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Special | Spanien | Start-ups

Ausgereiftes Ökosystem mit neuem Rechtsrahmen für Start-ups

Die Vielfalt der spanischen Start-ups bildet sich in einem breit gefächerten Ökosystem ab. Das neue Start-up-Gesetz soll die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts verbessern. 

Von Oliver Idem | Madrid

  • Steckbrief Start-ups in Spanien

    Von Oliver Idem | Madrid

  • Neues Gesetz für Start-ups in Kraft getreten

    In den beiden größten Städten Madrid und Barcelona tummeln sich die meisten Start-ups. Finanzen und E-Commerce bilden aktuelle Schwerpunkte von Gründungen.

    Die Wirtschaftszeitung Actualidad Económica identifizierte 2022 E-Commerce und die Entwicklung neuer Apps als besonders vielversprechende Felder für Unternehmensgründungen. 

    Insgesamt bilden klassisch bedeutsame spanische Wirtschaftszweige einen guten Nährboden für Gründungen und das dazugehörige Ökosystem. Dazu zählen Mobilität, Landwirtschaft und Nahrungsmittel sowie Tourismus und Gastronomie. 

    Hinzu kommen weitere Felder mit einer dynamischen Entwicklung wie Informations- und Kommunikationstechnik. Auch im Bereich Umwelt und Gesundheit sind viele Start-ups aktiv. Andere konzentrieren sich auf Luft- und Raumfahrt, Logistik oder Finanzdienstleistungen.

    Eine schnelle Orientierung zum spanischen Ökosystem bietet eine Internetseite der Wirtschaftsfördergesellschaft ICEX - Invest in Spain. Diese enthält unter anderem größere Finanzierungsrunden aus der jüngeren Vergangenheit, aber auch Übersichtskarten zu Inkubatoren und Acceleratoren auf der iberischen Halbinsel.

    Spaniens Millionenstädte beherbergen die meisten Start-ups

    Spanien befindet sich laut der Wirtschaftszeitung Expansión auf dem vierten Rang in Europa, was die Anzahl der Start-ups betrifft. Nur im Vereinigten Königreich, in Frankreich und Deutschland sind noch mehr Jungunternehmen aktiv.

    Den Nährboden für neue Unternehmen bilden die beiden größten Städte Spaniens, Madrid und Barcelona. Diese liefern sich in der Bedeutung ein stetiges Kopf-an-Kopf-Rennen. Im Jahr 2021 konnte Madrid die höhere Investitionssumme in Start-ups verzeichnen. In Barcelona war hingegen die Anzahl der Transaktionen höher.

    An der Ostküste befindet sich mit Valencia ein weiterer Gründungs-Hotspot. Auf der Landkarte der Start-ups etablieren sich auch das baskische Bilbao und Sevilla in Andalusien. Ebenfalls in Andalusien macht Málaga als Standort eines wachsenden Technologieparks und der Digital Enterprise Show 2023 auf sich aufmerksam. Letztere zählt als Mischung aus Messe und Kongress zu den drei großen Events für innovative Unternehmen. 

    Internationale Bekanntheit genießt vor allem der Mobile World Congress mit der angegliederten Veranstaltung Four Years From Now in Barcelona. Madrid beherbergt den jährlichen South Summit. Dieser versteht sich als Plattform, um die Akteure des Ökosystems zu vernetzen.

    Hohe Softwareausgaben und geringe Produktivitätszunahme

    Der Global Innovation Index 2022 bescheinigt Spanien ausgeprägte Stärken und Schwächen. Bei den Softwareausgaben gemessen an der Wirtschaftsleistung zählt das Land zur Spitzengruppe. Auch hinsichtlich der Einschreibungsraten an Hochschulen steht Spanien sehr gut da.

    Besonders schlecht schneidet das Land hingegen bei der Entwicklung der Arbeitsproduktivität ab. Deren Zuwachs bleibt weit hinter dem Fortschritt anderer Staaten zurück.

    Auswahl an Acceleratoren in Spanien

    Name

    Fokus

    Anmerkungen

    Impact Accelerator

    Smart Agrifood, Smart Cities, Smart Content, Smart Manufacturing und demnächst Connected Car

    Seit 2014 aktiv mit dem Ziel, führende europäische Start-ups zu entwickeln

    Lanzadera

    Integriertes Konzept aus Accelerator und Inkubator mit starkem Fokus auf der Vernetzung von Akteuren

    Gehört Juan Roig, dem Eigentümer der Supermarktkette Mercadona

    SeedRocket

    Technologie

    Gegründet 2008 als nach eigenen Angaben erster Technologie-Accelerator Spaniens

    Startup Bootcamps

    IoT (Internet of Things) und Big Data Unternehmen in Barcelona

    Mehrere Industrie-orientierte internationale Programme mit unterschiedlichen Schwerpunkten je nach Standort

    Endeavor

    Starker Fokus auf Mentoring für Scale-ups

    Globale Präsenz; hilft schnell wachsenden Unternehmen beim Aufbau einer langfristigen Strategie

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Auswahl an Inkubatoren in Spanien

    Name

    Fokus

    Anmerkungen

    Digital Assets Deployment (DAD)

    Internet-Geschäft und Technologie 2.0

    Seed-Capital-Konzept mit starker internationaler Präsenz in Europa, den USA, China und Lateinamerika 

    Google for Startups  Campus

    In Madrid digitale Transformation, E-Commerce, Gesundheit und Wellness sowie Reisetechnologien

    Gesamtkonzept aus Räumen für Start-ups und Förderprogrammen mit digitaler Akademie

    Wayra

    Disruptive Start-ups mit technischen Lösungen

    Gehört zum Kommunikationskonzern Telefónica und ist auch in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Mittel- sowie Südamerika aktiv

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Die Rahmenbedingungen für die Gründung und Führung eines Start-ups in Spanien sollen durch ein neues Gesetz verbessert werden. Nach mehreren Jahren Vorbereitung unter Einbeziehung vieler Stakeholder und Analysen von Gesetzen anderer Länder ist es zum Jahresbeginn 2023 in Kraft getreten.

    Es soll das Umfeld für Talente, Gründungen und Investitionen wettbewerbsfähig machen. Die Staatssekretärin für Digitalisierung Carme Artigas ging im November 2022 davon aus, dass sich die Gelder, die in spanische Start-ups fließen werden, um etwa 20 bis 25 Prozent erhöhen im Vergleich zum Zeitraum vor dem neuen Gesetz.

    Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören steuerliche Vorteile und die Regelung von grenzüberschreitender Telearbeit. Start-ups, die bereits Gewinne erwirtschaften, profitieren in den ersten vier Jahren von reduzierten Steuersätzen. Beschäftigte von Start-ups mit Aktienoptionen ihres Unternehmens werden durch das neue Gesetz besser gestellt. Investitionen in Start-ups bringen zudem mehr steuerliche Vorteile mit sich als zuvor.

    Ein Ziel der neuen Rahmenbedingungen ist, spanische Talente zu halten und ausländische anzulocken. Insbesondere bei nicht ortsgebundenen Tätigkeiten befindet sich Spanien in einer guten Position. Landschaftliche Reize, Freizeitwert und Kultur gehören zu den Standortvorteilen im Werben um "digitale Nomaden".

    In der Entlassungswelle bei internationalen Technologiekonzernen könnte eine Chance für das Land liegen. Bei aufstrebenden spanischen Unternehmen dürften manche dieser Fachkräfte Interesse wecken.

    Für die Akkreditierung von Start-ups in Spanien ist weiterhin die Empresa Nacional de Innovación (ENISA) zuständig. Im Januar 2023 erwartete das Staatsunternehmen noch den Ministerialerlass mit den Einzelheiten zu seiner künftigen Rolle.

    Internationale Ausrichtung verbessert die Aussichten auf Risikokapital

    Bislang verfügen spanische Fonds, die in Start-ups investieren, im Durchschnitt über eine dünnere Kapitaldecke als viele ausländische Geldgeber. Darum ist es für expandierende junge Unternehmen besonders lohnend, nach internationalen Geldgebern Ausschau zu halten. 

    Auf andere Märkte übertragbare Geschäftsmodelle, die sich gut hochskalieren lassen, sind dafür gute Argumente. Nicht jedes Unternehmen geht aber wirklich den Schritt ins Ausland. Mit den Regelungen des neuen Gesetzes sollen mehr wachstumsstarke Start-ups im Land gehalten werden.

    Die in den letzten Jahren zu "Einhörnern" aufgestiegenen spanischen Jungunternehmen verfügen meist über mehrere Standbeine. Die Beteiligung ausländischer Investoren hat ihnen eine breite Kapitalbasis und gute Expansionschancen ermöglicht.

    Top Start-ups in Spanien

    Name

    Bewertung in Mio. Euro

    Branche

    Glovo

    2.300

    Lieferdienst

    Jobandtalent

    2.000

    Jobbörse

    eDreams

    1.500

    Reiseagentur

    Wallbox

    1.500

    Ladetechnik für Elektrofahrzeuge

    Cabify

    1.400

    Fahrdienst

    Idealista

    1.321

    Immobilienportal

    Devo

    1.300

    Cybersicherheit

    Travelperk

    1.000

    Agentur für Geschäftsreisen

    Flywire

    1.000

    Digitale Zahlungslösungen

    Quelle: Onlinezeitung El Referente für Unternehmen, Start-ups und Innovation 2022

    Zwischen Juni und Oktober 2022 erreichten laut Wirtschaftszeitung Expansión fünf weitere Unternehmen den Einhorn-Status. Dabei handelte es sich um den Clouddienstleister Devo und die Testplattform Copado. Außerdem stiegen der Onlinekurs-Anbieter Domestika und der Veranstaltungsticket-Dienst Fever zu den "Einhörnern" auf. Zuletzt wurde das Softwareunternehmen Factorial mit Personaldienstleistungslösungen für kleine und mittlere Unternehmen in den Kreis aufgenommen.

    Von Oliver Idem | Madrid

  • Start-ups können private und staatliche Unterstützung nutzen

    Die Finanzmittel für spanische Start-ups stammen zumeist aus privaten Quellen. Internationale Investmentfonds spielen wegen ihrer hohen Kapitalausstattung eine wichtige Rolle. 

    Bei den Finanzierungsquellen für spanische Start-ups dominieren private Geldgeber gegenüber öffentlichen. Zudem spielen internationale Investmentfonds eine ebenso wichtige Rolle wie inländische Finanziers.

    Nach Berechnungen der Stiftung Fundación Innovación Bankinter war 2021 ein Rekordjahr in der Finanzierung von Start-ups. Diese zogen knapp 4,3 Milliarden Euro an Investitionen an. Das Kapital floss in 409 Transaktionen. Bei den "Megarunden" über 100 Millionen Euro zeigte sich ebenfalls eine Zunahme.

    Gegenüber dem Vorjahr stieg das Gesamtvolumen auf nahezu den vierfachen Wert. Die Hälfte des Geldes stammte von ausländischen Investmentfonds. Durch die zunehmend bessere Kapitalausstattung spanischer Fonds finden mehr Runden statt, in denen sie mit internationalen Akteuren zusammen investieren.

    Steiler Anstieg auf 10,5 Millionen Euro pro Finanzierungsrunde

    Im Durchschnitt verdreifachte sich das Volumen pro Runde 2021 auf 10,5 Millionen Euro. In der Summe erhielten Start-ups, die sich mit Geschäftsprozessen und Produktivität befassen, das meiste Geld. Auch Start-ups aus dem Immobiliensektor warben überdurchschnittlich hohe Mittel ein.

    Einige weitere Zweige zeichnen sich nicht durch besonders hohe Investitionssummen, aber viele Transaktionen aus. Dazu zählten 2021 vor allem Fintech und Insurtech sowie Gesundheit und Wellness. 

    Fachverband bündelt die meisten Risikokapitalgesellschaften des Landes

    Die wichtigsten Risikokapitalgesellschaften sind die internationalen Firmen mit weltweiter Präsenz. Spanische Fonds sind eher klein. Die Mittelausstattung eines spanischen Fonds beträgt im Durchschnitt etwa 50 Millionen Euro. Das Maximum liegt bei 150 Millionen Euro.

    Der Verband für Kapital, Wachstum und Investitionen ASCRI (Asociación Española de Capital, Crecimiento e Inversión) hat über 120 Privatgesellschaften für Unternehmensfinanzierung als Mitglieder. Das entspricht etwa 90 Prozent der Private-Equity-Gesellschaften in Spanien.

    Im Internetauftritt von ASCRI besteht die Möglichkeit, Mitgliedsunternehmen nach Investitionsbranchen, Investitionsspanne oder Investitionsphasen zu filtern.

    Zu den wichtigsten spanischen Risikokapitalgesellschaften zählen Caixa Capital Risk, Adara Ventures, Bullnet Capital, Kibo Ventures, Nauta Capital, TheVentureCity, Seaya Ventures, Bonsai, K Fund, Cabiedes & Partners, Indexa Capital und Samaipata.

    Aufbauplan speist drei staatliche Förderprogramme

    Die Brüsseler Finanzhilfen von Next Generation EU verbessern auch das Förderumfeld der öffentlichen Hand für Start-ups. Der spanische Staat unterstützt mit dem Fondo Next Tech insbesondere disruptive Hightech-Unternehmen. Diese Finanzierungsquelle wurde im Juli 2021 ins Leben gerufen und ist auf vier Jahre ausgelegt. Aus dem Staatsbudget fließen 2 Milliarden Euro in den Topf, der als Wagniskapitalgeber fungieren soll. Zudem ist beabsichtigt, dass sich private Unternehmen in gleichem Ausmaß an dem Fonds beteiligen.

    Für die Regierung ist der Fondo Next Tech ein Baustein dafür, die Digitalisierung des Landes voranzutreiben. Entsprechend zielt die Förderung auf Unternehmen, die digitale Projekte mit besonders hoher Wirkung umsetzen. Zudem soll das Wachstum von Digitalunternehmen beschleunigt werden.

    Im Blickfeld befinden sich Technologien und Anwendungen wie künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge und die Verarbeitung großer Datenmengen. Cloud-Computing und Blockchain stehen ebenfalls im Fokus. Weitere Beispiele sind die digitale Verarbeitung natürlicher Sprache, Cybersicherheit sowie Biometrie und digitale Identitäten.

    Die Unternehmenszielgruppe besteht vor allem aus Scale-ups. Wenn diese ausgewählt werden, beträgt die Mindestinvestitionssumme 3 Millionen Euro. Die Regeln des Fonds lassen aber auch die Möglichkeit offen, etwa 1 Million Euro in technisch besonders innovative Start-ups zu investieren.

    Mit dem Programa Aceleración de Startups richtet sich die Regierung an junge Unternehmen in der Wachstumsphase. Diese können individuelle Beratung und einen auf sie abgestimmten Wachstumsplan erhalten. Mit den vorhandenen 42,8 Millionen Euro sollen 6.100 Start-ups bis Ende 2023 unterstützt werden.

    Das dritte Programm Activa Startups dient der Innovationsförderung. Hierbei liegt der Akzent auf der Zusammenarbeit von Start-ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Im Fokus stehen unter anderem die Lösung von technischen Schwierigkeiten, die Entwicklung neuer Produkte und der Einsatz disruptiver Technologien. Auch dieses Programm läuft bis Ende 2023. Für 11.000 Unternehmen stehen pro gefördertem Innovationsprojekt bis zu 40.000 Euro Budgetmittel zur Verfügung.

    Viele junge Unternehmen stützen sich auf eigene Finanzmittel

    Die Finanzierung durch Familie und Freunde spielt für spanische Start-ups eine im europäischen Vergleich große Rolle. Diese eigenen Mittel bildeten laut der Studie Mapa de Emprendimiento 2020 die wichtigste Quelle mit 46 Prozent. Hingegen entfielen nur 5 Prozent auf öffentliche Gelder.

    Risikokapital wurde sehr ungleich über die verschiedenen Etappen genutzt. Diese Finanzierungsform ist vor allem entscheidend, um den Unternehmen einen Anschub nach der Gründung zu geben. Von den insgesamt genutzten Mitteln entfielen 60 Prozent auf die Gründungsphase der Start-ups. Unternehmen in der Zwischenphase vereinigten 32 Prozent des Wagniskapitals auf sich. Auf die Scale-up-Periode entfielen nur 8 Prozent der Risikofinanzierungen. 

    Spanien verfügt auch über Business Angels, die eigenes Kapital nach ihren Kriterien in junge Unternehmen investieren. Ein Teil von ihnen hat sich im Fachverband Asociación Española Business Angels zusammengeschlossen. Dessen Mitgliederverzeichnis listet 28 Partner auf.

    Zudem existieren weitere Business Angels, die ihre Erfahrung meistens aus der erfolgreichen Gründung von Digitalunternehmen schöpfen. Ihre Gesamtzahl ist nicht bekannt. Insgesamt dürfte in Spanien eine dreistellige Anzahl von Business Angels aktiv sein.

    Von Oliver Idem | Madrid

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkung

    Secretaria de Estado de Digitalización e Inteligencia Artificial

    Staatssekretariat für Digitalisierung und künstliche Intelligenz

    Asociación Española de Startups

    Verband von Start-ups 

    Asociación española de empresas de base tecnológica y start-ups para la fabricación avanzada y digital

    Verband von Technologieunternehmen und Start-ups für innovative und digitale Produktion

    Asociación Española de Business Angel Network

    Verband von Business Angels

    Barcelona & Catalonia Startup Hub

    Hub für Start-ups an einem der beiden wichtigsten Hotspots in Spanien

    Digital Enterprise Show

    Mischkonzept aus Messe und Kongress; nächster Termin 13. bis 15.6.23 in Málaga

    Mobile World Congress

    Große Technologie- und Kommunikationsmesse mit dem Event 4 Years from now; nächster Termin 27.2. bis 2.3.23 in Barcelona

    South Summit

    Start-up-Event; nächster Termin 7. bis 9.6.23 in Madrid

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