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Medizinsektor sorgt für hohe Nachfrage bei Labortechnik
Südafrikanische Labordienstleister, Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen wie auch der Pharmasektor beleben den wichtigsten Markt für Medizintechnik auf dem Kontinent.
19.04.2023
Von Fausi Najjar | Johannesburg
- Große Pathologiekonzerne dominieren den Privatsektor
- Medizinische Labordienstleistungen im öffentlichen Sektor sind zentralisiert
- Krankenhäuser als Nachfrager von Labortechnik
- Fortgeschrittene Medizinforschung stützt die Nachfrage
- Aufschwung bei Impfstoffherstellung und Biotechnologie
- Im internationalen Vergleich moderate Zahlen bei Corona-Tests
Südafrika ist der mit Abstand bedeutendste Markt für deutsche Anbieter von Analyse-, Bio- und Labortechnik in Afrika. Im kontinentalen Vergleich sind im Jahr 2022 44 Prozent der deutschen Ausfuhren dieser Warengruppe auf Südafrika entfallen. Der Ausfuhrwert von Instrumenten zum Messen, Prüfen, Analysieren und Kontrollieren (Warengruppe SITC 874) belief sich auf 249 Millionen Euro. Es folgten mit großem Abstand Marokko (82 Millionen Euro) und Ägypten (66 Millionen Euro). Wie anderswo auch, ist der Gesundheitssektor in Südafrika wichtigster Abnehmer von Labortechnik. Auch andere Wirtschaftssektoren wie Industrie, Bergbau, Forschung und Umweltschutz fragen Labortechnik in erheblichem Maße nach.
Große Pathologiekonzerne dominieren den Privatsektor
Die größten privaten Labordienstleister im Gesundheitssektor sind Lancet Group of Laboratories mit Firmensitz in Johannesburg, Amphat in Centurion bei Pretoria sowie Pathcare in Kapstadt. Drs. Gritzman & Thatcher ist das einzige kleinere Unternehmen, das neben den drei größten Labors im Dachverband der privaten Labortestanbietern National Pathology Group Mitglied ist.
Weitere, gut ausgerüstete Laboratorien für pathologische und andere Tests im Medizinsektor sind unter anderem das LAB24 Pathology Laboratory in Durban und Clinical Laboratory Services, das an die Witwatersrand-Universität in Johannesburg angeschlossen ist.
Medizinische Labordienstleistungen im öffentlichen Sektor sind zentralisiert
Die staatliche Institution National Health Laboratory Service (NHLS) führt mit knapp 8.000 Beschäftigten die Laboruntersuchung für den öffentlichen Gesundheitssektor überwiegend durch. Zum NHLS gehören die Institutionen National Institute for Communicable Diseases (NICD), National Cancer Registry (NCR), National Institute for Occupational Health (NIOH), Forensic Chemistry Laboratories (FCL) und South African Vaccine Producers (SAVP). NICD ist im Übrigen die Institution, die die Covid-19 Omicron Variante mittels Genom-Sequenzierung entdeckt hat.
NHLS hat rund 91 Millionen medizinische Tests im öffentlichen Sektor durchgeführt, verglichen mit rund 53 Millionen Test der großen Laborbetreiber im privaten Sektor. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Test lagen im öffentlichen Sektor bei ungefähr 78 Rand (4,20 Euro); im privaten Sektor sind es rund 154 Rand (8,30 Euro).
Covid-19 Tests in Südafrika |
Überwachung und Maßnahmen bei Epidemien |
Durchführung antiretrovirale HIV Behandlungsprogramme (nationale antiretroviral roll-out programme) und Monitoring |
Diagnosetest nicht-übertragbarer Krankheiten |
Monitoring von Tuberkulose, einschließlich Diagnose und Behandlung |
Screening von Gebärmutterhalskrebs |
Unterstützung der arbeitsmedizinischen Dienste |
Krankenhäuser als Nachfrager von Labortechnik
Wichtige Nachfrager von Labortechnik sind neben den medizinischen Laborunternehmen die privaten Krankenhäuser. Das Krankenhausunternehmen Netcare betreibt 10.605 Betten in 51 Krankenhäusern (auch im Ausland). Life Healthcare ist der zweitgrößte private Krankenhauskonzern mit 6.500 Betten. An dritter Stelle folgt Mediclinic.
Die großen privaten Krankenhausbetreiber verfügen über zentrale Beschaffungsstellen, während kleinere Betreiber Medizintechnik überwiegend über das National Hospital Network (NHN) beziehen. Bei ihren Anschaffungen greifen die privaten Krankenhausunternehmen in der Regel auf Listen privilegierter Lieferanten zurück. Die Verwaltung der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen (mehr als 430 Krankenhäuser) obliegt den jeweiligen Gesundheitsbehörden in den betreffenden Provinzen.
Fortgeschrittene Medizinforschung stützt die Nachfrage
Zentrale Einrichtung für die medizinische Forschung ist die renommierte South African Medical Research Council (SAMRC). Das Tätigkeitsfeld von SAMRC umfasst Laboruntersuchungen, klinische Forschung und Studien im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Die Forschung am SAMRC konzentriert sich auf die zehn häufigsten Todesursachen in Südafrika, darunter Infektionskrankheiten, chronische Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch. Eine südafrikanische Besonderheit ist die hohe HIV- und Tuberkuloserate. In diesem Bereich fällt der Forschungs- und Testbedarf besonders hoch aus. Des Weiteren unterhält SAMRC Forschungsprogramme zu Covid-19, Impfstoffen sowie Pharmakologie und wissenschaftliche Einrichtungen zur Genom- und Stammzellenforschung.
NTP Radioisotopes, eine Tochter der staatlichen South African Nuclear Energy Corporation, ist laut eigener Angaben einer der weltweit größten Hersteller von medizinischen Radioisotopen und radioisotopenbasierte Bildgebungs- und Therapieprodukten.
Aufschwung bei Impfstoffherstellung und Biotechnologie
Nicht zuletzt bietet der Pharmasektor Absatzchancen für Labortechnik. Die großen internationalen Pharmakonzerne (etwa Johnson & Johnson, Pfizer, Roche, Novartis) sind in Südafrika präsent.
Aspen Pharmacare ist das größte südafrikanische Pharmaunternehmen, gefolgt von Adcock Ingram. Aspen ist der weltweit neuntgrößte Produzent von Generika und international breit aufgestellt. In einem Konsortium planen Biovac, Afrigen Biologics and Vaccines, ein Netzwerk von Universitäten und die Africa Centres for Disease Control and Prevention den Aufbau einer Impfstoffherstellung auf mRNA-Basis.
Neben reinen Herstellern von Medikamenten weist Südafrika eine Reihe von Biotech-Unternehmen auf. Dazu zählen Inqaba Biotechnica Industries, DNAbiotec, CapeBio, De Novo Foodlabs und AzarGen Biotechnologies.
Im internationalen Vergleich moderate Zahlen bei Corona-Tests
Auch wenn Corona-Tests im afrikanischen Vergleich 2021 und 2022 weit verbreitet waren, so bleibt ihr Umfang deutlich hinter dem anderer Länder zurück. Bis Oktober 2021 wurden in Südafrika 18 Millionen Covid-19-Tests durchgeführt. Im Vereinigten Königreich waren es im gleichen Zeitraum mit vergleichbarer Einwohnerzahl 320 Millionen. Im Dezember 2021 hat das südafrikanische Diagnostikunternehmen Medical Diagnostech einen verhältnismäßig günstigen Antigen-Schnelltest auf den Markt gebracht. PCR-Tests sind für ein Großteil der Bevölkerung bislang schlichtweg zu teuer.