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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

Die Infrastruktur in Tunesien muss dringend modernisiert und ausgebaut werden. Geberfinanzierte Projekte bieten Chancen.

Von Verena Matschoß | Tunis

Der Investitionsbedarf in Tunesiens Verkehrsinfrastruktur ist seit Jahren offensichtlich. Im Rahmen der staatlichen Strategie für Transport und Logistik sind bis 2040 rund 47 Infrastrukturprojekte mit einer Investitionssumme von umgerechnet 20 Milliarden Euro geplant. Angesichts der wirtschaftlichen Situation ist eine Umsetzung auch von ausländischen Geldgebern abhängig. Hier kann es sich rächen, dass es Tunesien bislang zu wenig gelang, die Finanzierungszusagen von multi- oder bilateralen Gebern in Projekte umzusetzen.

In den Schienenverkehr sollen bis 2040 rund 11 Milliarden Euro fließen. Prioritäre Projekte sind der Ausbau des Schienennetzes um die Hauptstadt Tunis, die Erweiterung der S-Bahn im Großraum Tunis, der Ausbau des Phosphattransports über die Schiene und eine Zugverbindung zwischen Tunesien und anderen afrikanischen Ländern. Teilweise sind die Vorhaben aber auch schon lange im Gespräch. 

Um den öffentlichen Nahverkehr im Großraum Tunis attraktiver zu machen, wird derzeit das bestehende Bus- und Straßenbahnsystem um eine S-Bahn erweitert. Im März 2023 wurde ein erster, etwa 9 Kilometer langer Abschnitt der Linie E der S-Bahn (réseau ferroviaire rapide (RFR) eröffnet.

Phosphattransport soll verbessert werden

Im Februar 2024 hat die tunesische Regierung die Unterzeichnung eines Kreditvertrages mit dem saudischen Entwicklungsfonds über 55 Millionen US-Dollar bekannt gegeben. Hiermit soll ein Projekt zur Sanierung eines 190 Kilometer langen Streckenabschnitts zum Abtransport von Phosphat finanziert werden. Insgesamt werden die Projektkosten auf 170 Millionen Euro geschätzt. 

Die tunesische Eisenbahn Société Nationale des Chemins de Fer Tunisiens (SNCFT) plant, rund 600 Kilometer Schienennetz zu sanieren oder zu modernisieren. Zahlreiche Verbindungen, vor allem im Landesinneren, wurden lange vernachlässigt. 

In den Straßenbau sollen bis 2035 rund 10 Milliarden Euro fließen. Im Rahmen der nationalen Strategie zum Straßenbau soll bis 2035 das Straßennetz auf 1.320 Kilometer erweitert werden, gegenüber heute 743 Kilometern. Zudem ist geplant, das Netz an Schnellstraßen bis 2035 auf 2.000 Kilometer zu erweitern, gegenüber heute 1.437 Kilometern. Jährlich sollen zudem 500 Kilometer an Straßen instand gehalten werden.

Deutsche Planer im Umweltsektor aktiv

Chancen für ausländische Unternehmen bieten sich neben der Verkehrsinfrastruktur auch im Umweltsektor. Bei der Wasserver- und -entsorgung gibt es in Tunesien ebenfalls enormen Nachholbedarf. Hier fließt viel Geld ausländischer Geber. Die deutsche KfW Entwicklungsbank ist mit einem Projektportfolio von 1 Milliarde Euro größter Geldgeber im Wassersektor. Deutsche Planungsbüros sind bereits an Projekten beteiligt. 

Unternehmen aus Deutschland kamen auch bei Ausschreibungen im Bereich der erneuerbaren Energien zum Zuge. ABO Wind, ein Projektentwickler aus Wiesbaden, hat im Jahr 2019 sogar gleich zwei Genehmigungen für den Bau eines Wind- und eines Solarparks erhalten. Das Potenzial ist groß, die Fortschritte vor allem bei größeren Vorhaben allerdings schleppend. 

Bei kleineren Projekten, zum Beispiel im Bereich der Eigenproduktion von Ökostrom für Industriegebäude, scheint die Umsetzung leichter. Gelingt die Energiewende, könnte sich Tunesien auch als Standort für die Produktion von grünem Wasserstoff etablieren. 

Finanzierung für Unterseekabel gesichert

Die Planungen für das Unterseekabel ELMED zwischen Italien und Tunesien gehen weiter. Das 220 Kilometer lange Stromkabel könnte ab 2028 das Cap Bon mit Sizilien verbinden. Für das Projekt sind 850 Millionen Euro veranschlagt. Mit den meisten Gebern wurden die Finanzierungsverträge bereits unterzeichnet. Perspektivisch könnte Tunesien Strom aus erneuerbaren Energien über das Unterseekabel nach Italien leiten. ELMED ist eines der Flaggschiffprojekte in der Konnektivitätsinitiative Global Gateway der Europäischen Union. 

5G-Netz soll Ende 2024 eingeführt werden

Minister für Kommunikationstechnologien, Ben Neji, kündigte im März 2024 an, dass die Eröffnung und Bewertung der Angebote für Juli bis August 2024 geplant sei und dass die Lizenzen im September 2024 vergeben werden sollen. Im November 2024 soll der 5G-Standard dann eingeführt werden.

Mit Unterstützung internationaler Geber sollen im Schuljahr 2023 bis 2024 über 3.000 Schulen an das Glasfasernetz angeschlossen werden. Das Projekt wird voraussichtlich über einen Zeitraum von 18 Monaten durchgeführt und 40 Millionen Euro kosten. 

Neue Pläne für Flughäfen und Häfen

Umgerechnet 1,5 Millionen Euro möchte das Office de l'Aviation Civile et des Aéroports (OACA) im Jahr 2024 in die Flughäfen im Land stecken, um den Betrieb zu sichern. Zudem ist eine Erweiterung des Flughafens Tunis-Carthage geplant. 

Am 14. November 2023 startete die Arbeit an einer strategischen Studie zur Entwicklung des Masterplans für Handelshäfen bis 2040. Diese Studie soll in 15 Monaten abgeschlossen sein und ein strategisches Programm für die Entwicklung der Infrastruktur im Rahmen der Transport- und Logistikstrategie 2024 aufstellen. Die Bedeutung der Häfen für die Wirtschaft ist enorm: Schätzungsweise 90 Prozent des tunesischen Außenhandels wird über den Seeweg abgewickelt. 

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