz 3 Gesetz Nr. 31/1995).
Der Unternehmer muss einen oder mehrere hierfür geeignete Arbeitnehmer mit der Prävention von Risiken am Arbeitsplatz betrauen (Artikel 30 Absatz 1 und 2 und Artikel 31 Absatz 3 Gesetz Nr. 31/1995). Bei Unternehmen bis 10 Arbeitnehmer kann der Unternehmer diese Aufgabe übernehmen, sofern er üblicherweise an der betroffenen Arbeitsstätte arbeitet und auch die notwendigen Kenntnisse hat. Das Gleiche gilt, wenn er sogar bis zu 25 Arbeitnehmer beschäftigt, diese aber an einer einzigen Arbeitsstätte tätig sind (Artikel 30 Absatz 5 Gesetz Nr. 31/1995). Ist das Unternehmen zu groß, sind die Risiken oder Gefahren zu groß, als dass einige Arbeitnehmer sich um die Prävention der Risiken kümmern können, braucht der Unternehmer einen Präventionsdienst (servicio de prevención). Diesen kann er entweder intern einrichten oder einen externen Präventionsdienst beauftragen (Artikel 31 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Ein Unternehmer, der keinen externen Präventionsdienst beauftragt hat, muss seinen internen bewerten lassen (Artikel 30 Absatz 6 Gesetz Nr. 31/1995). Die externen Präventionsdienste wiederum benötigen von der Arbeitsbehörde eine Genehmigung (Artikel 30 Absatz 7 Gesetz Nr. 31/1995).
Der Unternehmer muss die Arbeitnehmer rechtzeitig bei bestimmten Fragen zum Arbeitsschutz konsultieren (Artikel 33 Absatz 1 Gesetz Nr. 31/1995); die Arbeitnehmer haben ein Recht darauf, bei Fragen zur Prävention von Risiken am Arbeitsplatz beteiligt zu werden (Artikel 34 Absatz 1 Satz 1 Gesetz Nr. 31/1995). Arbeiten in dem Unternehmen oder an der Arbeitsstätte sechs oder mehr Arbeitnehmer, so läuft die Teilhabe der Arbeitnehmer über für diese Fragen speziell eingerichtete Organe im Unternehmen (Artikel 34 Absatz 1 Satz 2 Gesetz Nr. 31/1995). Hierbei geht es insbesondere um die Präventionsbeauftragten und das Sicherheits- und Gesundheitskomitee:
Darüber hinaus gibt es Präventionsbeauftragte (delegados de prevención) im Unternehmen. Sie sind Vertreter der Arbeitnehmer mit spezifischen Funktionen im Bereich der Vorbeugung von Risiken am Arbeitsplatz (Artikel 35 Absatz 1 und Artikel 36 Gesetz Nr. 31/1995). Sie werden von der Personalvertretung ernannt. Deren Anzahl hängt von der Anzahl der Arbeitnehmer ab (Artikel 35 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995).
Sicherheits- und Gesundheitskomitee (Comité de Seguridad y Salud) ist ein Konsultationsorgan im Bereich der Prävention von Risiken am Arbeitsplatz (Artikel 38 Absatz 1 und Artikel 39 Gesetz Nr. 31/1995). Es ist in solchen Unternehmen oder Arbeitsstätten einzurichten, wo 50 oder mehr Arbeitnehmer arbeiten. Es ist paritätisch besetzt: einerseits mit den Sicherheitsbeauftragten, andererseits mit dem Unternehmer und / oder dessen Vertretern in gleicher Zahl wie die Sicherheitsbeauftragten (Artikel 38 Absatz 2 Gesetz Nr. 31/1995). Es kommt quartalsweise oder wenn es angerufen wird, zusammen (Artikel 38 Absatz 3 Gesetz Nr. 31/1995).