Die Schweiz ist Weltspitze in der Robotik-Forschung. Die Anzahl installierter Industrieroboter hat sich in den letzten Jahrzehnten verdoppelt.
Die Produktion in der Schweiz ist im internationalen Vergleich überdurchschnittlich automatisiert. Ein wichtiger Indikator dafür ist die sogenannte Roboterdichte, die jährlich vom Fachverband für Robotik (International Federation of Robotics- IFR) errechnet wird. Im Jahr 2020 lag die Anzahl der in der Schweiz eingesetzten Industrieroboter bei 181 pro 10.000 Beschäftigte. Damit erreichte das Land international Rang 18. Zum Vergleich: Weltweit kommt ein Land im Schnitt auf 126 Roboter pro 10.000 Beschäftigte. In der Europäischen Union (EU) lag dieser Wert bei 123. In der Schweiz hat sich der Robotereinsatz im letzten Jahrzehnt nahezu verdoppelt.
Im Coronajahr 2020 nahmen schweizerische Unternehmen 1.428 Industrieroboter in Betrieb. Damit wurde das stetige jährliche Wachstum erstmals unterbrochen. 2019 waren es noch 1.546 Exemplare, die neu installiert wurden. Dennoch lässt sich ein Aufwärtstrend erkennen. So dürften Unternehmen gerade aufgrund der Covid-19-Pandemie mehr denn je auf automatisierte Produktionsmechanismen angewiesen sind. Gegenwärtig sind rund 10.446 Industrieroboter in den Produktionsstätten der Schweiz aktiv.
Deutschen Unternehmen bieten sich im Robotiksektor vielfältige Geschäftschancen. Dies vor allem in den Bereichen Pharma und Medizintechnik. Viele deutsche Maschinenhersteller arbeiten bereits mit Unternehmen aus der Schweiz zusammen. Die beiden größten schweizerischen Roboterhersteller ABB und Stäubli sind in Deutschland ansässig und kooperieren eng mit deutschen Zulieferern und Dienstleistern. Weitere Schwerpunkte der Kooperation ergeben sich in der Automobilbranche, der Verpackungs- und Lebensmittelindustrie sowie in der Transportlogistik.
Pharmaindustrie ist zunehmend auf Industrieroboter angewiesen
Die chemische Industrie ist gegenwärtig der größte Abnehmer von Industrierobotern. Zwischen 2015 und 2020 stieg die Zahl der eingesetzten Roboter in diesem Bereich um 21 Prozent. Im Jahr 2020 wurden in der Branche 400 neue Exemplare installiert. Einen wesentlichen Anteil daran hatte der Pharmasektor, der als "Lokomotive" der schweizerischen Exportwirtschaft gilt. Er gehört zu den Gewinnern der Coronakrise. Umsatz, Gewinn und Exporte konnten seit Ausbruch der Pandemie gesteigert werden. Bei Forschung und Entwicklung sowie dem Automatisierungsrad in der Produktion ist der Standort weltweit führend.
Im Jahr 2020 wurden im Maschinenbau und der Metallindustrie 370 neue Industrieroboter in Betrieb genommen. Die beiden Branchen bilden die zweitwichtigsten Abnehmer. Hier verzeichnete das Roboterwachstum eine negative Tendenz, wenngleich die Lage im Maschinenbau 2021 bereits wieder freundlicher aussah. Das Auftragsvolumen lag im 4. Quartal um fast 16 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Es hätte sogar noch positiver ausfallen können, wären nicht die Probleme bei den Lieferketten hinzugekommen.
Die Branchen Elektronik und Elektrotechnik sind der drittgrößte Bereich für den Einsatz von Industrierobotern. Hier konnten 2020 sogar 32 Prozent mehr Roboter installiert werden als ein Jahr zuvor. Dieser Anstieg ist auf die zunehmende, weltweite Nachfrage nach Halbleitern zurückzuführen, bei dessen Produktion die Schweiz eine bedeutende Rolle einnimmt. Während viele Länder noch eine Strategie für die eigene Produktion anstreben, sind die Weichen in der Schweiz bereits gestellt. Große Tech-Unternehmen wie VAT oder ST Microelectronics fuhren ihre automatisierte Halbleiterproduktion weiter hoch.
Bedarf an Automatisierung bleibt weiter hoch
Wenngleich in vielen Branchen die Produktion bereits auf einem hohen technischen Niveau ist, klagen manche Unternehmen über ineffektive Fertigungsprozesse. Der Bedarf an automatisierter Produktion ist höher denn je.
In einer internationalen Umfrage im Januar 2021 wurden 1.650 große und kleine Unternehmen bezüglich ihres Automatisierungsgrades befragt. 84 Prozent der Befragten gaben an, in den nächsten zehn Jahren in Automatisierungsmaßnahmen zu investieren. In der Schweiz waren es sogar 92 Prozent der befragten Unternehmen, die Robotik- und Automatisierungsanwendungen planten.
Forschung und Entwicklung lockt internationale Tech-Konzerne
Multinationale Unternehmen lassen sich zunehmend in der Schweiz nieder. Für Konzerne wie Google, Apple, Amazon und Facebook sind insbesondere die gut ausgebildeten Absolventen der schweizerischen Hochschulen interessant. Internationale Spitzenplätze erlangt der wissenschaftliche Standort vor allem aufgrund der traditionell guten Zusammenarbeit zwischen Maschinenbauunternehmen und Forschungseinrichtungen. Die weltbekannte Präzisionsarbeit in der Uhrenherstellung sowie der Optik tragen ebenfalls zur schweizerischen Roboterforschung bei. Mittlerweile bilden die größten Universitäten im Lande, die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) sowie die École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL), genauso viele Robotikspezialisten aus wie die Bay Area in Kalifornien.
Cobots – die großen Profiteure der Pandemie
Der Bedarf an automatisierter Produktion wurde vor allem während der Coronapandemie deutlich. Aufgrund der Lockdowns konnten Mitarbeiter ihre Arbeit nicht mehr ausführen. Die Produktion kam zeitweise komplett zum Erliegen. Industrieroboter hätten in einer solchen Notsituation in vielen Betrieben eine große Unterstützung sein können. So können kollaborative Roboter (Cobots) zum Beispiel dabei helfen, Sicherheitsabstände einzuhalten.
Auch im Pflege- und Gesundheitswesen werden in der Schweiz seit der Pandemie vermehrt Projekte gefördert, die den Einsatz von ferngesteuerten Robotern ermöglichen, wie beispielsweise in der Chirurgie. Aber auch in der Pflege werden diverse Programme getestet, mit dem Ziel, humanoide Roboter für die Belange der Patienten zur Verfügung zu stellen. Bei humanoiden Robotern spricht man von Servicerobotern, die eine dem Menschen ähnliche Gestalt haben. Im Projekt I-Dress, vom Forschungsinstitut Martigny im Unterwallis, helfen Roboter etwa beim Ankleiden von Pflegepatienten.