Großkonzerne dominieren Südkoreas Wirtschaft

Die Wirtschaftsentwicklung in Südkorea in den letzten siebzig Jahren ist eine Erfolgsgeschichte. Das Land stieg von einem der ärmsten Länder zu einer der größten Volkswirtschaften weltweit auf. Gleichzeitig entwickelte es sich vom Empfänger von Entwicklungshilfe zum Geberland. Besonders im verarbeitenden Gewerbe ist Südkorea äußerst gut aufgestellt. Dennoch bestehen enorme Unterschiede zwischen den großen Unternehmensgruppen des Landes (oft als "Chaebol" bezeichnet) sowie kleinen und mittelgroßen Firmen. Dies gilt etwa im Hinblick auf Produktivität oder das Lohnniveau. Dennoch gibt es mittlerweile auch interessante mittelgroße Firmen, beispielsweise in der Pharma- oder Nahrungsmittelindustrie. Hinzu kommt eine Reihe von Start-ups mit Potenzial.

Samsung, Hyundai, SK und LG ragen heraus

Die mit Abstand größte Unternehmensgruppe ist Samsung Group. Laut Angaben der Fair Trade Commission (FTC) hat diese im Inland und mit Exporten aus Südkorea 2022 einen Umsatz von circa 324 Milliarden US-Dollar (US$) erzielt. Hinzu kommen weitere Umsätze im Ausland. Das ist mehr als der weltweite Umsatz des gesamten Volkswagen-Konzerns und damit des größten deutschen Unternehmens von 294 Milliarden US$. Auf Samsung Group folgen in Südkorea mit einigem Abstand Hyundai Motor Group, SK Group und LG Group.

Samsung Group steht außerdem für rund ein Viertel der südkoreanischen Ausfuhren und knapp ein Viertel der Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Landes. Insbesondere Samsung Electronics genießt eine Ausnahmestellung. Das Unternehmen hat 2022 mit 163,8 Milliarden US$ im Inland und weltweit 233,6 Milliarden US$ den mit Abstand höchsten Umsatz und zählt zu den größten Firmen der Welt.

Gruppen in verschiedenen Geschäftsfeldern aktiv

Neben Samsung Electronics gehören zur Samsung Group die größte Lebens- und Schadenversicherung des Landes, einer der größten Schiffbauer weltweit und zwei der größten Baufirmen des Landes, die auch im Ausland spektakuläre Projekte verwirklichen. Hinzu kommen etwa ein Batterieproduzent, Firmen in der Gesundheitswirtschaft, das Hotel Shilla und der Vergnügungspark Everland (Cheil Industries). Firmen der chemischen Industrie hat Samsung in den letzten zehn Jahren hingegen weitgehend verkauft.

Viele südkoreanische Unternehmensgruppen haben einen Bauchladen an Firmen aus verschiedenen Branchen. Dagegen ist Hyundai Motor Group eher vertikal organisiert. Neben den beiden Autobauern Hyundai und Kia besteht sie aus Kfz-Zulieferern, einem eigenen Stahlkonzern, Baufirmen, die auch eigene Werke bauen, Finanzunternehmen sowie einer Logistikfirma. Hinzu kommt der größte Schienenfahrzeugbauer des Landes, Hyundai Rotem.

SK Group konzentriert sich auf Energie, Halbleiter, Handel, Chemie, Telekommunikation, Bauwirtschaft und Batterien. LG Group legt ihren Fokus auf Elektrohausgeräte, Displays, Elektronik und Telekommunikation sowie Batterien. Daneben gehört der Gruppe mit LG Chem das größte Chemieunternehmen des Landes.

Konzentration in einzelnen Branchen sehr hoch

Im Handel stellten 2021 nach Daten von Statistics Korea 0,3 Prozent der Betriebsstätten ein Drittel des Branchenumsatzes. Im verarbeitenden Gewerbe, das für Südkorea besonders bedeutend ist, standen 0,4 Prozent der Betriebsstätten sogar für 48 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung. Noch höher ist die Konzentration in der Halbleiter-, Display-, Mineralöl- und Stahlindustrie, im Schiff-, Schienenfahrzeug- und Luftfahrzeugbau sowie bei Elektrohausgeräten. Bei Autoherstellern dominieren Firmen von Hyundai Motor Group.

Chaebol ähneln Familienunternehmen

Die meisten großen Firmengruppen werden an der Spitze von einer starken Unternehmerpersönlichkeit geführt, die die Entwicklungsrichtung der gesamten Gruppe vorgibt. Die Führung der Gruppen wird regelmäßig innerhalb der Familie vererbt. Nicht selten entstehen dabei neue Konzerne wie beispielsweise 2021 LX Group als Abspaltung von LG. In Führungspositionen von verschiedenen Unternehmen innerhalb einer Gruppe finden sich teils Verwandte der jeweiligen Firmengründer.

Zwar lag laut FTC im Mai 2023 der Anteil der Geschäftsführer und ihrer Familienmitglieder am Aktienkapital der neun größten Firmengruppen in Südkorea jeweils im (meist unteren) einstelligen Prozentbereich. Einschließlich der Gruppenunternehmen und sonstiger der Führungspersönlichkeit nahestehenden Personen und Institutionen kontrollierten sie aber in allen neun Fällen mehr als die Hälfte des Aktienkapitals der Gruppe. Möglich macht das ein System von Überkreuzbeteiligungen.

Deutsche Anbieter treffen in Südkorea deshalb oft auf Kunden oder Wettbewerber mit großer Marktmacht, Beweglichkeit und Schlagkraft. Dabei zählt nicht immer nur das beste Angebot. Nach Beobachtung deutscher Firmen spielen gerade Familienbande eine Rolle. Dennoch bieten sich auch deutschen Mittelständlern gute Chancen auf dem Markt, vor allem dann, wenn sie über Know-how verfügen, das in Südkorea fehlt. Für den Markteinstieg können angesichts des oft großen Unterschieds zur Marktmacht der großen südkoreanischen Firmengruppen mittelgroße oder kleine Firmen bessere Partner sein. Bei der Partnersuche kann beispielsweise die Auslandshandelskammer (AHK) Korea unterstützen.

Hohe Finanzkraft ermöglicht Zukauf neuer Technologien

Südkoreanische Firmen stehen in vielen Branchen vor allem durch chinesischen Wettbewerb unter Druck. Daher versuchen sie immer wieder in neue Sektoren einzusteigen, wo sie Wachstum erwarten. Dafür kaufen Unternehmen des Landes massiv Technologie und Know-how aus dem Ausland. Möglich wird das durch Südkoreas Industriepolitik, die hohe Finanzkraft sowie die Bereitschaft der Firmengruppen, kurzfristig Verluste in Kauf zu nehmen.

Einige neue Player wachsen schnell

Neben etablierten Konzernen entstehen zudem schnell wachsende neue Firmengruppen, wie Coupang, Kakao, Naver oder Netmarble im Digitalbereich oder Celltrion in der Biotechnologie. Andere Player wachsen durch Übernahmen, so etwa die Gruppen Jungheung Construction und KG.