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E-Mobility

Die Nachfrage steigt stark: Fast jeder dritte in der Türkei verkaufte Neuwagen ist ein Elektro- oder Hybridauto.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Die Verkäufe von Elektroautos in der Türkei haben im Jahr 2024 einen Rekord gebrochen und die Marke von 100.000 überschritten. Ihr Anteil am türkischen Automarkt lag damit bei fast 11 Prozent. Zusammen mit Hybridfahrzeugen hatten sie sogar rund 30 Prozent. Hybrid stellt weiterhin den größten Anteil der Nachfrage im Bereich Elektromobilität dar. Der Bedarf wächst jedoch bei beiden Antriebsarten rasant: Der Inlandsabsatz von Hybridfahrzeugen stieg 2024 um 71 Prozent, der von Elektroautos um 64 Prozent. Ende des Jahres 2024 waren laut türkischer Statistikbehörde TÜIK landesweit 391.296 Hybrid- und 183.776 Elektroautos zugelassen. 

Das Kaufinteresse steigt trotz der Finanzierungsschwierigkeiten infolge der restriktiven Geldpolitik weiter und dürfte auch in den kommenden Jahren zulegen. Kredite sind teuer, und eine Finanzierung zu erhalten, ist zwar schwieriger geworden, doch gleichzeitig wird das Angebot an Hybrid- und Elektromodellen breiter und attraktiver. Dies trägt erheblich zur steigenden Nachfrage bei.

Präsident Erdoğan kündigt milliardenschwere Förderpakete an

Im Juli 2024 stellte der Staatspräsident mit "HIT-30" ein Förderprogramm in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar (US$) zur Unterstützung von High-Tech-Investitionen vor, wovon ein erheblicher Teil in die Kfz-Industrie fließt.

Die Investitionsaufrufe umfassen:

  • 5 Milliarden US$ für die Produktion von Halbleitern
  • 4,5 Milliarden US$ für die Batterieproduktion
  • 5 Milliarden US$ für die Produktion von Elektrofahrzeugen

Investitionen, die vor dem 31. Dezember 2025 beginnen, können von den Fördermöglichkeiten profitieren. Die Unterstützung richtet sich nach Projektgröße, Produktionskapazität und technologischen Anforderungen. Ziel des Programms ist es, die geförderten Investitionen bis 2030 abzuschließen. Gefördert wird unter anderem mit Steuererleichterungen, Zuschüssen und günstigen Krediten. Weitere Informationen zu den Fördermöglichkeiten und zu den Details der Investitionsaufrufe bietet das Ministerium für Industrie und Technologie.

TOGG-SUV überzeugt die Käufer

Die neue türkische Automarke TOGG startete 2023 den Verkauf des ersten in der Türkei entwickelten und produzierten Elektroautos. Das erste Modell, der SUV T10X, avancierte sofort zum Verkaufsschlager. In diesem Sommer soll der Verkauf des zweiten Modells, des Fließhecks T10F, beginnen. Es könnte für TOGG neue Kundengruppen erschließen. Zudem ist in Kürze der Export nach Europa geplant. 

Der TOGG SUV war 2024 in der Türkei das meistverkaufte Elektroautomodell mit 30.093 Einheiten. Mit deutlichem Abstand dahinter lag Tesla auf Platz 2 (11.534), gefolgt vom KG Mobility Torres (5.094) und dem BMW iX1 (4.708). Der chinesische Fahrzeughersteller BYD belegte mit 2.252 verkauften ATTO 3 den 8. Platz. Die höchsten Zuwächse wurden bei Elektroautos mit einer Motorleistung von unter 160 Kilowatt verzeichnet – deren Verkäufe stiegen um 63 Prozent auf 85.365 Einheiten. 

Türkei etabliert sich als strategischer Standort für den europäischen E-Automarkt

Der Marktneuling TOGG hat internationale Aufmerksamkeit geweckt und den Automobilstandort Türkei auch bei E-Mobility ins Rampenlicht gerückt. Neben TOGG produziert bereits Ford Elektrofahrzeuge in der Türkei. Auch Toyota baut Hybrid-Modelle. Zudem haben mehrere internationale Unternehmen angekündigt, Batterien, Elektroautos oder Teile für E-Fahrzeuge in der Türkei zu fertigen. Hyundai gab Anfang März bekannt, in der zweiten Hälfte des Jahres 2026 mit der Produktion von Elektroautos im Werk in Izmir zu starten.

Viele Hersteller haben dabei nicht nur den türkischen Markt im Visier, sondern vor allem die EU. Dank der Zollunion mit der EU haben in der Türkei produzierte Kfz und Kfz-Teile einen privilegierten Zugang zum europäischen Markt. Dies macht die Türkei, insbesondere für ausländische Investoren attraktiv.

Die Investitionen in E-Mobility in der Türkei werden durch die Entscheidung der EU zum Verbrenner-Aus ab 2035 begünstigt. Die EU ist zweifellos der wichtigste Absatzmarkt für die türkische Automobilbranche. Um diesen nicht zu verlieren, ist eine Umstellung der türkischen Produktion unerlässlich – sowohl für die Autohersteller als auch für die Zulieferindustrie. 

Auch chinesische Hersteller planen hohe Investitionen

Gleichzeitig zieht der privilegierte Zugang zum europäischen Markt neue ausländische Investitionen an, insbesondere aus China. Der Elektrogigant BYD kündigte an, 1 Milliarde US$ in den Bau eines Autowerks in Manisa zu investieren. Berichten zufolge hat der Bau des Werks bereits begonnen. Auch der chinesische Autohersteller Chery verhandelt mit der türkischen Regierung über den Bau eines E-Autowerks. Skywell wiederum gab bereits 2023 bekannt, rund 1,6 Milliarden US$ in der Türkei investieren zu wollen, unter anderem in ein Autowerk und eine Batterieproduktion.

Kein Neuling: Die Türkei produziert seit Jahren Elektrofahrzeuge

Elektrische Nutzfahrzeuge werden bereits seit längerer Zeit in der Türkei hergestellt, unter anderem von Anadolu Isuzu, Karsan, Otokar oder Temsa. Ihr Fokus liegt meist auf dem Kernmarkt Europa. 

Temsa ist ein führender türkischer Hersteller von Bussen und Midibussen. Das Unternehmen setzt seit einigen Jahren verstärkt auf Elektromobilität und plant, bis Ende 2025 mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit Elektrobussen zu generieren. Zudem produziert der Hersteller Batterien für seine Elektrofahrzeuge im eigenen Werk in Adana. Daimler Buses startet die Fertigung des E-Überlandbusses, des Mercedes-Benz eIntouro, im Werk Hoşdere bei Istanbul. Bestellungen werden laut eigenen Angaben ab dem 1. Quartal 2025 angenommen, die Auslieferung ist für 2026 geplant.

In der Zulieferindustrie werden neue Kompetenzen im Bereich E-Mobility aufgebaut. Laut Schätzungen der International Finance Corporation aus dem Jahr 2022 konnten 70 Prozent der fast 300 türkischen Autoteilelieferanten keine Komponenten für Elektrofahrzeuge herstellen. Dies dürfte sich bald ändern.

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