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Wirtschaftsumfeld | Spanien | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Das Angebot an akademischen Fachkräften ist gut, die duale Ausbildung jedoch noch eine Seltenheit. Spanische Unternehmen finden oft nicht die passenden Talente.

Spanien verfügt über einen großen Pool an Talenten. Akademische Fachkräfte sind dabei für Unternehmen tendenziell leichter zu finden als gewerblich ausgebildete. In Spezialbereichen wie der Offshore-Windenergie und der Wasserstoffwirtschaft kann das Angebot an Fachkräften allerdings noch nicht mit dem Bedarf Schritt halten.

Demografischer Wandel beeinflusst auch den Arbeitsmarkt

Mit einer Geburtenrate auf Rekordtief und einer besonders hohen Lebenserwartung erfährt Spanien einen intensiven demografischen Wandel. Die Alterung der Gesellschaft und damit vieler Fachkräfte schreitet voran. Damit droht einerseits ein Mangel an Expertise. Es bietet sich jedoch auch die Chance, dass die verfestigte hohe Arbeitslosigkeit sinken wird. Die EU-Kommission rechnet nach einem Rückgang der Arbeitslosenquote im Jahr 2024 um 0,6 Punkte auf 11,6 Prozent mit einer Fortsetzung dieses Trends. Für 2025 werden nur noch 11,1 Prozent erwartet.

Sowohl die Arbeitslosenquote insgesamt als auch die Jugendarbeitslosigkeit sinken seit der Coronakrise. Im 2. Quartal 2024 waren mit 21,7 Millionen so viele Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt wie nie zuvor. In dieses Bild passt, dass Spanien mit einer Quote von 0,9 Prozent im Jahr 2023 zu den EU-Ländern mit den geringsten Vakanzen gehörte. In der Privatwirtschaft waren insbesondere im Großhandel sowie in wissenschaftlich-technischen Berufen Stellen unbesetzt.

Passgenaue Besetzung von Stellen fällt nicht leicht

Dennoch berichten Unternehmen immer wieder davon, dass es zwar nicht an Bewerbungen mangele, jedoch die Suche nach passenden Fachkräften oft mühsam sei. Der Wirtschaftszeitung Cinco Días zufolge fällt es besonders Unternehmen aus Industrie, Transport und Logistik, dem Automobilsektor sowie der Gesundheitswirtschaft schwer, geplante Einstellungen vorzunehmen.

Im Hotel- und Gaststättengewerbe orientierten sich während der Pandemie viele Beschäftigte beruflich neu. Darunter leiden die betroffenen Unternehmen heute noch. Neben einer höheren Bezahlung bieten sie Bewerbern zusätzliche Unterstützung, zum Beispiel bei der Unterbringung, um die Jobattraktivität zu verbessern.

Insbesondere der Dienstleistungssektor in Spanien profitiert von Migration aus Lateinamerika. Menschen von dort können ohne Sprachbarriere in dem iberischen Land aktiv werden. Dabei existieren neben legalen Beschäftigungsverhältnissen auch Grauzonen bis hin zur Schwarzarbeit.

Duale Ausbildung wird wertgeschätzt, ist jedoch die Ausnahme

Allgemein ist das Berufsbildungswesen bei technischen und handwerklichen Tätigkeiten in Spanien eher verschult und weniger praxisorientiert. Initiativen für eine duale Berufsausbildung wie seitens der FEDA Madrid werden sehr gut angenommen, bleiben jedoch zahlenmäßig begrenzt. FEDA ist eine vom Auswärtigen Amt und der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK) anerkannte Auslandsberufsschule und gehört zu den 135 Deutschen Auslandsschulen.

Die spanische Regierung setzt darauf, das berufliche Bildungswesen zu stärken. Dem Vernehmen nach schwinden in der Bevölkerung die Vorurteile gegenüber Ausbildungsberufen. Zunehmend weniger Menschen betrachten die akademische Bildung als einzig erstrebenswerten Weg. Universitäten und Berufsschulen haben jedoch ein gemeinsames Problem, nämlich hohe Abbruchquoten. 

Das spanischen Berufsausbildungssystems besteht aus mehreren Qualifizierungsstufen. Auf dem Basisniveau (Grado Profesional Básico) beendeten laut der Tageszeitung El Mundo 42 Prozent ihre Studien nicht. Beim mittleren Level betrug die Quote 31 Prozent und in der höchsten Ausbildungsstufe (Grado Superior) 12 Prozent. Die Ergebnisse beziehen sich auf Jugendliche, die zwischen 2016/17 und 2020/21 begleitet wurden. 

Zu den Ursachen für vorzeitige Abbrüche zählten persönliche und familiäre Gründe aber auch mangelnde Betreuung und eine schlechte Koordination zwischen Schulen und Berufsschulen. Zudem wird jedes dritte Hochschulstudium in Spanien abgebrochen. Der Tageszeitung El Mundo zufolge stehen etwa 340.000 Einschreibungen pro Jahr etwa 115.000 nicht vollendete Studien gegenüber. Dabei bricht ein Fünftel der Betroffenen das Studium ganz ab. Weitere 13 Prozent wechseln das Fach. Der Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Universitäten ist dabei sehr gering. Eine gravierende Differenz besteht jedoch zwischen Präsenz- und Fernuniversitäten. Letztere sind zahlenmäßig weniger besucht als klassische Universitäten, jedoch besonders von vorzeitigen Studienabbrüchen betroffen: Bei Fernuniversitäten brechen 52 Prozent der Immatrikulierten ihr Studium ganz ab und verlassen die Uni. 

Im Alltag in Spanien fällt immer wieder auf, dass solide Englischkenntnisse wenig verbreitet sind. Positive Gegenbeispiele sind zumeist jüngere Fach- und Führungskräfte aus Bereichen wie Beratung sowie Informations- und Kommunikationstechnik.

Debatten um kürzere Arbeitszeiten und teurere Entlassungen

Das spanische Arbeitsministerium plant die Arbeitswoche zum 1. Januar 2025 von 40 auf 37,5 Stunden zu reduzieren. Das Echo auf der Arbeitgeberseite fällt insbesondere im Gastgewerbe negativ aus, wegen der Befürchtung steigender Kosten insbesondere für kleine Unternehmen. Arbeitskräfte sind wegen ihrer Work-Life-Balance tendenziell positiver gegenüber kürzeren Arbeitszeiten eingestellt. Das Großunternehmen Telefónica hat das Thema ebenfalls aufgegriffen und führt schrittweise eine 36-Stunden-Woche ein. Insgesamt wird das arbeitsmarktpolitische Klima nach einer besonders pragmatischen Phase der Tarifparteien und des Arbeitsministeriums während der Pandemie wieder rauer.

Eine weitere aktuelle Debatte dreht sich um Änderungen bei den Regeln zu Entlassungen. Der Europäische Ausschuss für Sozialrechte rügt, dass die Ausgleichszahlungen für entlassene Arbeitnehmer in Spanien zu niedrig seien. Die geforderte Anhebung wurde im Sommer 2024 von der spanischen Regierung aufgegriffen. Das Arbeitsministerium stieg in Gespräche mit den Tarifparteien zu diesem Thema ein.

Spanien im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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