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Wirtschaftsumfeld | Tunesien | Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungszusammenarbeit mit Tunesien

Trotz zunehmend autokratischer Strukturen erhält Tunesien viele Entwicklungsgelder, etwa für Wasser- und Energieprojekte. Die Mittel kommen vor allem aus der EU und Deutschland.

Von Laura Sundermann | Bonn

Tunesien ist der Maghrebstaat, der nach Marokko die zweithöchste Official Development Assistance (ODA) erhält. Der Großteil der ODA stammte 2022 von EU-Institutionen (EU-Kommission und Europäische Investitionsbank), die dem Land etwa 742 Millionen Millionen Euro zur Verfügung stellten. Es folgten Deutschland mit 389 Millionen Euro und Frankreich mit 157 Millionen Euro.

Die Zusagen der Entwicklungsbanken, die meistens nicht unter ODA fallen, liegen teilweise weit darüber. Die Weltbank sagte Tunesien 525 Millionen Euro im Jahr 2022 zu. Bei der KfW Entwicklungsbank lag Tunesien afrikaweit auf dem ersten Platz und erhielt 2022 Zusagen von fast 373 Millionen Euro. Die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) sagte im selben Jahr 115 Millionen Euro zu.

Trotz autokratischer Tendenzen bleibt die Entwicklungszusammenarbeit hoch

Tunesiens Demokratisierungsprozess seit dem Arabischen Frühling 2010/2011 stellte eine stete Herausforderung für das nordafrikanische Land dar. Gleichzeitig war der Prozess sein größtes Kapital, wenn es darum ging, Mittel ausländischer Geber zu akquirieren. Doch Präsident Kais Saied, der das Land seit Ende 2019 regiert, agiert zunehmend autokratisch.

Das BMZ schreibt in diesem Zusammenhang: "Angesichts der politischen Entwicklungen hat das BMZ die Reformpartnerschaft mit Tunesien beendet. Zudem wird eine fortlaufende Reorientierung des entwicklungspolitischen Portfolios hin zu bevölkerungsnahen Ansätzen geprüft, die sich noch stärker an den Grundbedürfnissen der Menschen in Tunesien ausrichten." In Zahlen lässt sich diese Haltung noch nicht ablesen. Die globalen ODA-Leistungen für Tunesien steigen stetig an und auch Deutschland zahlte 2022 ungefähr doppelt so viel aus wie etwa 2018.

Gleichzeitig will Präsident Saied den Bedarf an internationaler Hilfe reduzieren, insbesondere wenn damit - wie beim Internationalen Währungsfonds - Reformvorgaben verbunden sind.

Dass Tunesien dennoch nach wie vor hohe Summen aus der Entwicklungszusammenarbeit erhält, könnte auch am Thema Migration liegen. Dem Land kommt eine wichtige Rolle beim Kampf gegen irreguläre Migration nach Europa zu. Die italienische Insel Lampedusa liegt nur 138 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt. Die EU schloss deshalb im Sommer 2023 ein Abkommen mit Tunesien, das die Migration eindämmen soll. Im Gegenzug erhält das nordafrikanische Land Geld für Such- und Rettungsmissionen, die Rückführung von Migranten sowie Haushaltshilfen.

Viele Projekte im Wasser- und Energiesektor sowie im Finanzwesen

In Tunesien gibt es in vielfältigen Sektoren Entwicklungsprojekte. Viel geschieht in den Bereichen Wasser und Umwelt, wo die KfW Entwicklungsbank sehr aktiv ist, sowie im Energiesektor und im Finanzwesen.

Die KfW Entwicklungsbank unterstützt ein Wasserprojekt, durch das 100 Siedlungen im Gouvernorat Béja an das Trinkwassernetz angeschlossen werden sollen. Sie werden zukünftig mit aufbereitetem Wasser aus dem Staudamm Kasseb versorgt. Im Rahmen des Vorhabens soll außerdem ein Solarpark errichtet werden. Ein deutsch-tunesisches Konsortium hat den Beratungsauftrag erhalten, um die nötigen Vor- und Detailstudien sowie Umweltverträglichkeitsstudien zu erstellen.

Die Weltbank fördert ein Energieprojekt zur Stärkung des Stromsektors. Im Rahmen des Vorhabens werden eine Konverterstation und eine Übertragungsleitung gebaut. Dadurch kann das tunesische Stromnetz an das geplante Unterseekabel ELMED angeschlossen werden. ELMED soll ab 2028 Tunesien mit Italien verbinden und den Stromhandel mit Europa ausbauen. Das Unterseekabel wird von vielen Gebern unterstützt. Die EU, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die Europäische Investitionsbank (EIB) und die KfW Entwicklungsbank finanzieren Teilprojekte.

Um sich bei ihren zahlreichen Vorhaben juristisch, technisch oder organisatorisch beraten zu lassen, kaufen staatlichen Stellen wie Ministerien oder Staatsunternehmen oftmals Beratungsleistungen ein. Für Consultingfirmen und Einzelberater bietet sich hier ein weites Feld an öffentlichen Ausschreibungen. Aufgrund der vielfältigen Projekte bieten sich auch für Anbieter von Liefer- und Bauleistungen Geschäftschancen in der tunesischen Entwicklungszusammenarbeit.

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