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Interview | Taiwan | Arbeitsrecht

Fallstricke im taiwanischen Recht

Das taiwanische Arbeitsrecht ähnelt in einzelnen Punkten dem deutschen. Doch Vorsicht: Im Detail besagen die Regelungen oft genau das Gegenteil wie in Deutschland.

Von Jürgen Maurer | Taipei

Michael Werner, Rechtsanwalt (of Counsel) bei Eiger/Taiwan Michael Werner, Rechtsanwalt (of Counsel) bei Eiger/Taiwan | © privat

Michael Werner ist seit April 2002 als deutscher Rechtsanwalt in Taiwan tätig. Zunächst war er angestellter Anwalt bei der Kanzlei Eiger Law, seit Juli 2022 ist er Of Counsel für Eiger tätig. Er unterstützt Investoren unter anderem in Bereichen des Unternehmens- und Steuerrechtes sowie in arbeitsrechtlichen Fragen. 

Herr Werner, welche Fallstricke gibt es im taiwanischen Arbeitsrecht?

Das Hauptwerk des taiwanischen Arbeitsrechts, der Labor Standards Act, ähnelt in Grundzügen dem deutschen Arbeitsrecht. Im Detail unterscheidet es sich jedoch häufig vom deutschen Recht. So muss ein Arbeitgeber zum Beispiel bei einer rechtmäßigen ordentlichen Kündigung dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zahlen. Nicht gezahlter Urlaub ist auszuzahlen und verfällt nicht. Überstunden müssen grundsätzlich ausgezahltdie Arbeitszeiten minutengenau erfasst werden. Zudem sind noch weitere Gesetze zu beachten und einzuhalten: das Gleichstellungsgesetz, das Gesetz gegen sexuelle Belästigung sowie das Gesetz zur Förderung älterer Arbeitnehmer. 

Wie können Streitigkeiten gelöst werden? 

Am besten sollten Streitigkeiten einvernehmlich gelöst werden. Eine außergerichtliche Beilegung hat unter anderem den Vorteil, dass Verschwiegenheit über die erreichte Einigung vereinbart werden kann und somit Interna im Unternehmen bleiben. Bei Streitverfahren ist es besonders wichtig, schon im Vorfeld die Beweislage stabil abzusichern, insbesondere bei Kündigungen, die in der Person des/der Gekündigten liegt. 

Da bei einer gerichtlichen Aufhebung der Kündigung eine Wiedereinstellung mit Nachzahlung der Gehälter und Sozialversicherungen im Raum stehen kann und bei einem Obsiegen die eigenen Kosten dennoch selbst getragen werden müssen, ist eine rechtliche Beratung anzuraten. 

Gibt es eine Diskrepanz zwischen geschriebenem Arbeitsrecht und der Umsetzung in der Praxis?

Grundsätzlich wird seitens der taiwanischen Behörden darauf geachtet, dass das Arbeitsrecht eingehalten wird. Ausländische Unternehmen sollten durch interne Compliance die Einhaltung des taiwanischen Arbeitsrechts gewährleisten, um insbesondere bei der Arbeitszeiterfassung, der Definition von und dem Ausgleich für Überstunden keine vermeidbaren Fehler zu begehen.    

Neue Arbeitsmodelle wie Workation, Rotationen im Offshore Windbereich oder Employer of Record sind aktuelle Herausforderungen, denen sich das Arbeitsrecht stellen muss und wo Anpassungen im Recht erforderlich sind. 

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