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Neubau von Kernreaktoren statt Atomausstieg
Die bis Mai 2022 amtierende südkoreanische Regierung wollte Kernkraftwerke nur exportieren. Die neue Regierung von Präsident Yoon will Kernenergie auch im Inland stärker nutzen.
08.05.2023
Von Frank Robaschik | Seoul
Im Jahr 2022 erzeugte Südkorea insgesamt 176 Terrawattstunden Strom aus Kernenergie. Damit dürfte das Land der Morgenstille wie schon im Vorjahr der weltweit fünfgrößte Nutzer von Atomkraft gewesen sein. Im Dezember 2022 ging mit Shin Hanul 1 ein weiterer Reaktor mit einer Kapazität von 1,4 Gigawatt in Betrieb. Damit verfügt Südkorea über insgesamt 25 Kernreaktoren mit einer installierten Leistung von 24,7 Gigawatt.
Keine Abschaltung von Kernreaktoren bis 2036
Gemäß dem zehnten Grundplan zur Entwicklung von Stromangebot und -nachfrage von Anfang 2023 soll die Kapazität von Atomstrom zunächst durch die neuen Reaktoren Shin Hanul 2 sowie Shin Kori 5 und 6 bis zum Jahr 2025 auf 28,9 Gigawatt zulegen. Im Gegensatz zum neunten Grundplan von Ende 2020 sieht der zehnte Plan danach keine Reduzierung der Kapazitäten mehr vor. Ursprünglich plante die Regierung von Präsident Moon von 2023 bis 2034 eine Abschaltung der Reaktoren Kori 2 bis 4, Hanbit 1 bis 3, Wolseong 2 bis 4 sowie Hanul 1 bis 2. Gemäß den neuen Plänen bleiben diese Reaktoren jedoch bis 2036 alle am Netz.
Zusätzlich hat die Regierung von Präsident Yoon die Pläne für zwei neue Reaktoren Shin Hanul 3 und 4 sogar wiederbelebt. Die Atommeiler dürften in den Jahren 2032 und 2033 ans Netz gehen. Die installierte Gesamtleistung von Kernkraftwerken soll damit 31,7 Gigawatt erreichen. Präsident Yoon hat sich bereits im Wahlkampf für den Ausbau der Kernenergie eingesetzt, noch vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Dabei spielten auch industriepolitische Erwägungen eine Rolle, denn Südkorea verfügt über eine äußerst energieintensive Industrie.
Indikator | 2021 | 2030 (Altes Ziel; Regierung Moon) | 2030 (Neues Ziel; Regierung Yoon) |
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Anzahl Kernreaktoren | 24 | 18 | 28 |
Kapazität (in Gigawatt) | 23,3 | 20,4 | 28,9 |
Anteil an Stromerzeugung (in Prozent) | 27,4 | 23,9 | Mindestens 30 |
Reaktoren | Kapazität | Baufirmen | Geplante Fertigstellung Monat/Jahr |
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Shin Hanul 2 in Uljin, Provinz Nord-Gyeongsang | 1,4 | Hyundai E&C, SK ecoplant, GS E&C | Im Bau, 9/2023 |
Saeul 3, 4 in Ulsan *) | Je 1,4 | Samsung C&T, Doosan Enerbility, Hanwha E&C | Im Bau, 2024 bzw. 2025 |
Shin Hanul 3, 4 in Uljin, Provinz Nord-Gyeongsang | Je 1,4 | k.A. | In Planung, 2032 und 2033 |
Erzeuger von Atomstrom tritt UN 24/7 Carbon-free Energy Compact bei
Im März 2023 trat Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP) als erstes südkoreanisches Unternehmen dem 24/7 Carbon-free Energy Compact der Vereinten Nationen bei. Diese Übereinkunft erkennt im Gegensatz zum RE100-System, das nur auf erneuerbare Energien setzt, auch die Kernenergie als "kohlenstofffrei" und damit klimafreundlich an. Demensprechend versucht das Staatsunternehmen KHNP, sich mit dem Branding "100 Prozent kohlenstofffrei" (CF100) zu positionieren. Südkoreanischen Firmen bietet KHNP dies als Alternative zum RE100-System an.