Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Südkorea hat ein kompliziertes Lohnsystem. Erhebliche Gehaltsunterschiede bestehen etwa je nach Art der Beschäftigung und Unternehmensgröße.
14.11.2024
Von Katharina Viklenko | Seoul
Südkorea ist kein preiswerter Standort. Das Land hat mit die höchsten Arbeitskosten in Asien. In einigen Sektoren wie der Kfz-Industrie erreichen die Lohnkosten nach Aussagen von Branchenvertretern ähnliche Werte wie in Deutschland oder in den USA. Gleichzeitig leidet Südkorea unter einer niedrigen Arbeitsproduktivität, die 2022 nur 43 US-Dollar (US$) pro Stunde in Kaufkraftparitäten erreichte. Der Durchschnitt der Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belief sich 2021 auf 54 US$ pro Stunde. In den Vereinigten Staaten und in Deutschland betrug der Wert 2022 sogar 76 US$ beziehungsweise 69 US$ pro Stunde.
Große Gehaltsunterschiede
Das Lohnsystem ist komplex und unübersichtlich. Insbesondere die Vielzahl an Boni und Zulagen erschwert es, die effektive Lohnhöhe zu ermitteln. Traditionell basiert das Entlohnungssystem auf dem Senioritätsprinzip. Je länger ein Arbeitnehmer der Firma angehört, desto höher steigt er in der Hierarchie auf und verdient entsprechend mehr. Dies trifft insbesondere auf Großfirmen (Chaebol) zu. Aber auch Leistungskriterien spielen bei der Entlohnung in südkoreanischen Betrieben eine Rolle.
Allgemein besteht eine hohe Lohnspreizung, insbesondere zwischen Frauen und Männern, zwischen Angestellten von kleinen Firmen und Großunternehmen sowie zwischen nicht-regulär und regulär Beschäftigten. So lag der durchschnittliche Lohn bei Firmen ab 300 regulär Beschäftigten 2023 insgesamt 56 Prozent über dem von Mitarbeitern bei kleineren Unternehmen (5 bis 299 Arbeitnehmer). Daneben hat Südkorea innerhalb der OECD seit Jahren den größten "Gender Pay Gap". So verdienten Frauen 2022 im Durchschnitt lediglich 68,8 Prozent des Gehalts ihrer männlichen Pendants.
Mindestlöhne stark gestiegen
Die Regierung Moon (Amtszeit 2017 bis 2022) hob die Mindestlöhne 2018 und 2019 innerhalb von zwei Jahren um 29 Prozent an. Nach unerwünschten Effekten auf den Arbeitsmarkt und starker Kritik erhöhte die Regierung den Mindestlohn 2020 nur um 2,9 Prozent und 2021 nur um 1,5 Prozent. Weitere Zunahmen um jeweils 5 Prozent folgten in den beiden Folgejahren auf 9.620 Südkoreanische Won pro Stunde 2023. Am 1. Januar 2024 ist der Mindestlohn um 2,5 Prozent auf 9.860 Won (rund 7,54 US$) gestiegen. Zum Jahresbeginn 2025 ist eine Erhöhung auf 10.030 KRW beschlossen.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | |
---|---|---|---|---|
nominal (in 1.000 Südkoreanischen Won)1 | 4.023 | 4.231 | 4.446 | 4.542 |
nominal (in US-Dollar)1, 2 | 3.409 | 3.694 | 3.436 | 3.472 |
reale Veränderung (in Prozent)3 | 0,5 | 2,0 | -0,2 | 2,2 |
Regional wurden im April 2023 in der Hauptstadt Seoul und in der Industriestadt Ulsan die höchsten Löhne gezahlt. Die niedrigsten Löhne gab es in der Stadt Daegu, in der Provinz Gangwon im Nordosten von Südkorea sowie auf der Insel Jeju.
Nach Branchen betrachtet werden Beschäftigte vor allem im Finanz-, Banken- und Versicherungswesen, bei den staatlichen Versorgern im Wasser- und Strombereich sowie im IT-Sektor überproportional hoch bezahlt. Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes sind die Löhne in der Elektronik-, Kfz- und Chemieindustrie hoch. In diesen Bereichen gibt es starke Großunternehmen, die höhere Löhne zahlen als kleine Firmen.
Ausländische Firmen nicht per se beliebte Arbeitgeber
Bei ausländischen Unternehmen fallen die Löhne und Gehälter unter Umständen etwas höher aus als die durchschnittlichen Leistungen in vergleichbaren mittelständischen südkoreanischen Firmen. Grund ist, dass ausländische Unternehmen in Korea oft kleiner als ihre koreanischen Mitbewerber sind und deshalb weniger Karrierechancen bieten. Außerdem müssen Mitarbeiter als zusätzliche Qualifikation oft Sprachkenntnisse mitbringen. Verallgemeinernde Angaben zur Höhe der Einkommen sind schwierig, da teilweise beträchtliche Unterschiede je nach Branche und je nach Unternehmen bestehen.
Ausländische Arbeitgeber können bei südkoreanischen Arbeitnehmern in anderer Hinsicht punkten. Ein Grund für die relative Attraktivität internationaler Arbeitgeber liegt neben den Karrierechancen im Ausland darin, dass Angestellte dort im Gegensatz zu lokalen Unternehmen bei guter Leistung schneller finanziell belohnt werden können. Des Weiteren punkten ausländische Firmen mit einer positiven Markenreputation, besseren Sozialleistungen und einer höheren Work-Life-Balance.
Position | 2023 (in 1.000 Südkoreanischen Won) 1) | 2023 (in US-Dollar) 2) |
---|---|---|
Geschäftsführung | 24.699 | 18.883 |
Vertriebsleiter:in/Kundendienstleiter:in | 11.127 | 8.507 |
Ingenieur:in | 5.631 | 4.305 |
IT-Expert:in | 5.500 | 4.205 |
Buchhaltung | 3.526 | 2.696 |
Kraftfahrer:in | 2.908 | 2.223 |
Sekretär:in 3) | 2.741 | 2.096 |
Viele Zusatzleistungen üblich
Ähnlich wie bei südkoreanischen Betrieben gibt es auch bei ausländischen Unternehmen eine Vielzahl freiwilliger geldwerter Leistungen. Meist fließen diese Leistungen nicht in die reinen Lohn- und Gehaltstabellen ein, treiben die Einkommen aber erheblich nach oben. Sie umfassen unter anderem Zuschüsse für Wohnung, Schulausbildung der Kinder, Essen und Fahrten, regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen sowie familiäre Ereignisse. In manchen Fällen schließt der Arbeitgeber für den Angestellten eine Krankenzusatzversicherung ab, die Familienmitglieder einbezieht.
Sozialversicherungsbeiträge und Nebenkosten
Die Beiträge für die Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung sind jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entrichten. Die Beiträge zu der Beschäftigungs- und Fortbildungs- sowie der Unfallversicherung muss der Arbeitgeber hingegen alleine tragen. Ausländische Mitarbeiter können sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien lassen, wenn sie eine bestehende private Krankenversicherung im Ausland nachweisen.
Art der Sozialversicherung | Anteil |
---|---|
Rentenversicherung | 4,5 |
Krankenversicherung | 3,545 |
Unfallversicherung 1) | 1,47 |
Arbeitslosenversicherung | 0,9 |
Pflegeversicherung 2) | 0,459 |
Beschäftigungs- und Fortbildungsversicherung 3) | 0,25 bis 0,85 |
Neben dem System der gesetzlichen Rente schreibt der Labor Standards Act ein zusätzliches Altersruhegeld vor (Retirement Allowance). Dessen Mindestbetrag berechnet sich grob aus einem Monatsgehalt pro Jahr, das der Arbeitnehmer im Unternehmen tätig war. Es ist innerhalb von 14 Tagen nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zu zahlen. Seit April 2022 muss die Zahlung auf ein individuelles Altersruhegeldkonto erfolgen (Individual Retirement Pension Account). Frühestens ab einem Alter von 55 Jahren kann sich der ausgeschiedene Mitarbeiter das Geld in Form einer Rente auszahlen lassen. Die Zahlung des Altersruhegelds kann gemäß des Employment Retirement Benefit Security Act durch eine betriebliche Altersvorsorge des Arbeitgebers ersetzt werden.