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Special | Türkei | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Türkei – Auf dem Weg zu Netto-Null

Die Türkei will bis 2053 netto emissionsfrei sein. Investoren zeigen Interesse an erneuerbaren Energien und Wasserstoff. Die Rahmenbedingungen sind teils noch unklar.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Klimastrategie: Türkei setzt Klimaschutz auf die Agenda

    Die Türkei hat das Pariser Abkommen ratifiziert und will bis 2053 klimaneutral sein. Gasimporte sollen durch lokale Energiequellen wie erneuerbare Energien ersetzt werden. 

    Die Türkei hat im Oktober 2021 nach langem Widerstand als letztes OECD- und G20-Land das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Gleichzeitig hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan das Ziel ausgerufen, die Emissionen der Türkei bis 2053 auf Netto-Null zu senken. Erste Hinweise, wie dieses Ziel erreicht werden soll, liefern der Nationale Energieplan und die Wasserstoffstrategie. Beide wurden im Januar 2023 vorgestellt.

    Ziel der türkischen Energiepolitik ist es, den wachsenden Bedarf bei der Energieversorgung durch lokale Energiequellen zu decken. Dadurch will das Land die hohe Importabhängigkeit, insbesondere bei Gas und Kohle, senken. Mangels eigener relevanter Erdöl- oder Erdgasvorkommen, setzt die Regierung auf erneuerbare Energien, vor allem auf Wasser- und Windkraft. Auch der Bau von Atomkraftwerken sowie eine effizientere Nutzung der lokalen Braunkohle stehen im Vordergrund. Die Exploration von Erdöl- und Erdgasfeldern wird weiter vorangetrieben. Das zeigt der jüngste Gasfund im Schwarzen Meer. 

    Türkei: Klimabilanz im Jahr 2021

    Indikator

    Türkei

    Deutschland

    Bevölkerung (in Mio.)

    84,7

    83,2 

    Ranking des Landes im Climate Change Performance Index (CCPI) 1)

    Rang: 43

    Punktezahl: 43,7

    Rang: 16

    Punktezahl: 61,1

    Anteil des Landes an den weltweiten Treibhausgasemissionen (in %) 2)

    0,9

    1,5

    CO2-Ausstoß gesamt (in Mio. t pro Jahr)

    446

    675

    CO2-Ausstoß pro Kopf (in t CO2/Kopf und Jahr)

    5,3

    8,1

    Emissionsintensität der Wirtschaft (in kg CO₂/BIP 3))

    0,2

    0,2

    Energieintensität der Wirtschaft (in MJ 4)/2017 US$ PPP 5)2)

    2,6

    2,8

    1 2023, Rang von 63; 2 2019; 3 Bruttoinlandsprodukt; 4 Megajoule; 5 Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität).Quelle: Climate Change Performance Index 2023; Global Carbon Atlas 2023; Enerdata 2023; Türkisches Statistikamt TÜIK 2023; IEA 2023

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Klimaziele: Netto-Null-Emissionen bis 2053

    Bislang waren die Klimaziele der Türkei niedrig gesteckt und unverbindlich. Jetzt zeichnet sich eine Wende ab. 

    Die Türkei will das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität (Netto-Null) bis 2053 erreichen. Das Land hat das Umweltministerium um die Zuständigkeit für Klimaschutz aufgestockt und eine eigene Klimaabteilung eingerichtet. Mit Unterstützung der Weltbank läuft ein Projekt zur Einführung eines Emissionshandelssystems ETS (Emission Trading System). Dessen Start ist für 2026 anvisiert. Zu Beginn des Jahres 2023 veröffentlichte das türkische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen den Nationalen Energieplan 2020 bis 2035 und die Wasserstoffstrategie.

    Der genaue Fahrplan bis zu Netto-Null ist unklar

    Die beiden neuen Strategiepapiere geben erste Hinweise, wie die Türkei ihr Netto-Null-Ziel bis 2053 erreichen möchte. Der Energieplan und die Wasserstoffstrategie müssen jedoch Teil der nationalen Politik werden. An der Konkretisierung und Umsetzung der Ziele arbeiten nicht nur das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen, sondern auch andere Ministerien. Beispielsweise muss in der Transportbranche, auf die ein großer Teil der CO2-Emissionen entfällt, eine anvisierte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene mit dem Transportministerium abgestimmt werden. Dem Vernehmen nach bewerten Unternehmensvertreter den Energieplan 2035 allgemein eher positiv. Die Energiebranche soll durch die Veröffentlichung der Ziele bereits einen Aufschwung erlebt haben. Allerdings gibt es teils Zweifel an der Realisierbarkeit und der Umsetzung der Ziele. Zudem sei offen, wie die Projekte finanziert werden sollen.

    Zur Erreichung des Netto-Null-Ziels muss die Türkei die Emissionen senken und den Ausbau grüner Energiequellen vorantreiben. Ist eine Dekarbonisierung durch Elektrifizierung nicht möglich, könnte Wasserstoff eingesetzt werden. Unternehmensvertreter erachten die veröffentlichten Wasserstoffziele im Allgemeinen häufig als noch nicht aussagekräftig genug. Es bleibe unklar, wie die Ziele erreicht werden sollen. Investoren wünschen sich einen konkreten Fahrplan. 

    Unternehmen bereiten sich auf EU-Maßnahmen vor

    Entscheidend für die weitere Entwicklung dürfte sein, dass Wirtschaft und Verbände das Thema Dekarbonisierung vorantreiben. Die EU ist der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für produzierende Unternehmen in der Türkei. Deshalb zwingen EU-Maßnahmen wie die geplante Einführung des europäischen Grenzausgleichssystems CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) zur CO2-Bepreisung von Importen und der Green Deal auch türkische Produzenten dazu, energieeffizienter zu werden. Nur so können sie sich ihre Wettbewerbsfähigkeit in der EU sichern. Die türkische Regierung hat Ende des Jahres 2021 einen Aktionsplan zum Green Deal veröffentlicht. 

    Emissionshandelssystem ist in der Pilotphase

    Die Türkei arbeitet schon länger in Zusammenarbeit mit der Weltbank an der Entwicklung eines ETS-Systems. Das erforderliche Reporting-System MRV ist seit 2015 in Kraft. Jetzt ist die dritte und letzte Projektphase erreicht: Die Pilotierung. Sie wird von unterstützenden technischen Studien begleitet. Stimmen aus dem zuständigen Energieministerium zufolge, wird sich das türkische ETS am EU-Emissionshandelssystem orientieren. Die Einführung ist für 2026 anvisiert. 

    Vorrangiges Ziel ist die Unabhängigkeit von Importen

    Die Türkei strebt die Abkehr von Gas und Erdöl hin zu grünen Energiequellen an. Das möchte das Land vor allem, um bei der Stromversorgung unabhängiger von Importen zu werden. Klimawandel oder Umweltschutz scheinen in der Politik nicht die treibenden Kräfte dafür zu sein. Dies zeigt besonders das Festhalten am Braunkohleabbau. Außerdem ist die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Türkei Wasserkraft, die ihrerseits viele Umweltbedenken aufwirft. Der Ausbau der Wasserkraft soll Experten zufolge bald das Limit des Machbaren erreicht haben. In den vergangenen Jahren rückte Windkraft in den Fokus. Für deren Erzeugung gibt es in der Türkei geeignete Gebiete, insbesondere in der Süd-Marmara-Region. Es entstehen auch vermehrt Solarprojekte.

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Klimagesetze: Bislang mit begrenzter Aussagekraft

    Klimaziele sind in zahlreichen Verschriftlichungen bislang niedrig gesteckt und unverbindlich. Ein neues Klimagesetz könnte konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung definieren. 

    Im Januar 2023 hat die Türkei ihren Nationalen Energieplan (2022 bis 2035) und ihre Wasserstoffstrategie veröffentlicht, die durch weitere Vorschriften und Strategien ergänzt werden sollen. Im Jahr 2023 soll das Parlament zudem ein bereits 2021 entwickeltes Klimagesetz ratifizieren. Es soll Regelungen für die Implementierung eines Emissionshandelssystems (ETS) und einer CO2-Bepreisung enthalten.

    Geplant sind unter anderem folgende Rechtsvorschriften und Strategien, die den Klimaschutz verbessern sollen:

    • 12. Fünfjahresplan (Anfang 2024 bis Ende 2028)
    • Langfristige Strategie zur Emissionsreduzierung
    • Klimagesetz
    • Lokaler Aktionsplan zum Klimawandel (Verordnung)
    • Langfristige Klimawandelstrategie
    • Strategie und Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft
    • Strategie für nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion 
    • Strategie und Aktionsplan für nachhaltige, intelligente Mobilität
    • Technologie-Roadmap für grünes Wachstum
    • Roadmap für emissionsintensive Industrien
    • Sekundärrecht für das ETS
    • Roadmap und Umsetzungsplan für Technologien zur Kohlendioxidabscheidung und -verwertung
    • Roadmap Offshore-Wind

    Die größte Veranstaltung zum Klimaschutz in der Türkei war der Klimarat in Konya im Februar 2022, bei dem ein Abschlusspapier mit Empfehlungen erstellt wurde. Ein strittiges Thema ist ein möglicher Braunkohleausstieg. Experten sehen einen schnellen Ausstieg aus der Kohlenutzung als essenziell für die Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2053.

    Vorhandene Gesetze und Regelungen bleiben meist vage

    Es gibt eine Vielzahl an Klimagesetzen und -vorschriften. Zu den jüngeren zählen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (Nr. 5346) und der Aktionsplan zum Green Deal, der die Türkei in Einklang mit dem Green Deal der EU bringen soll. Im November 2022 traten Verordnungsänderungen bei erneuerbaren Energien in Kraft. Diese betreffen vor allem die Energiespeicherung. Die rechtliche Basis für Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz ist das Gesetz Nr. 5627 aus dem Jahre 2007 und die dazugehörigen Durchführungsverordnungen sowie deren Ergänzungen.

    Klimaverordnungen in der Türkei
    • Änderungen diverser Verordnungen über den Energiemarkt sowie die Zertifizierung und Förderung erneuerbarer Energien (Amtsblatt Nr. 32018), November 2022.
    • Aktionsplan zum Green Deal, 2021 (per Präsidial-Dekret 2021/15).
    • Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Strommarktlizenzierung, 2021.

    • Nationales Strategiedokument für intelligente Transportsysteme und Aktionsplan 2020 bis 2023, 2020.

    • Verordnung über den Anteil der lokalen Produktion bei Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen, letzte Änderung Mai 2020.

    • Dekret 1044/2019 und Verordnung über die nicht lizenzierte Stromerzeugung auf dem Strommarkt, letzte Änderung Mai 2019.

    • Nationaler Aktionsplan zur Energieeffizienz 2017 bis 2023 (Beschluss des Hohen Planungsrates Nr. 2017/22), 2018.

    • Verordnung über die Überwachung von Treibhausgasemissionen, letzte Änderung Dezember 2014.

    • Strategiepapier zur Energieeffizienz 2012 bis 2023, 2012.

    • Nationale Adaptions-Strategie und Aktionsplan zum Klimawandel, 2011.

    • Aktionsplan zum Klimawandel 2011 bis 2023, 2011.

    • Gesetzesdekrete 644 und 648 über die Organisation und Aufgaben des Ministeriums für Umwelt und Stadtplanung, letzte Änderung August 2011.

    Klimagesetze in der Türkei
    • Gesetz Nr. 5346 zur Nutzung von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung, 2005, Änderung September 2020.
    • Strommarktgesetz (Nr. 6446), Einführung von Steuerabzügen für erneuerbare Energien, 2013, letzte Änderung Juli 2020.
    • Elfter Nationaler Entwicklungsplan (2019 bis 2023).
    • Gesetz Nr. 6306 über die Umstrukturierung von Gebieten, die von Naturkatastrophen bedroht sind, 2012.
    • Gesetz Nr. 5902 über die Einrichtung und Aufgaben der Behörde für Katastrophen- und Notfallmanagement, 2009.
    • Gesetz Nr. 5686 über geothermische Ressourcen und Mineralwässer, 2007.
    • Gesetz Nr. 5627 über Energieeffizienz, 2007.
    • Gesetz Nr. 5403 über Bodenschutz und Landnutzung, 2005.
    • Gesetz über die türkische Atomenergiebehörde, 1982.
    • Gesetz Nr. 2090 über die Unterstützung von Landwirten, die Verluste aufgrund von Naturkatastrophen erlitten haben, letzte Änderung August 2006.

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Investitionen: Türkei erhält großes Kreditpaket

    Die Türkei fördert Investitionen über Steuer- und Importzollermäßigungen. Institutionen haben sich zusammengeschlossen und dem Land ein Milliarden-Kreditpaket zugesagt.

    Die Weltbank, die französische Regierung und das deutsche Bundesumweltministerium haben zusammen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 2022 eine offizielle Absichtserklärung über ein Kreditvolumen von 3 Milliarden US-Dollar (US$) mit der Türkei unterzeichnet. Die KfW Bankengruppe plant, diese Mittel Unternehmen mit Sitz in der Türkei über zwei türkische Entwicklungsbanken für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die Darlehensfinanzierung soll über einen ungebundenen Finanzkredit (UFK) erfolgen. Es gibt keine Vorgaben zum Einsatz deutscher Technik bei den Projekten. Das UFK-Darlehen wird von Investitionskostenzuschüssen begleitet werden, um besonders innovative Maßnahmen fördern zu können.

    Anfang April 2023 stellte die KfW der Türkei die erste Finanzierungslinie über 100 Millionen Euro über die türkische Förderbank TSKB zur Verfügung. Finanziert werden sollen Investitionen in erneuerbare Energien, Energiespeichersysteme, Energieeffizienz und Elektromobilität. Die TSKB hat außerdem einen Zuschuss in Höhe von 10 Millionen Euro von der Internationalen Klimaschutzinitiative erhalten.

    Weltbank fördert die grüne Transformation der Industrie

    Mit einem Gesamtbudget von 450 Millionen US$ unterstützt die Weltbank die Türkei über einen Zeitraum von fünf Jahren beim grünen Übergang der Industrie (Türkiye Yeşil Sanayi Projesi). Das türkische Ministerium für Industrie und Technologie leitet das Projekt zusammen mit dem staatlichen Forschungszentrum TÜBİTAK und der Entwicklungsgesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), KOSGEB. Im April 2023 unterzeichneten sie ein Abkommen mit drei Komponenten:

    • Darlehen über 250 Millionen US$ für grüne Transformationsaktivitäten von KMU (Durchführer: KOSGEB). Es werden Aktivitäten in den Bereichen erneuerbare Energien, Ressourceneffizienz, Abfallwirtschaft und Kreislaufwirtschaft gefördert.
    • Zuschüsse und rückzahlbare Finanzierungen über 175 Millionen US$ für in der Türkei ansässige Privatunternehmen sowie öffentliche Forschungsinstitute und Universitäten (Durchführer: TÜBİTAK). Es werden Mentoring-Aktivitäten sowie Forschung und Entwicklungs- sowie Innovationsaktivitäten unterstützt.
    • Förderung über 25 Millionen US$ für technologische Ausrüstung (Durchführer: Ministerium für Industrie und Technologie). Darunter auch die Infrastruktur für die Zertifizierung als grünes Industrieunternehmen (Yeşil Sanayi İşletmesi).

    Vielfältige öffentliche Subventionen

    Klimaschutzprojekte können zudem, wie andere Investitionen auch, über Ermäßigungen bei Steuern oder Importzöllen gefördert werden. Zusätzliche Fördermöglichkeiten, auch vergünstigte Importzölle, gibt es für Investitionen, die aus strategischen Gründen besondere Priorität genießen. Bei erneuerbaren Energien ist dies beispielsweise der Aufbau einer lokalen Fertigung von Windkrafttechnik.

    Investitionen in die Energiebranche werden im Rahmen der allgemeinen Förderung staatlich subventioniert, wobei die Bestimmungen für die Förderregion 5 (vergleichsweise hohe Subventionen) Anwendung finden. Diese beinhalten unter anderem Befreiungen von Importzöllen auf für das Projekt benötigte Maschinen und Ausrüstungen. Andere Instrumente sind die Befreiung von der Mehrwertsteuer und Zinszuschüsse. Informationen zur Investitionsförderung auf Deutsch veröffentlicht das Investitionsbüro der Präsidentschaft der Republik Türkei. Investitionen in Energiespeicherung sollen durch Verordnungsänderungen bei erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Diese traten im November 2022 in Kraft. Durch die Neuerungen könnte die Nachfrage nach Batterietechnologien steigen.

    Seit 2009 subventioniert die Regierung auch Vorhaben zur Effizienzsteigerung (Verimlilik Arttirici Projeler) im produzierenden Gewerbe, wenn diese Projekte einen jährlichen Energieverbrauch von mindestens 500 Tonnen Erdöläquivalent haben. Vorhaben, deren Kosten ohne Mehrwertsteuer 5 Million Türkische Lira (TL) nicht übersteigen, werden mit bis zu 30 Prozent der Projektkosten unterstützt.

    Einspeisevergütung für erneuerbare Energien

    Das im Jahr 2011 gestartete nationale Förderprogramm Yakdem hat die Entwicklung der Projekte für erneuerbare Energien in der Türkei vorangetrieben. Das Programm sollte 2021 auslaufen, wurde aber mit Änderungen verlängert. Es gilt in seiner neuen Form für Windkraftanlagen, die zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 21. Dezember 2025 den Betrieb aufnehmen. Der Förderzeitraum beträgt zehn Jahre. Die Einspeisevergütung und Zuschläge für lokale Fertigung werden nun in Türkischer Lira anstatt US-Dollar ermittelt und viermal jährlich aktualisiert. Für die Preisermittlung wird eine Formel verwendet, die Inflationsraten und Wechselkurse als Variablen enthält. Die Obergrenze für die Einspeisevergütung wird weiterhin in US-Dollar angegeben, siehe dazu Dekret 3453 vom 30. Januar 2021. Die Umstellung der Einspeisevergütung von US-Dollar auf Türkische Lira hat die Attraktivität der Projekte für Investoren gemindert. Zudem wurden die Tarife deutlich gesenkt.

    Fragen zu Realisierbarkeit und Finanzierung bleiben 

    Der neue Energieplan 2035 sorgte im Privatsektor für eine eher positive Stimmung. Allerdings bleiben teils Zweifel an der Realisierbarkeit und der Umsetzung der Ziele. Schwierigkeiten werden auch bei der Finanzierung der Projekte gesehen. Die Hoffnungen ruhen auf den Strategien, die die einzelnen Ministerien im Nachgang erarbeiten sollen. "Unseren Kunden, besonders kleine und mittelständische Unternehmen, fehlt es an Finanzierungsmöglichkeiten“, sagt auch eine Vertreterin eines deutschen Technologieanbieters. "Das Interesse, beispielsweise eine Wärmepumpe zu installieren, ist da."

    Die veröffentlichte Wasserstoffstrategie wird von Unternehmensvertretern häufig als nicht aussagekräftig genug erachtet. Investoren wünschen sich eine Roadmap, wie die genannten Ziele erreicht werden sollen. Manche äußern auch Zweifel daran, ob es beispielsweise in Deutschland bereits Abnehmer für grünen Ammoniak aus der Türkei gebe.

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • DIHK-AHK-Umfrage zum Klimaschutz weltweit

    Türkei

    Die Umfrage wurde im April und Mai 2022 von der DIHK unter 2.860 Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) durchgeführt. Unternehmen aus insgesamt 107 Ländern nahmen daran teil. Die Befragung gibt wieder, wie die in dem jeweiligen Land tätigen deutschen oder eng mit Deutschland kooperierenden Unternehmen die Situation vor Ort wahrnehmen.

    Von Martin Knapp (DIHK) | Berlin

  • Energie: Mit erneuerbaren Energien und Wasserstoff zu Netto-Null

    Das Land tätigt hohe Investitionen in Wind- und Solarenergie. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle.

    Energieversorgung

    Der Energiebedarf der Türkei steigt und die Abhängigkeit von Gas- und Kohleimporten ist hoch. Um dem entgegenzusteuern und den Bedarf zu decken, setzt die Regierung auf erneuerbare Energien, den Bau von Atomkraftwerken, die effizientere Nutzung von lokaler Braunkohle und die Exploration von Erdöl- und Erdgasvorkommen.

    Zur Deckung des Energiebedarfs ist das Land in hohem Maße auf Importe angewiesen. Mehr als 90 Prozent des Erdöls und fast das gesamte Gas kommen aus dem Ausland, vor allem aus Russland. Auch gut 60 Prozent der eingesetzten Kohle werden importiert. Im Januar 2023 hat die Türkei ihren Nationalen Energieplan mit den Zielen für 2035 veröffentlicht. Bis zum Jahr 2053 möchte die Türkei klimaneutral sein. Fossile Energien sollen trotzdem 2035 noch eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielen. Gleichzeitig wird der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben.

    Stromerzeugung

    Die Türkei plant die installierte Kapazität zur Stromerzeugung bis 2035 zu verdoppeln. Rund die Hälfte der vorhandenen Kapazitäten entfielen im Jahr 2020 auf erneuerbare Energien. Bis 2035 soll sich ihr Anteil inklusive Kernkraft auf 65 Prozent erhöhen. Das Land will vor allem in Solar- und Windenergie investieren. Das Volumen von Solarkraft soll sich auf knapp 53 Gigawatt verfünffachen und das von Windkraft auf 30 Gigawatt verdreifachen.

    Während die Solarbranche noch vergleichsweise wenig entwickelt ist, ist Windkraft im Land gut ausgebaut. Der Markt ist grundsätzlich offen für internationale Anbieter. Jedoch gibt es strikte Local-Content-Anforderungen. Zahlreiche internationale Anbieter von Windkrafttechnik haben deshalb in den vergangenen Jahren mit lokalen Partnern Fertigungen aufgebaut. 

    Ende April 2023 eröffnete Staatspräsident Erdoğan nach fünf Jahren Bauzeit den ersten Atomreaktor der Türkei. Das Kernkraftwerk Akkuyu bei Mersin soll insgesamt vier Reaktoren mit einer Kapazität von je 1,1 Gigawatt haben. Das Projekt in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar (US$) wird in Zusammenarbeit mit Russland (Rosatom) umgesetzt. Zwei weitere Atomkraftwerke sind geplant und die Suche nach Investoren läuft. Bis 2035 soll die installierte Kernenergie auf 7,2 Gigawatt steigen.

    Exportinitiative Energie
    • Was? Die Exportinitiative Energie unterstützt Unternehmen aus den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz, intelligente Netze beziehungsweise Speichertechnologien.
    • Wen? Unterstützt werden kleine und mittlere Unternehmen mit Sitz in Deutschland.
    • Wie? Zur Initiative zählen Geschäftsreisen sowie Leistungsschauen und Sondermesseprogramme in der Türkei. Hinzu kommen für Unternehmen aus der Türkei Informationsveranstaltungen und -reisen in Deutschland.
    • Wer? Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz; Partner in der Türkei ist die lokale Auslandshandelskammer.

    Aufbau Wasserstoffwirtschaft

    Das türkische Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen hat im Januar 2023 die nationale Wasserstoffstrategie veröffentlicht. Das Hauptanliegen ist zum einen die Senkung der Produktionskosten für grünen Wasserstoff auf unter 2,4 US$ pro Kilogramm Wasserstoff bis 2035 und unter 1,2 US$ pro Kilogramm Wasserstoff bis 2053. Zum anderen sollen die Wasserstoff-Elektrolyseure-Kapazitäten von 2 Gigawatt im Jahr 2030 auf 5 Gigawatt im Jahr 2035 und bis auf 70 Gigawatt im Jahr 2053 ausgebaut werden.

    Für die Produktion von grünem Wasserstoff setzt die Türkei vor allem auf Solar- und Windkraft. Bei Elektrolyse-Technologien wäre das Land Branchenkennern zufolge auf Importe angewiesen, aber Investitionen in den Aufbau einer lokalen Produktion sind geplant. Grüner Wasserstoff könnte mit künftigen Überkapazitäten aus Windkraftanlagen gewonnen werden. Dann könnte er exportiert oder für die Dekarbonisierung der heimischen Industrie genutzt werden. Besonders profitieren können Branchen, die durch die geplante Einführung des europäischen CO2-Grenzausgleichssystems CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) bei Lieferung in die EU am stärksten von der CO2-Bepreisung beeinträchtigt wären, wie Zement, Eisen, Stahl, Aluminium und Strom.

    Geschäftschancen für deutsche Unternehmen

    Deutschland hat im Jahr 2020 im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie 2 Milliarden Euro für internationale Partnerschaften bereitgestellt. Der Fokus liegt auf grünem Wasserstoff. Die Türkei wäre ein potenzieller Lieferant. Deutsche Unternehmen können die Türkei bereits heute bei der Einführung und Implementierung von Wasserstofftechnologien unterstützen:

     "Potenziale für eine Zusammenarbeit und den Markteintritt sind vor allem in den Bereichen Wasserstofftechnologien, Machbarkeitsstudien sowie der Projektentwicklung gegeben",

    bestätigt Thilo Pahl, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) und Delegierter der Deutschen Wirtschaft in der Türkei. Außerdem biete der türkische Markt mit seiner breiten Industriebasis und den positiven Standortfaktoren im Zuge der Realisierung einer lokalen Wasserstoffwirtschaft gute Voraussetzungen für den Aufbau von industriellen Fertigungs- und Produktionsstätten.

    Die Türkei hat großes Potenzial für grünen Wasserstoff

    Eine Studie des türkischen Thinktanks Shura bescheinigt der Türkei im Rahmen der Deutsch-Türkischen Energiepartnerschaft großes Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff. Bis 2050 könnten ausgehend von jährlichen Investitionen zwischen 3 Milliarden und 4 Milliarden US$ etwa 3,4 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff hergestellt werden. Nachdem die heimische Nachfrage gedeckt wäre, blieben etwa 1,5 Millionen bis 1,9 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff für den Export. 

    Deutsch-Türkische Energiepartnerschaft
    • Was? Die Energiepartnerschaft unterstützt die Türkei bei der Transformation ihres Energiesystems. Schwerpunkt: Ausbau erneuerbarer Energien und deren Integration in das Stromsystem.
    • Wen? Im Fokus stehen Akteure aus Politik und Wirtschaft beider Länder.
    • Wie? Unterstützt wird der Erfahrungsaustausch und die Initiierung konkreter Projekte.
    • Wer? Auftraggeber ist das Bundesministerium für Energie und Klimaschutz (BMWK); Partnerministerium ist das Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen der Türkei; durchführende Organisation für das BMWK: Deutsche Energieagentur (dena); Energie-Sekretariat in der Türkei: Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer.

    Die ersten Projekte laufen an

    Die Entwicklungsagentur der Süd-Marmara-Region startete eine Initiative zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Im April 2023 wurden die Unterschriften unter die ersten beiden Projekte gesetzt. Unter dem Namen "HYSouthMarmara Hydrogen Valley Project“ soll in der für seine Windkraftanlagen bekannten Region ein Wasserstoff-Cluster entstehen: Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Das Budget liegt bei 36,8 Millionen Euro, davon stammen 8 Millionen aus EU-Förderung. Außerdem ist der Bau einer Produktionsanlage geplant. Mindestens 500 Tonnen grüner Wasserstoff sollen jährlich von Enerjisa Üretim in Balıkesir produziert und von Linde Gaz in die Anlagen von Hydrogen Peroxide, Kale Seramik, Şişecam und Eti Maden transportiert werden.

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Industrie: Dekarbonisierung noch am Anfang

    Vorschriften zur Emissionsminderung für Industriezweige fehlen in der Türkei. Unternehmen könnten dennoch zu umweltfreundlicher Produktion gezwungen sein. 

    Direkte produktionsbedingte Treibhausgasemissionen aus Energieeinsatz und Prozessemissionen machten 2021 etwa 25 Prozent der Gesamtemissionen in der Türkei aus. Damit waren sie nach dem Stromsektor die zweitgrößte Emissionsquelle. 

    Die Türkei meldete im April 2023 dem UN-Klimasekretariat, dass sie bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 41 Prozent gegenüber dem Business as Usual (BAU, Referenzjahr 2012) senken wolle. Dieser Nationale Klimabeitrag, genannt NDC (Nationally Determined Contribution), ist unverbindlich. Er lag zuvor bei 21 Prozent. Ausgehend von dem aktuellen Szenario wird erwartet, dass die Emissionen der Türkei bis 2030 ganze 1.175 Millionen Tonnen betragen werden. Mit dem verkündeten Reduktionsziel von 41 Prozent soll diese Zahl bis 2030 auf 695 Millionen Tonnen reduziert werden.

    Keine verpflichtenden Minderungsziele für CO2-Emissionen

    Maßnahmen, wie die Türkei die Emissionen um 41 Prozent senken möchte, sind noch nicht bekannt. Verbindliche Minderungsziele für emissionsintensive Industriezweige sind demnach bisher auch nicht festgelegt. Der gesetzliche Rahmen zur industriellen Dekarbonisierung einschließlich CO2-Steuer und Emissionshandel wurde noch nicht geschaffen. Als wichtigen Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung werten Unternehmen die für 2026 geplante Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems (Emission Trading System, ETS). Berichten zufolge wird sich das ETS am EU-Emissionshandelssystem orientieren.

    Energieverbrauch nach Industriezweigen 2019

    Industriezweig

    Anteil (in Prozent) *

    Grundmetallindustrie

    27

    Nichtmetallische Mineralprodukte und Zement

    23

    Chemische und petrochemische Produkte

    11

    Papierprodukte

    10

    Textilien und Lederprodukte

    10

    Lebensmittel und Tabakprodukte

    9

    * Anteil am Energieverbrauch der gesamten Industrie.Quelle: Industrielle Entwicklungsbank TSKB 2021

    CO2-Bepreisung der EU könnte Dekarbonisierung beschleunigen

    Die Notwendigkeit einer klimafreundlichen Produktion besteht für viele Hersteller energieintensiver Waren dennoch. Nämlich dann, wenn ihre Waren von der europäischen CO2-Grenzabgabe betroffen sind und sie sich ihre Wettbewerbsfähigkeit in der EU erhalten möchten. Die CO2-Bepreisung von Importen wird auch die türkischen Produzenten entsprechender Waren dazu zwingen, ihren Kohlendioxidausstoß zu reduzieren. Ab Anfang 2026 werden die finanziellen Folgen des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) für die Unternehmen spürbar. Dann müssen die Unternehmen bei Lieferungen in die EU ihre CO2-Emissionen nicht mehr nur melden, sondern auch CBAM-Zertifikate käuflich erwerben.

    Europäisches CO2-Grenzausgleichssystem

    Die Verordnung zum CBAM der EU ist am 17.05.2023 in Kraft getreten. Ab Oktober 2023 gelten neue Berichtspflichten für Importeure und ab dem 1. Januar 2026 ist die Einfuhr der betroffenen Waren nur noch mit CBAM-Zertifikaten möglich. Die Verordnung gilt zunächst für die direkten herstellungsbedingten Emissionen aus den Sektoren Zement, Strom, Düngemittel, Eisen und Stahl sowie Aluminium. Nach dem Jahr 2025 kann CBAM auf andere Sektoren und/oder auf indirekte Emissionen ausgeweitet werden.

    Türkische Unternehmen stark von CBAM betroffen

    Die Türkei zählt zu den Ländern, die wegen ihrer engen Handelsverflechtungen mit der EU weltweit mit am stärksten von der CO2-Grenzabgabe betroffen sein werden. Über 40 Prozent der türkischen Gesamtexporte gehen in die EU. Darunter befinden sich auch viele energieintensive Waren bei deren Herstellung hohe CO2-Emissionen anfallen, wie Aluminium, Eisen und Stahl, die unter die CBAM-Regelung fallen. Diese Industrien dürften deshalb auch die ersten in der Türkei sein, die versuchen werden, ihre Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und eine grüne Transformation anzustreben.

    EU-Einfuhr energieintensiver Waren aus der Türkei 2022
    SITC-Nr.Warenbezeichnung

    Einfuhr (in Milliarden Euro)

    285Aluminium

    37,5

    65,84Textilien und Bekleidung

    17,3

    78Kfz

    16,4

    71,72,73,74Maschinen

    8,6

    5Chemische Erzeugnisse

    6,9

    67Eisen und Stahl

    6,4

    272Düngemittel

    0,9

    661Zement

    0,6

    Quelle: Eurostat 2023

    Fokusbranche Stahl: energieintensiver Industriezweig wird auf die Probe gestellt

    Die türkische Stahlindustrie wird von der Einführung der CO2-Bepreisung stark betroffen sein. Gut ein Drittel der türkischen Exporte von Eisen und Stahl gehen in Länder der EU. Die Stahlexporteure werden ihre CO2-Emissionen reduzieren müssen, wenn sie sich ihre Wettbewerbsfähigkeit in der EU sichern wollen. Dies könnte auch Geschäftschancen für deutsche Anbieter von Lösungen zur Emissionsreduktion eröffnen, etwa für den Einsatz anderer Produktionstechnologien oder -prozesse. Zur Dekarbonisierung könnte auch die Verwendung alternativer Materialien beitragen, die etwa den Einsatz energieintensiven Stahls verringern. Wird der Geltungsbereich des CBAM erweitert, könnte dies auch Konsequenzen für stahlverarbeitende Branchen in der Türkei wie die Kfz- und Kfz-Teileproduktion, den Maschinenbau oder die Bauwirtschaft haben. 

    Grüner Wasserstoff hat Potenzial

    Ein wichtiger Schritt könnte der Einsatz von grünem Wasserstoff bei der Stahlherstellung sein. Die Produktion von grünem Wasserstoff steckt in der Türkei noch in der Projektierungsphase. Anfang 2023 hat das Land seine Wasserstoffstrategie veröffentlicht. Unternehmensvertreter bemängeln, dass die Wasserstoffziele häufig noch nicht aussagekräftig seien. Es bleibe unklar, wie die Türkei die Ziele erreichen soll. Potenzielle Investoren wünschen sich einen konkreten Fahrplan.

    Status Quo in der Stahlindustrie

    In der Türkei entfallen rund 30 Prozent der Herstellungskosten von Stahl auf Energie. Positiv zu werten ist, dass in der Türkei rund 75 Prozent der Stahlproduktionskapazität auf Elektrolichtbogenöfen (EAF) entfallen, die wegen ihres Einsatzes von Strom eine bessere CO2-Bilanz haben als kohlebasierte Hochöfen. Allerdings hat Strom in der Türkei eine hohe Emissionsintensität. In der Türkei gab es 2022 landesweit 41 Rohstahlproduktionsanlagen, darunter 27 EAF, 11 Induktionsöfen IF und drei integrierte Stahlwerke. Die Stahlindustrie ist bei Rohstoffen und Vorprodukten in hohem Maße auf Importe angewiesen. Sie ist Nettoimporteuer von Eisenerz, Stahlschrott, Kohle und Elektroden für die EAF-Prozesse.

    Die Türkei ist der größte Schrottimporteuer unter den stahlproduzierenden Ländern. Schrott wird vor allem aus der EU und den USA importiert, also aus Ländern mit eher strikten Emissionsvorgaben. Lokal beschaffter Schrott stammt oft aus der Schiffsabwrackindustrie und aus Altfahrzeugen.

    Die politische Forschungsorganisation Istanbul Policy Center (IPC) hat im Juni 2023 einen Bericht zum Stand der Dekarbonisierung in der türkischen Stahlindustrie in türkischer Sprache veröffentlicht.

    Anteil der Energiekosten an den Gesamtherstellungskosten 2019

    Bezeichnung

    Anteil (in Prozent)

    Zement

    55

    Ammoniak

    50

    Aluminium

    30

    Glas

    30

    Stahl

    30

    Düngemittel

    25

    Papierprodukte

    25

    Keramik

    20

    Textilien

    12

    Lebensmittel

    10

    Quelle: Industrielle Entwicklungsbank TSKB 2021

    Von Katrin Pasvantis

  • Gebäude: Energieeffizienz wird wichtiger

    Grünes Bauen gewinnt an Bedeutung. Außerdem zwingen gesetzliche Vorgaben zu mehr Energieeffizienz.

    Seit dem 1. Januar 2020 müssen alle Wohnungen in der Türkei einen Energiepass haben, ohne den kein Verkauf möglich ist. Zudem muss der Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden zwischen 2020 und 2023 um mindestens 15 Prozent reduziert werden. Dies gilt gemäß dem präsidialen Rundschreiben Nr. 2019/18 vom 15. August 2019 für Gebäude mit einer Fläche ab 10.000 Quadratmetern und einem Energieverbrauch von mehr als 250 Tonnen Rohöläquivalent im Jahr.

    Die Verordnung wurde am 19. Februar 2022 im Amtsblatt Nr. 31755 um Anforderungen für die Klassifikation Near Zero Energy Building (NSEB) ergänzt. Als NSEB gelten Gebäude mit hoher Energieeffizienz (mindestens Energieklasse B), die wenigstens 5 Prozent ihres gesamten Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Seit dem 1. Januar 2023 müssen im Geltungsbereich der NSEB Gebäude mit einer Gesamtbaufläche von mehr als 5.000 Quadratmetern den Anforderungen genügen. Ab dem 1. Januar 2025 gelten die NSEB-Bedingungen bereits ab 2.000 Quadratmetern. Das Energieeffizienzgesetz wurde im Amtsblatt Nr. 5627 vom 18. April 2007 veröffentlicht. 

    Staat fördert Investitionen in Dämmung und Isolierung

    Gesetzliche Vorgaben und eine Vielzahl an Projekten zur Energieeinsparung treiben die Nachfrage nach Wärmeisolationsmaterialien und damit zusammenhängenden Gebäudeverkleidungen an. Noch ist die Wärmedämmung der Gebäude größtenteils unzureichend und das Einsparpotenzial für Energie hoch. Etwa 80 Prozent der Gebäude sind noch ungedämmt, schätzt Atalay Özdayı, der Türkei-Geschäftsführer des Baustoffherstellers Baumit. Staatlich geförderte Kredite für Wärmedämmmaßnahmen, die seit Juni 2022 verfügbar sind, dürften zu einem Anstieg der Investitionen führen.  

    Nachhaltigkeitszertifikate sind verbreitet

    Ende April 2023 hatten in der Türkei 534 Projekte eine Leadership in Energy and Environmental Design-Zertifizierung (LEED) des US Green Building Council (USGBC). Von den zertifizierten Projekten haben 73 die höchste Beurteilung Platin, 351 Gold und weitere 73 Projekte Silber. Eine vollständige LEED-Projektliste ist auf der Internetseite des USBGC abrufbar.

    Das britische Nachhaltigkeitszertifikat Building Research Establishment Environmental Assessment Method (BREEAM) hielten Ende März 2023 in der Türkei 47 Projekte.

    Das türkische Ministerium für Umwelt, Urbanisierung und Klimawandel hat zudem ein nationales Bewertungs- und Zertifizierungssystem für umweltfreundliche Gebäude und Siedlungen entwickelt: YeS-TR (Fassung Amtsblatt Ausgabe 31864, Juni 2022).

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Türkei

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Enerji ve Tabii Kaynaklar Bakanligi

    Ministerium für Energie und Rohstoffe

    Cevre ve Sehircilik ve iklim değişikliği Bakanligi

    Ministerium für Umwelt, Städtebau und Klimawandel

    Green Building Council (CEDBIK)

    Verband für umweltfreundliche, grüne Gebäude

    SHURA Energy Transition Center 

    Türkischer Thinktank zur Energiewende

    ICCI

    Internationale Messe und Konferenz für Energie und Umwelt: Istanbul, 24.-26.5.2023

    EIF

    Messe und Kongress für Energie und Energiespeichertechnogien; Istanbul, 15.-17.11.2023

    Solarex

    Messe für Solarenergie; Istanbul, 4.-6.4.2024

    Eko IQ

    Online-Klimamagazin

    Temiz Enerji Haber Portalı

    Internetportal über Energie und Klimawandel

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Angebote der AHK

    AHK Türkei

    Die grüne Transformation bildet die vierte Säule der Strategie der AHK Türkei. Somit hat das Themenfeld Energie einen besonderen Stellenwert in der Arbeit der AHK Türkei. Als erste Arbeitsgruppe der AHK Türkei wurde 2011 der Energiearbeitskreis für die Mitgliedsunternehmen aus dem Energiebereich gegründet. Auch das Dienstleistungsunternehmen der AHK Türkei, DEinternational Servis Hizmetleri A.S. arbeitet im Rahmen einer Vielzahl von Projekten zu Energiethemen.

    Die Abteilung der öffentlichen und geförderten Projekte leitet zudem das Energiesekretariat der Deutsch-Türkischen Energiepartnerschaft (DTEP) und unterstützt die Aktivitäten der DTEP und die Koordination der Arbeitsgruppen. Die DTEP wurde 2012 vom türkischen Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen (MENR) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gegründet. Sie dient dem Ideen- und Wissensaustausch zwischen der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft und soll die Transformation des türkischen Energiesystems unterstützen. Im Rahmen der fünf Arbeitsgruppen der DTEP arbeiten VertreterInnen beider Länder zu den Themen erneuerbare Energien (AG 1), Energieeffizienz (AG 2), Energieinfrastruktur und Sektorkopplung (AG 3), Regulierung der Strom- und Gasmärkte (AG 4) und Flexibilität bestehender Wärmekraftwerke (AG 5) zusammen.

    DEinternational Servis Hizmetleri A.S., Lösungspartner der AHK Türkei fungiert auch als projektdurchführende Institution im Rahmen verschiedener Veranstaltungsformate in Verbindung mit der Exportinitiative Energie, der Exportinitiative Umwelttechnologien und dem Markterschließungsprogramm des BMWK. In der Vergangenheit wurden bereits verschiedene Informations- und Geschäftsreisen im Zuge der Exportinitiativen des BMWK umgesetzt, so zur Windenergie, zur Energieeffizienz in der Industrie, zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in Gebäuden, Onshore-Windenergie, sowie zur Erzeugung und Anwendung von grünem Wasserstoff. Die DEinternational Servis Hizmetleri A.Ş. setzt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auch die Public-Private-Partnership (PPP)-Maßnahme "International Hydrogen Ramp-up Programme" (H2Uppp) des BMWK in der Türkei um.

    Kontakt


    Telefon: +90 212 363 05 00

    E-Mail: info@dtr-ihk.de

    Homepage: http://www.dtr-ihk.de, http://tuerkei.ahk.de

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