Die große, junge Bevölkerung, der Tourismus und das Wachstum des modernen Einzelhandels schaffen vielversprechende Marktperspektiven für Produktion und Verkauf von Lebensmitteln.
Der Inlandsmarkt ist groß und die Wachstumsaussichten sind mittel- und langfristig gut. Mit rund 85 Millionen Einwohnern, darunter viele junge und konsumfreudige Verbraucher, bietet die Türkei ein attraktives Absatzpotenzial. Die hohe Inflation schwächt allerdings derzeit die reale Kaufkraft der Haushalte und dämpft die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Getränken. Positiv sind die Wachstumsaussichten in der Tourismusbranche, die ebenfalls ein bedeutender Abnehmer ist. Mit dem Start der Sommersaison 2024 wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Getränken hier zulegen, da ein Anstieg der Besucherzahlen erwartet wird.
Gute Aussichten für Nahrungsmittelindustrie auch in Krisenzeiten
Der Absatz von Nahrungsmitteln könnte sich laut dem Analyseinstitut Statista zwischen 2023 und 2028 mehr als verdoppeln und damit fast 247 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen. Derzeit verteuert die Abwertung der Türkischen Lira gegenüber US-Dollar und Euro die Preise bei importierten Produkten zusätzlich und beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Marken. Mittel- und langfristig dürfte die Nachfrage nach importierten, hochwertig verarbeiteten Lebensmitteln trotzdem steigen. Dies gilt vor allem für die wohlhabenderen Großstädte im Westen des Landes. Die wachsende Mittelschicht und die Offenheit der jüngeren Generation für Produkte aus dem Ausland könnten zu einem erhöhten Bedarf an internationalen Lebensmitteln führen.
Das Angebot an Fertiggerichten und Convenience-Produkten ist bisher begrenzt, könnte sich jedoch mit dem zunehmenden Anteil berufstätiger Frauen und der steigenden Anzahl von Single-Haushalten in den Städten ändern.
Steigende Lebensmittelpreise treiben Kunden zu Discountern
Die inländischen Kunden sind preisbewusster geworden sind. Die Bevölkerung isst wegen der hohen Preise weniger auswärts und kocht mehr zu Hause, was die Nachfrage nach Kochzutaten und Fertiggerichten erhöhen könnte. Statt Markenprodukten werden vermehrt preisgünstigere Alternativen nachgefragt.
85
Millionen
Menschen leben in der Türkei, darunter viele junge, konsumfreudige Verbraucher.
Die Verbraucher zieht es wegen der sinkenden Kaufkraft immer öfter zu Discountern wie BIM, A101 und Şok. Auch Wochenmärkte sind beim Kauf von Obst und Gemüse weiterhin beliebt, da dort die Preise als besonders günstig gelten. In der Türkei gibt es landesweit rund 350.000 Lebensmittelhändler, sowohl Ketten als auch unabhängige Einzelhändler.
Einige Hersteller setzen auf kleinere Packungsgrößen bei gleichem, manchmal sogar höherem Preis, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Andere bieten auf dem heimischen Markt verstärkt Produkte mit niedrigeren Kosten und günstigeren Verkaufspreisen an, während sie versuchen, ihre Exporte mit hochpreisigen, margenstarken Erzeugnissen zu stärken.
Große Supermärkte müssen glutenfreie Lebensmittel anbieten
Es wird erwartet, dass auch die Nachfrage nach funktionellen Lebensmitteln steigen wird. Derzeit sind Diabetiker- und glutenfreie Lebensmittel nur in begrenztem Umfang verfügbar. Dies wird sich bei glutenfreien Produkten ändern: Das türkische Handelsministerium verpflichtet Lebensmitteleinzelhandelsketten mit mehr als 200 Filialen und einer Fläche von über 250 Quadratmetern, glutenfreies Mehl sowie süße und salzige Snacks anzubieten. Bei über 400 Quadratmetern müssen zudem glutenfreies Brot und Nudeln angeboten werden. Die Verordnungen treten nach und nach am 1. Juni und 1. September 2024 in Kraft.
Diätprodukte stellen ebenfalls noch ein Nischensegment dar, aber mit zunehmendem Gesundheitsbewusstsein könnte der Bedarf steigen. Gesundes Essen entwickelt sich zum Trend, insbesondere in den höheren Einkommensklassen und teilweise auch bei der Mittelschicht. Organische Lebensmittel sind bisher vor allem bei Milchprodukten, Säuglingsnahrung und Snacks verbreitet. Auch angereicherte Babynahrung mit Nährstoffen und Vitaminen hat Wachstumspotenzial, obwohl die Auswahl noch begrenzt ist.
Ausgewählte Projekte in der Nahrungsmittelproduktion in der Türkei Investitionssumme in Millionen US-DollarUnternehmen | Investitionssumme | Anmerkungen |
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Sunar Un | 19 | Geplante Kapazitätserhöhung der Mehlproduktion |
Tat Gıda | 10 | Geplante Produktionsstätte für Fertiggerichte und Saucen |
Selva Food Industry | 7 | Geplante Kapazitätserhöhung der Nudelproduktion |
Quelle: Pressemeldungen 2024
Bei Getränken dominieren Tee und Kaffee
Die monatlichen Haushaltsausgaben für Getränke betrugen 2023 rund 452 Millionen US$. Der Umsatz im E-Commerce Markt soll im Gesamtjahr 2024 rund 248 Millionen US$ erreichen und bis 2029 auf 412 Millionen US$ zulegen, prognostiziert das Analyseinstitut Statista. Der größte Umsatz bei Getränken wird in der Türkei mit Heißgetränken wie Tee und Kaffee erzielt. Einige internationale Teemarken sind auf dem türkischen Markt vertreten. Staatliche Produzenten halten Berichten zufolge die Preise für Tee niedrig. Aus diesem Grund konzentrieren sich internationale Marken häufig auf High-End-Kundengruppen und Spezialprodukte.
Nachfrage nach kommerziellem Tierfutter wächst
Der Absatz von Tierfutter in der Türkei soll sich Prognosen zufolge von 4 Milliarden US$ im Jahr 2023 bis 2028 auf 8 Milliarden US$ verdoppeln. Die steigende Nachfrage wird durch einen deutlichen Anstieg der Tierhaltung, vor allem von Hunden und Katzen, die wachsende Mittelschicht sowie die vermehrte Fütterung von Straßenkatzen und -hunden durch kommunale Einrichtungen und freiwillige Helfer vorangetrieben. Dem Türkischen Veterinärverband TVHB zufolge gibt es in den privaten Haushalten etwa 4,5 Millionen Hunde und 1,5 Millionen Katzen. Dazu kommt ein Vielfaches an Straßenkatzen und -hunden. Die meisten Hunde und Katzen werden in den Haushalten mit Tischabfällen gefüttert, aber die Nachfrage nach kommerziellem Tierfutter wächst. Derzeit bremsen die hohe Inflation und die geringere Kaufkraft auch den Nachfrageanstieg bei höherpreisigem Tierfutter.
Etwa zwei Drittel des in der Türkei verkauften Tierfutters werden lokal produziert, der Rest importiert - vor allem aus Europa. Die lokale Produktion wächst, kann aber die Inlandsnachfrage nach Tierfutter nicht decken. Wachsende Lieferchancen für deutsche Hersteller könnten sich nicht nur bei Tierfutter, sondern auch bei Zutaten für die lokale Herstellung von Tierfutter ergeben. Branchenexperten zufolge deckt die Menge der lokal verfügbaren Vorprodukte nicht den Bedarf der Tierfutterhersteller.
Stand: Mai 2024
Von Katrin Pasvantis
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Istanbul