Branchen | Taiwan | Maschinen- und Anlagenbau
Maschinenbau spürt Nachfrageschwäche
Taiwans Maschinenbaubranche wächst 2024 nur moderat. Das bekommen auch deutsche Lieferanten zu spüren.
05.11.2024
Von Jürgen Maurer | Taipei
Der Maschinenbau in Taiwan wird sich 2024 leicht erholen, kämpft jedoch insgesamt mit einer schwächelnden Nachfrage. Sowohl die weltweite konjunkturelle Entwicklung als auch die Veränderung in den Lieferketten machen der Industrie zu schaffen. Die Volatilität bei den Bestellungen bleibt bestehen. Stabil zeigt sich hingegen der Trend zu automatisierten und grünen Produktionsprozessen.
Der Branchenverband Taiwan Association of Machinery Industry (TAMI) rechnet 2024 in Taiwan mit einem Zuwachs der Produktion von Maschinen, Teilen und Anlagen im einstelligen Bereich. Von einem einstelligen Wachstum der Branche geht auch das Industrial Technology Research Institute (ITRI) aus. Es hält einen Zuwachs von weniger als 5 Prozent als realistisch.
Maschinenbauproduktion läuft schleppend an
Taiwans Maschinenbaubranche hat mit diversen Faktoren zu kämpfen, die die Geschäfte erschweren. So hat die Regierung 2023 aufgrund des russischen Krieges gegen die Ukraine den Export von Maschinen nach Russland als dem viertgrößten Abnehmerland verboten. Hinzu kommen stark gestiegene Materialkosten, der härtere Wettbewerb etwa durch die Wechselkursentwicklung des japanischen Yen sowie Lieferkettenverschiebungen durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China. Darüber hinaus ist der Preiskampf mit Maschinen- und -Teile-Herstellern aus China zu spüren.
In der Folge war im Jahr 2023 die wertmäßige Erzeugung von Maschinen und Anlagen auf NT-Dollar-Basis um 18 Prozent eingebrochen. Diesen Rückgang konnten die Unternehmen nicht so schnell kompensieren. Im 1. Halbjahr 2024 hat die Produktion auf Basis von New Taiwan Dollar (NT-Dollar) um knapp 1 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023 zugelegt, wie eine Statistik des Wirtschaftsministeriums zeigt. Unter den großen Produktionsposten lag die Ausrüstung für die Halbleiter- und Elektronikindustrie in der Wachstumszone. Hingegen ist das Werkzeugmaschinensegment weiter stark geschrumpft. Die Erzeugung von Allzweckmaschinen und die Herstellung von Komponenten, wie Pumpen, Kompressoren und Ventilen waren noch leicht rückläufig.
Allgemein haben sich die Aussichten für das Segment Ausrüstung für die Halbleiter- und Elektronikindustrie verbessert, insbesondere weil die Nachfrage nach Hochleistungschips für Anwendungen wie künstliche Intelligenz und Internet-of-Things zulegt. Dies zieht den Ausbau von Kapazitäten nach sich, wie er in Taiwan und in anderen Standorten zu beobachten ist.
Bei Werkzeugmaschinen wird erwartet, dass die Bestellungen etwas anziehen. Dazu trägt bei, dass etwa die USA ihre Reindustrialisierung vorantreiben. Zudem sollen die taiwanischen Investitionen in Produktionskapazitäten in Südostasien und Indien noch stärker die dortige Nachfrage nach Werkzeugmaschinen und anderer Branchenausrüstung bedienen. Da in Deutschland als dem wichtigsten Abnehmer in Europa die Wirtschaft kaum wächst, ist Taiwans Ausfuhr von Werkzeugmaschinen dorthin weiter schwach.
Handel mit Schwellenländern steigt
Mit der Flankierung der New Southbound Policy der Regierung dürfte der Maschinenhandel mit Ländern in Südostasien und Indien weiter zulegen. Bei den taiwanischen Exporten ragte in den ersten Monaten 2024 der gestiegene Absatz in Indien und Vietnam heraus. Die Ausfuhren in beide Länder wuchsen jeweils um mehr als 30 Prozent. Die beiden Länder waren auch bei Werkzeugmaschinen ein Lichtblick für Taiwan. Ihre Zuwachsraten lagen hier bei 26,8 Prozent beziehungsweise 16,3 Prozent.
Beim taiwanischen Import und Export von Maschinen insgesamt lag, der Handel mit China im 1. Halbjahr 2024, auf US-Dollar-Basis berechnet, an erster Stelle. Dabei zog China als Lieferant an Japan als bislang größtem Partner vorbei. Deutschland blieb bei den taiwanischen Importen von Branchenprodukten auf Rang 3 und bei der Ausfuhr auf Platz 8, jeweils mit deutlichem Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wie die Statistik des Ministry of Finance ausweist.
Automatisierung steht auf der Firmenagenda
Taiwans Unternehmen sehen sich auf den internationalen Absatzmärkten steigender Konkurrenz ausgesetzt, gerade in einer Zeit, in der die weltweite Konjunktur in eine schwierigere Phase tritt. Der Druck auf sie wächst, sich gegenüber diesen Herausforderungen dank Automatisierung und smarteren Produktionslösungen resilienter aufzustellen.
Zu den Herausforderungen gehören auch ein schwindender Arbeitskräftepool und steigende Lohnkosten. Zudem müssen Unternehmen Investitionen in Digitalisierung und Dekarbonisierung einkalkulieren. Dies ist für viele kleine und mittelgroße Betriebe eine große Belastung. Dennoch führt auch bei ihnen kein Weg an stärkerer Automatisierung vorbei, wenn sie als Auftragshersteller für Teile und Komponenten weiter eine Rolle spielen wollen.
Taiwans Hersteller liefern viele pneumatische und hydraulische Teile an Systemintegratoren, darunter vor allem japanische, europäische und US-amerikanische Kunden. Bei Schlüsselteilen für die Anwendung von Robotern, wie Sensoren, Konvertern und Softwarelösungen für automatisierte Anwendungen, kaufen Taiwans Unternehmen bei japanischen und europäischen Anbietern ein beziehungsweise kooperieren in der Entwicklung intelligenter Fertigungssysteme mit ihnen.