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Tschechien plant Bau neuer Pumpspeicherkraftwerke
Tschechien will mit neuen Pumpspeicherkraftwerken die Schwankungen bei der Stromerzeugung besser ausgleichen. Sechs große Investitionsvorhaben sind dafür vorgesehen.
25.03.2024
Von Gerit Schulze | Prag
Das tschechische Umweltministerium hat sechs mögliche Standorte für den Bau neuer Pumpspeicherwerke (PSW) ausgewählt. Sie liegen verteilt über das Land an mehreren Flüssen. Es sollen bereits bestehende Staudämme in der Nähe genutzt werden. Ein regionaler Schwerpunkt ist das Kaskadensystem an der Moldau südlich von Prag, wo allein drei Anlagen zum Hochpumpen und Speichern des Wassers geplant sind.
Gesamtleistung von über 1.200 Megawatt
Der Bau der entsprechenden Reservoirs oberhalb der Flüsse würde mehrere Hundert Millionen Euro kosten. Die sechs PSW hätten eine Gesamtleistung von 1.222 Megawatt, berichtete der Fernsehsender ČT24.
Wie Umweltminister Petr Hladík mitteilte stehen die Planungen noch ganz am Anfang. Derzeit würden mögliche Auswirkungen der Anlagen auf die Umwelt geprüft und die technische Realisierbarkeit. Außerdem erarbeite das Ministerium einen Investitionsplan und sei auf der Suche nach Finanzierungsquellen. Für Hladík ist das Vorhaben ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Energiesicherheit. Tschechien könnte überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien in den Stauseen zwischenspeichern und bei Nachfragespitzen wieder abrufen.
Konkrete Parameter kursieren bereits für das Pumpspeicherkraftwerk Vinice, wo das Wasser über eine drei Kilometer lange Rohrleitung in ein Auffangbecken auf dem 630 Meter hohen Berggipfel Pteč gepumpt werden soll. Das Reservoir könnte ein Volumen von 4,4 Millionen Kubikmeter haben. Am Unterlauf sind vier Turbinen mit einer Leistung von jeweils 110 Megawatt geplant.
Bauzeit von 14 Jahren erwartet
Die Initiatoren erwarten in Vinice eine jährliche Stromproduktion von 218.000 Megawattstunden, was etwa dem Verbrauch von 50.000 Vier-Personen-Haushalten entspricht. Die mögliche Bauzeit wird mit 14 Jahren angegeben, die Baukosten auf rund 110 Millionen Euro geschätzt.
Als potenzielle Betreiber für die geplanten Kraftwerke im Gespräch sind der halbstaatliche Energiekonzern ČEZ und der Staatsbetrieb Povodí Vltavy, der Schleusen und Wasserkraftwerke entlang der Moldau betreibt.
In den betroffenen Kommunen regt sich allerdings auch Protest gegen die Pläne des Umweltministeriums. Einige Bürgermeister haben sich bereits gegen den Bau neuer Pumpspeicherwerke in ihren Gemeinden ausgesprochen, weil sie negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Trinkwasserversorgung befürchten.
Neben den sechs nun vorgestellten neuen Standorten könnten PSW auch in den Tagebaurestlöchern in Nordböhmen entstehen. Rund um Chomutov ist nach dem Ende der Braunkohleförderung ein System künstlicher Seen geplant, von denen einige zur Energiespeicherung genutzt werden könnten.
Derzeit drei große Anlagen in Betrieb
Derzeit gibt es in Tschechien drei größere Pumpspeicherkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1.170 Megawatt. Sie haben 2022 laut Umweltministerium für das Hochpumpen 1.290 Gigawattstunden Strom verbraucht und beim Herunterfließen 977 Gigawattstunden Elektroenergie erzeugt.
Die wichtigste Anlage ("Dlouhé stráně") steht im Altvatergebirge und verfügt über zwei Francis-Turbinen mit jeweils 325 Megawatt Leistung. Sie ging 1996 in Betrieb und wird vom Stromkonzern ČEZ betrieben. Die Fallhöhe dort beträgt über 500 Meter.
Eine zweite Anlage befindet sich in Südmähren nahe des Atomkraftwerks Dukovany. Das dortige PSW Dalešice hat eine Gesamtleistung von 475 Megawatt.
Ein drittes Pumpspeicherwerk betreibt ČEZ an der Moldau in Štěchovice südlich von Prag. Dort liegt die Turbinenleistung bei 45 Megawatt.