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Special | Tunesien | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Unterstützungsangebote zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Tunesien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

Das Gesetz fordert bei Feststellung eines Risikos im Rahmen einer Risikoanalyse die Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen gegen die priorisierten Risiken sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer (§ 6 LkSG).

Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

Zu den Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich gehören unter anderem die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung sowie Maßnahmen, die auf der darin enthaltenen Menschenrechtsstrategie aufbauen. Hierfür gilt:

  • Die Formulierung interner Verhaltensvorschriften wie Richtlinien und Verhaltenskodizes (Code of Conduct) für die einzelnen, für das Risikomanagement relevanten Geschäftsfelder und -abläufe sind zu empfehlen. Der Code of Conduct als strategisches Element für nachhaltige Lieferketten | AWE Blog (wirtschaft-entwicklung.de). Darin soll das Unternehmen die menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen festlegen, die an die Beschäftigten, Vertragspartner und mittelbaren Zulieferer gestellt werden. Zudem kann die Entwicklung entsprechender Verhaltenskodizes für Vertragspartner und potenzielle Vertragspartner als Grundlage für Vertragsverhandlungen und zur Vertragsausgestaltung verwendet werden, so die Gesetzesbegründung zum LkSG: Drucksache 19/28649 (bundestag.de).
  • Des Weiteren gehört die Entwicklung und Verankerung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken zu den zu verankernden Präventionsmaßnahmen. Diese sollten Richtlinien für die einzelnen Beschaffungsschritte festlegen und nachhaltig, transparent sowie risikomindernd ausgestaltet sein. Einen Leitfaden zur Ausgestaltung eines nachhaltigen Einkaufs bietet der ISO-Standard 20400 der Internationalen Organisation für Normung ISO 20400:2017 - Sustainable procurement - Guidance.
  • Die Durchführung von Mitarbeiterschulungen in den relevanten Geschäftsbereichen sieht das Gesetz ebenso vor wie die Durchführung risikobasierter Kontrollen, um die Wirksamkeit der verankerten Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich zu überprüfen.

Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern

Neben der Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sieht das Gesetz auch eine Reihe von Maßnahmen im Hinblick auf Zulieferer vor (§ 6 Abs. 4 LkSG):

  • Bereits bei Auswahl eines Lieferanten sind menschenrechts- und umweltbezogener Erwartungen zu berücksichtigen, das heißt sie sollen in die Lieferantenbewertung mit einfließen. Dies kann unter Zuhilfenahme von Eigenauskünften des jeweiligen Zulieferers, Befragungen oder eigener durchgeführter Prüfungen erfolgen.
  • Branchenspezifische Zertifizierungen oder Siegel können dabei eine wichtige Orientierung geben, sind aber als Entscheidungsgrundlage nur bedingt aussagekräftig. In Kürze erscheint die Handreichung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu Standards, Audits und Zertifizierungen. Im Standards-Kompass vom Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte sind zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) und teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) recherchierbar:
    • Zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) überprüfen und attestieren die Einhaltung der vom Standard definierten Anforderungen an Produkte (zum Beispiel Baumwolle), Prozesse, Dienstleistungen, Standorte (zum Beispiel Fabriken), das gesamte Unternehmen oder die Lieferkette (chain-of-custody).
    • Teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) fördern den Austausch, die gemeinsame Umsetzung von Projekten oder den Aufbau von Kapazitäten im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette. Als Mitgliedsinitiativen setzen sie die aktive Beteiligung von Unternehmen und anderen Akteursgruppen voraus (zum Beispiel NGO, Gewerkschaften, Regierungen und Wissenschaft). Mitglieder verpflichten sich in der Regel zur Einhaltung von bestimmten Anforderungen oder eines Verhaltenskodexes. Die konkrete Umsetzung der Anforderungen liegt weitestgehend bei den Mitgliedsunternehmen und wird nicht zwingend durch einen standardisierten Mechanismus geprüft.  
  • Als weitere Maßnahme sieht das Gesetz die vertragliche Zusicherung seitens des Zulieferers bezüglich der Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen dahingehend vor, dass der Zulieferer die seitens des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einhält und wiederum entlang der Lieferkette angemessen adressiert. Hier bietet sich die Entwicklung eines Verhaltenskodex für Lieferanten (Lieferantenkodex) an. Bei der vertraglichen Ausgestaltung soll zudem sichergestellt werden, dass die menschenrechtsbezogenen Erwartungen auch in der weiteren Lieferkette etwa durch die Verwendung von Weitergabeklauseln Beachtung finden. Dadurch wird der direkte Lieferant verpflichtet, den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen Vertragspartnern durchzusetzen. Die IHK München bietet einen Mustertext für einen Verhaltenskodex für Lieferanten an: Merkblatt_Verhaltenskodex-fuer-Lieferanten Stand Dezember 2023). Die American Bar Association (US-amerikanische Anwaltskammer) stellt zudem entsprechende Musterklauseln für Verträge zur Verfügung: Contractual Clauses Project (americanbar.org). Das Responsible Contracting Project (RCP) erarbeitet ebenfalls Mustervertragsklauseln www.responsiblecontracting.org.
  • Zudem sind Schulungen und Weiterbildungen sowie regelmäßige Audits bei Lieferanten durchzuführen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Diese Kontrollen können dabei selber durchgeführt oder Dritte damit beauftragt werden. Dabei können auch anerkannte Zertifizierungs- oder/und Auditsysteme in Anspruch genommen werden. Unternehmen werden dadurch laut Gesetzesbegründung jedoch nicht von ihrer Verantwortung entbunden.

Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern

Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht (§ 7 Abs. 1 LkSG). Dabei sollen die Abhilfemaßnahmen in der Regel zu einer Beendigung führen, im eigenen inländischen Geschäftsbereich müssen die Maßnahmen zu einer Beendigung führen:

  • Bei eingetretenen oder drohenden Verletzungen im Geschäftsbereich des unmittelbaren Zulieferers ist unverzüglich ein Konzept mit konkretem Zeitplan zur Beendigung oder Minimierung zu erstellen, sofern das Unternehmen die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann. Dabei kann auch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmen in Rahmen von kartellrechtskonformen Brancheninitiativen hilfreich sein. Zudem sollte ein Aussetzen der geschäftlichen Beziehungen während der Bemühungen zur Risikominimierung in Betracht gezogen werden.
  • Sowohl für einfache Abhilfemaßnahmen wie für komplexe Abhilfekonzepte ist es von entscheidender Bedeutung, zunächst die konkreten Ursachen für die Verletzung zu ermitteln und neben den beteiligten Zulieferern auch die von der Verletzung Betroffenen in die Planung, Umsetzung und Überprüfung der Abhilfe einzubeziehen. So können effektive Maßnahmen ergriffen und mit größtmöglicher Effizienz verknüpft werden.
  • Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist nur als letztes Mittel geboten, wenn der Verstoß oder die Verletzung sehr schwerwiegend ist, das Abhilfekonzept gescheitert ist, kein milderes Mittel mehr zur Verfügung steht und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint.
Unterstützungsangebote von Organisationen

Für die Erstellung der LkSG-Umsetzungshilfen Risikoanalyse wurden unter anderem folgende Informationsquellen genutzt: Studien und Rankings internationaler Organisationen (ILO, UNDP,  UN Comtrade, Internationaler Gewerkschaftsbund etc.), nationale Statistikämter, Arbeitsministerien, Gewerkschaften, nationale Gesetzestexte, Statistisches Bundesamt und Pressemeldungen. Darüber hinaus beruhen die Risikoeinschätzungen auf Interviews mit lokal tätigen Stakeholdern, Verbänden sowie Consultants.

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