Special | Südafrika | US-Zollpolitik
Südafrika: Neue US-Zölle stoßen auf Unverständnis
Auch Südafrika ist von den Zusatzzöllen der US-Regierung betroffen. Für viele Branchen sind die USA ein wichtiger Exportmarkt. Welche Folgen für die Wirtschaft sind zu erwarten?
10.04.2025
Von Jenny Tala | Johannesburg
Die USA belegen Einfuhren aus allen Ländern seit dem 2. April pauschal mit Zöllen von 10 Prozent. Für Waren aus Südafrika könnten die Einfuhrzölle bald auf 31 Prozent steigen. Kurz vor Inkrafttreten der länderspezifischen Zölle am 9. April ruderte US-Präsident Trump zwar zurück und setzte die Zölle für 90 Tage aus. Sollten diese jedoch in Kraft treten, würden sie Südafrikas Exporten einen weiteren Schlag versetzen. Denn das Land ist bereits von US-Zöllen von 25 Prozent auf Fahrzeuge, Stahl und Aluminium betroffen.
USA sind für Südafrika nach China zweitwichtigster Absatzmarkt
Mit einem Anteil von 7,5 Prozent an den Gesamtexporten waren die USA 2024 zweitwichtigster Abnehmer südafrikanischer Produkte - nach China (11,3 Prozent) und vor Deutschland (6,4 Prozent). Insgesamt exportierte Südafrika Produkte für 14,8 Milliarden US-Dollar (US$) in die USA.
Zwar hat das Weiße Haus eine Liste von Waren veröffentlicht, die von den Zöllen ausgenommen sind. Darunter sind Rohstoffe wie Platinmetalle, Diamanten und Gold, die einen Großteil der südafrikanischen Exporte in die USA ausmachen. Dennoch treffen die Zölle gleich eine ganze Reihe von Branchen, für die die USA ein wichtiger Exportmarkt sind, etwa die Automobil- und die Nahrungsmittelindustrie.
Zölle könnten Wachstum bremsen
Analysten rechnen damit, dass das Wirtschaftswachstum angesichts der Zölle um 0,3 bis 0,7 Prozentpunkte niedriger ausfallen könnte. Die bisherige Wachstumsprognose für 2025 liegt bei 1,5 Prozent.
Ein Zollsatz von 31 Prozent gehört zu den höchsten, den die US-Regierung verhängt hat. Und er stößt in Südafrika auf Unverständnis. Der südafrikanischen Regierung zufolge liegt der durchschnittliche Einfuhrzoll für Produkte aus den USA bei 7,6 Prozent und nicht bei 60 Prozent, wie von Trump dargestellt.
Das harte Vorgehen der USA gegen Südafrika werten Experten als Reaktion auf das im Februar verabschiedete südafrikanische Landenteignungsgesetz. Dieses würde Trump zufolge weiße Farmer diskriminieren. Für Ärger beim US-Präsidenten sorgte zudem Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Die diplomatische Krise zwischen beiden Ländern gipfelte in der Ausweisung des südafrikanischen Botschafters Ebrahim Rasool Mitte März.
Südafrika setzt auf Diplomatie
Harte Gegenmaßnahmen hat Südafrika bislang nicht angekündigt. Vielmehr wolle das Land mit den USA schnellstmöglich auf ein für beide Seiten vorteilhaftes Handelsabkommen hinarbeiten, heißt es in einer Stellungnahme der Regierung. Denkbar seien auch nicht näher spezifizierte Quotenvereinbarungen und eine sektorale Zusammenarbeit.
Um die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren, will die Regierung das heimische Wachstum ankurbeln sowie regionale und internationale Handelsbeziehungen ausbauen. Maßnahmen umfassen strategische Investitionen in Infrastruktur und Branchen, die von den Zöllen betroffen sind. Zur Stärkung des innerafrikanischen Handels setzt Südafrika auf die Afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) und die Zollunion des südlichen Afrikas (SADC).
Zukunft von AGOA bleibt ungewiss
Noch ist unklar, in welchem Verhältnis die 25-Prozent-Zusatzzölle zu den bisherigen Vergünstigungen im Rahmen des Handelsprogrammes AGOA (African Growth and Opportunity Act) stehen, welches 32 afrikanischen Ländern für mehr als 1.800 Produkte zollfreien Zugang zum US-Markt gewährt. Produkte im Wert von 2,7 Milliarden US$ gelangten 2022 auf diesem Weg in die USA.
Die USA haben sich bislang nicht zu AGOA geäußert. Faktisch überlagern die 25-Prozent-Zölle gemäß Abschnitt 232 des US-Handelserweiterungsgesetzes AGOA und setzen das Abkommen damit außer Kraft.
Ungewiss ist die Zukunft von AGOA ohnehin: Im September läuft das Programm aus. Eine Verlängerung ist angesichts der Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern derzeit mehr als fraglich. Und da es sich bei AGOA um eine einseitige Präferenzregelung und kein Freihandelsabkommen handelt, liegt die Entscheidungsmacht allein bei den USA. Der Business Outlook 2025 der Auslandshandelskammer für das südliche Afrika ergab, dass eine Verlängerung von AGOA sich für knapp ein Drittel der befragten Unternehmen positiv auswirken würde.
USA sind drittwichtigstes Exportziel für Kfz
Einer der größten AGOA-Profiteure ist die Automobilbranche. Die USA waren 2024 das drittwichtigste Zielland für südafrikanische Fahrzeuge. Seit dem Start von AGOA im Jahr 2000 sind die Kfz-Exporte in die USA von 190,1 Millionen auf 1,8 Milliarden US$ (2024) gestiegen und haben damit einen Anteil von 15,3 Prozent an den Gesamtexporten in die USA.
war der Anteil von Kfz und -Teilen an Südafrikas Gesamtexporten in die USA 2024.
Mit einem Anteil von 5,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (2023) ist der exportorientierte Sektor eine tragende Säule der südafrikanischen Wirtschaft. Volkswagen, Daimler und BMW sowie zahlreiche deutsche Zulieferer produzieren vor Ort. Ein ersatzloses Auslaufen von AGOA hätte gravierende Auswirkungen - auch, weil der Sektor viele Arbeitsplätze schafft. Zusammen beschäftigten Hersteller und Zulieferer 2023 über 136.000 Arbeitskräfte.
Nahrungsmittelbranche steigert US-Exporte
Auch für die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie ist AGOA von zentraler Bedeutung - 2024 waren die USA der siebtwichtigste Exportmarkt. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelangen dank AGOA zollfrei in die USA. Seit dem Jahr 2000 sind Südafrikas Agrarexporte in die USA um das Fünffache gestiegen. Zu den Top-Exportprodukten zählen Zitrusfrüchte, Nüsse, Trauben, Wein und Zucker.
Südafrika ist AGOA-Exportchampion
AGOA wurde im Jahr 2000 vom amerikanischen Kongress verabschiedet, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Subsahara-Afrika zu verbessern. Innerhalb der Region ist Südafrika führender Exporteur im Rahmen von AGOA, vor Nigeria, Ghana und Angola.
Der Handel zwischen Südafrika und den USA wird durch zwei Abkommen geregelt: Den Meistbegünstigungsstatus (MFN) der Welthandelsorganisation (WTO) und AGOA. Handelsminister Parks Tau zufolge gelangen 75 Prozent der Ausfuhren unter MFN und 25 Prozent unter AGOA vergünstigt oder zollfrei in die USA. Das Allgemeine Präferenzsystem (GSP) der USA für Südafrika ist 2020 ausgelaufen.