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Branchencheck | Tschechische Republik

Lieferengpässe belasten Tschechiens Industriekonjunktur

Während die Kfz-Branche phasenweise kürzertreten muss, erholen sich andere Branchen stabiler - darunter der Maschinenbau, die Metallverarbeitung und der Schienenfahrzeugbau.

Von Miriam Neubert | Prag

Trotz einer niedrigeren Auslastung um 77 Prozent, die das verarbeitende Gewerbe im letzten Quartal 2021 meldete, hellte die Zuversicht unter den Industrieunternehmen und in der Bauwirtschaft im November wieder auf. Auch die Investitionsstimmung war deutlich besser als ein Jahr zuvor. Von Januar bis Oktober stieg der industrielle Produktionsindex kalenderbereinigt um 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2020: -7,2 Prozent). Probleme mit Material und Energiepreisen werden die Betriebe auch 2022 zunächst noch begleiten. Doch verbessern sich mit anziehender Konjunktur in der Europäischen Union, aber auch in Tschechien selbst, die Absatzperspektiven.


  • Maschinenbau

    Nach zwei negativen Jahren begann sich der tschechische Maschinenbau 2021 vergleichsweise stetig zu erholen. Auch heimische Kunden bestellten wieder mehr.

    War es zunächst die Auslandsnachfrage, die sich zurückmeldete, konnten Tschechiens Maschinenbauer 2021 auch auf mehr heimische Bestellungen bauen. Die Mitglieder des Leasingverbands stellten in den ersten drei Quartalen um 14 Prozent höhere Finanzvolumina für Maschinen und Anlagen bereit als 2020. Das spürten auch tschechische Hersteller von Agrar-, Holz- oder Baumaschinen, Heiz- und Kühltechnik sowie der durch die Rezession besonders schwer betroffene Werkzeugmaschinenbau. Produktion und Umsätze stiegen insgesamt von Januar bis Oktober um mehr als ein Zehntel, die Aufträge um über 17 Prozent. Die Internationale Maschinenbaumesse MSV in Brünn zeigte Anfang November, dass sich Automatisierungsprojekte wie ein roter Faden durch die gesamte Branche ziehen. Erweiterungen planen Master Therm, Daikin Device oder Dudr Tools. Ein neues Werk für Schubmaststapler will 2022 Jungheinrich in Chomutov bauen.


    Weitere Informationen:

    Tschechiens Unternehmen digitalisieren, um im Rennen zu bleiben

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Chemieindustrie

    Als Zulieferer erlebte Tschechiens Chemiebranche 2021 einen kräftigen Aufschwung. Bei den Arzneimittelherstellern entwickelte sich das Geschäft verhaltener.

    Im Zuge der phasenweise sehr dynamischen Industriekonjunktur haben die Hersteller chemischer Erzeugnisse 2021 deutlich aufgeholt. Von Januar bis Oktober stieg ihre Produktion um 9 Prozent. Umsätze und Aufträge legten um mehr als 30 Prozent zu. Auf verhaltenerem, aber positiven Kurs blieb die Arzneimittelherstellung. In Zusammenarbeit mit der Universität für Chemie und Technologie baut Orlen Unipetrol eine Dicyclopentadien-Anlage. Waridelta plant Produktionsanlagen für Klebstoffe, Demaco eine Verarbeitung von Kunststoffgranulat, Lanex und Bruder CZ Erhöhungen der Polymerproduktion. Wichtige Investitionsfelder sind die Depolymerisation von Kunststoffabfällen, Forschung zu Biokraftstoffen, Produktion von Batterie-Elektrolyt und Wasserstoffprojekte. Dekarbonisierung ist ein Muss und wird verstärkt gefördert. 


    Weitere Informationen:

    Tschechiens Wasserstoffstrategie als Chance für die Industrie

    Branche kompakt: Tschechische Chemiebranche erhöht die Kapazitäten

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Energiewirtschaft

    Der Modernisierungsfonds wird in dieser Dekade zur wichtigen Finanzierungsquelle für die Dekarbonisierung des Energiesektors. Die ersten Projekte sind angelaufen.

    Tschechiens Strom- und Wärmeunternehmen haben bis Oktober 2021 mehr produziert, aber weniger umgesetzt als im Jahr zuvor. Der Sektor rückte im 2. Halbjahr ins Zentrum der Aufmerksamkeit durch Preissprünge und die Insolvenz des Distributors Bohemia Energy, der 900.000 Abnehmer betraf. Auch die neue Regierung setzt auf den Ausbau der Atomkraft. Unter Ausschluss von China und Russland wird die Ausschreibung des neuen Reaktorblocks Dukovany 2022 erwartet. Zugleich setzt sie sich für eine Rehabilitation der Fotovoltaik ein. Wichtigster Fördertopf für Solarkraftanlagen sowie Dekarbonisierungsprojekte des Heizkraftsektors und der Industrie wird der mit ingesamt 6 Milliarden Euro bis 2030 ausgestattete Modernisierungsfonds. Energiekonzern ČEZ etwa plant neben dem AKW Dukovany neue Solarinvestitionen von 6.000 Megawatt. 

    Weitere Informationen:

    Modernisierungsfonds schiebt Tschechiens Dekarbonisierung an

    Tschechien und die Slowakei verbinden sich über intelligentes Stromnetz

    Energiesektor und Schwerindustrie in Tschechien unter Investitionsdruck

    Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Bauwirtschaft

    Tschechiens Tiefbau wuchs auch unter Corona weiter. Die Produktion im Hochbau erholt sich seit dem 2. Quartal 2021 dank vieler Wohnungs- und Logistikprojekte.

    Das Auftragspolster der Baubranche kann sich sehen lassen. Der Wert der neuen inländischen Aufträge erreichte im 3. Quartal 2021 einen Rekord. Geht es nach der Umfrage von CEEC Research, waren die Unternehmen zum Jahresende zu 96 Prozent ausgelastet und rechneten mit einem Zuwachs der Bauproduktion um insgesamt 2,2 Prozent. Für 2022 gehen sie von 1,1 Prozent aus, wobei die Dynamik im Hochbau höher sein sollte. Dieser hat durch einen gewissen Corona-Rückstau bei gleichzeitig boomendem Immobilienmarkt gute Perspektiven. Straßen- und Eisenbahnverwaltung sind durch die Aufbaumittel (bis 2026 rund 850 Millionen für nachhaltige und sichere Verkehrsinfrastruktur) für neue Ausschreibungen gut ausgestattet. Projektierungsausschreibungen zu Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken laufen. Die neue Regierung machte diese zu einer Priorität, stellt hingegen das Donau-Oder-Elbe-Kanalprojekt ein. Auch will sie das neue Baugesetz überarbeiten. 

    Weitere Informationen:

    Tschechiens Baubranche mit wachsendem Auftragspolster

    Erstes PPP-Projekt in Tschechiens Autobahnbau geht an den Start

    Hohes Ausschreibungsaufkommen im tschechischen Straßenbau

    Tschechien fördert Energieeffizienz bei Neu- und Altbauten

    In Tschechien sind Wärmepumpen und Systeme zur Wärmerückgewinnung gefragt

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Gesundheitswirtschaft

    Tschechiens Krankenhäuser wurden 2021 durch Corona extrem gefordert. Sie investieren mit Hilfe von EU-Mitteln, um krisenfester zu werden.

    Möglich machen das circa 800 Millionen Euro aus dem europäischen Antikrisenprogramm REACT-EU. Hinzu kommt 2022 bis 2027 etwa eine weitere Milliarde Euro aus den europäischen Aufbau- und Strukturfonds. Auch die noch sehr fragmentierte digitale Gesundheitsinfrastruktur steht vor Investitionen. Um sie vereinheitlichen und kompatibler machen zu können, tritt am 1. Januar 2022 das Gesetz über E-Health in Kraft. Es setzt den Rahmen für die Infrastruktur. Die Gesundheitspolitik der neuen Koalitionsregierung aus fünf liberalen und konservativen Parteien will den Versicherungen mehr Verantwortung übertragen. Es soll die Möglichkeit einer freiwilligen Zusatzversicherung geben.


    Weitere Informationen:

    Healthcare Monitor - Tschechiens Krankenhäuser investieren

    Strategische Krankenhausprojekte laufen an

    Tschechien fördert neue Produktionskapazitäten für Schutzmasken

    Tschechien fährt Produktion von Schutzkleidung hoch

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Pkw- und Nfz-Produktion

    Der Halbleitermangel brachte Tschechiens stärkste Industriebranche im Laufe 2021 zunehmend aus dem Erholungstakt. Die Pkw-Herstellung sank noch unter das Vorjahresniveau.

    Die Automobilindustrie, die in viele andere Branchen hineinreicht, hat von Januar bis Oktober 2021 nur knapp 900.000 Pkw produziert. Das war dem Verband AutoSAP zufolge ein Viertel weniger als im selben Zeitraum 2019 vor Corona. Da der Halbleitermangel die Kfz-Branche auch in anderen Ländern schwächt, hielt sich Tschechien laut der Analysegesellschaft Inovev als Pkw-Hersteller in der Europäischen Union auf Rang drei nach Deutschland und Spanien. Doch belastet das Stop-and-Go im In- und Ausland den exportstarken tschechischen Zuliefersektor. Die gute Nachricht: Der Anteil der batterieelektrischen Autos wächst und liegt bei 11 Prozent. Škoda Auto will mit 1,4 Milliarden Euro die Elektromobilität weiter entwickeln. Über ein mögliches Batteriezellenwerk im Land will Volkswagen 2022 entscheiden. 


    Weitere Informationen:

    Škoda Auto drosselt die Produktion bis Ende 2021

    Ein Zehntel der tschechischen Pkw-Produktion sind Elektroautos 

    Tschechien im Umbruch zu umweltfreundlichen Antrieben

    Tschechien ist wichtigster Beschaffungsmarkt deutscher Autobauer

    Branche kompakt: Tschechiens Kraftfahrzeugindustrie im Aufholmodus

    Von Miriam Neubert | Prag

  • Umwelttechnik

    Für mehr Recyclingkapazitäten und eine Optimierung des Industriewasserverbrauchs stellt allein der Aufbauplan 140 Millionen Euro zur Verfügung.

    Sinkende Grundwasserspiegel, Dürre und Borkenkäfer machen Tschechien zu schaffen. Investitionen in die Wasserinfrastruktur, in Aufforstungs- und Biodiversitätsprojekte werden kontinuierlich auch im Rahmen der neuen Aufbau- und Kohäsionsmittel gefördert. Einen Schub erhalten durch sie neue Abfallverwertungszentren. Neben Siedlungsabfällen geht es auch um Bauschutt oder Batterien. Das Abfallwirtschaftsgesetz verteuert seit Januar 2021 schrittweise die Deponierung von Siedlungsabfällen, hat aber die Frist für ein Verbot bis 2030 gestreckt. Das Ziel: 55 Prozent Verwertung bis 2025. Aktuell sind es 40 Prozent. Eine Option für Nichtrecycelbares bleibt die energetische Verwertung. Mit der Dekarbonisierung Hand in Hand gehen soll sie etwa beim Heizkraftwerkbetreiber CTZ. Das Projekt ist für 2027 anvisiert. Auch Teplárna České Budějovice plant eine solche Anlage. Die Stadt Prag will in eine Linie zur Nutzung der Schlacken aus ihrer Anlage investieren. Der Modernisierungsfonds unterstützt solche Projekte.


    Weitere Informationen:

    Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

    Nachhaltigkeit als Chance für den Neustart in Tschechien

    Neue Investitionsrunde gegen Tschechiens Wasserprobleme

    Umweltschutz erfordert in Tschechien anhaltende Investitionen

    Von Miriam Neubert | Prag

  • IKT

    Die IKT-Dienstleister profitieren vom Digitalisierungsschub im Zuge der Coronakrise und frischen europäischen Aufbau- und Kohäsionsmitteln.


    Tschechiens Informations- und Telekommunikationsdienstleister haben ihre Bruttowertschöpfung 2021 weiter gesteigert. Die Umsätze stiegen von Januar bis September preisbereinigt um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unter diesem Durchschnitt blieben die Telekommunikationsanbieter; die IT-Dienstleister lagen darüber. Exporte spielen eine wachsende Rolle. Bei Computerdiensten und Software erreichten sie mit umgerechnet fast 4 Milliarden Euro 2020 einen neuen Höchststand und stellen bereits 17 Prozent der exportierten Dienstleistungen. Die Perspektiven für 2022 sind gut. Im Inland sollen rund 1,1 Milliarden Euro aus dem Aufbauplan den digitalen Wandel vorantreiben - durch den Ausbau der 5G-Infrastruktur, die Digitalisierung der Staatsverwaltung und der Unternehmensprozesse. Die drei etablierten Mobilfunkanbieter O2, T-Mobile und Vodafone bauen ein 5G-Angebot auf. Neben ihnen erhielt auch Nordic Telekom mit CentroNet durch eine Auktion eine Chance.

    Weitere Informationen:

    Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität


    Von Miriam Neubert | Prag

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