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Ukraine verdreifacht Quoten für erneuerbare Energien
Die Regierung will die Nutzung erneuerbarer Energiequellen weiter ausbauen und damit die Energiesicherheit im Land verbessern. Investoren halten sich jedoch zurück.
27.12.2024
Von Waldemar Lichter | Warschau
Die ukrainische Regierung hat eine Ausweitung der Förderung erneuerbarer Energien für das Jahr 2025 beschlossen. Die Gesamtquote wird auf 330 Megawatt verdreifacht – gegenüber 110 Megawatt für 2024. Das sieht der Regierungsbeschluss Nr. 1195p vom 29. November 2024 vor. Die Entscheidung ist Teil der Strategie, die Energieversorgung des Landes stärker zu dezentralisieren und das Energiesystem dadurch widerstandsfähiger gegen russische Angriffe zu machen.
Regierung senkt Preisobergrenze
Der Beschluss sieht für 2025 Jahresquoten von 250 Megawatt für Windkraftanlagen, 33 Megawatt für Solaranlagen und 47 Megawatt für andere alternative Energiequellen vor, darunter Mikro-, Mini- und kleine Wasserkraftwerke. Die Regierung hat zudem die Preisobergrenzen angepasst: Für Solar- und Windprojekte wurde die maximale Gebotshöhe von 0,09 auf 0,08 Euro pro Kilowattstunde gesenkt, während für andere erneuerbare Energietechnologien weiterhin eine Obergrenze von 0,12 Euro gilt. Der Höchstwert ist der Wert, der maximal geboten werden darf. Überschreitet abgegebene Gebotswert den Höchstwert, wird das Gebot vom Zuschlagsverfahren ausgeschlossen.
Die Ausweitung der Förderung erfolgt im Rahmen eines Aktionsplans zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Die Agenda der Regierung sieht bis 2030 Milliardeninvestitionen vor.
Erste Auktion für März 2025 geplant
Das Energieministerium hat gleichzeitig einen präzisen Zeitplan für Auktionen vorgelegt. Bereits im März 2025 wird die erste Auktion für 33 Megawatt Solarenergie und im April 2025 für 100 Megawatt Windkraft stattfinden. Im Mai folgt dann eine Auktion für 47 Megawatt andere alternative Energiequellen und im Juli für 150 Megawatt Windkraft.
Eine Besonderheit enthalten die Bedingungen für Solarprojekte: Für Solarkraftwerke gibt es laut Regierungsbeschluss geografische Beschränkungen. Diese dürfen nur am linken Ufer des Dnipro errichtet werden, während andere erneuerbare Energieprojekte keinen geografischen Einschränkungen unterliegen.
Gleichzeitig hat die Regierung Prognosen bis 2029 vorgelegt. Sie sehen ein stetiges Wachstum der Quoten für erneuerbare Energie vor:
Erneuerbare Energie, nach Quelle | 2026 | 2027 | 2028 | 2029 |
---|---|---|---|---|
Gesamtquote | 340 | 350 | 375 | 400 |
Sonne | 34 | 35 | 38 | 40 |
Wind | 250 | 250 | 270 | 290 |
Biomasse | 21 | 25 | 25 | 26 |
Biogas | 30 | 35 | 37 | 39 |
Mikro-, Mini- und kleine Wasserkraftwerke | 5 | 5 | 5 | 5 |
Vertrauen der Investoren schwindet
Die Verabschiedung der Quoten- und Auktionspläne wird grundsätzlich positiv beurteilt. Potenziellen Bewerbern und Investoren gibt dies einen besseren Überblick über die zu erwartende Entwicklung in der Branche und ermöglicht so eine bessere Vorbereitung und Planung. Die ambitionierten Pläne stehen dennoch vor erheblichen Hindernissen.
Zu den wichtigsten dürfte der Krieg und die damit verbundenen Unwägbarkeiten und Risiken für die Investoren gehören. Ebenso wichtig ist jedoch das geschwundene Vertrauen der Investoren in die Regierung und in die Verlässlichkeit der Bedingungen für ihre Projekte in der Ukraine. Die erhöhten Quoten zeigten zwar positive Absichten. Doch es müssten grundlegende Vertrauensprobleme zwischen Investoren und Regierung angegangen werden, so ein Marktbeobachter. Denn bisherige Zahlungsrückstände und Kürzungen im Rahmen der eigentlich festen Einspeisetarife – sogenannte grüne Tarife – könnten Investitionsentscheidungen negativ beeinflussen.
Staatliche Unternehmen haben Zahlungsschwierigkeiten
Eines der größten Probleme dürften die Zahlungsverzögerungen für geleistete Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien im Rahmen der Einspeisevergütung sein. Für die Auszahlung der Einspeisevergütung an die Produzenten erneuerbarer Energien ist das staatliche Unternehmen Guaranteed Buyer (ukrainisch: GarPok) verantwortlich. Doch GarPok gilt als unterfinanziert, weil es zu wenige Mittel vom ebenfalls staatlichen Übertragungsnetzbetreiber Ukrenergo erhält.
Ukrenergo erhebt Übertragungsgebühren, die teilweise zur Finanzierung des grünen Tarifs dienen. Das Unternehmen hat aber Schwierigkeiten, die notwendigen Mittel bereitzustellen, um die Zahlungen an GarPok vollständig zu leisten. Die Schulden von Ukrenergo gegenüber GarPok nehmen deshalb stetig zu. Im Oktober 2024 beliefen sich die Verbindlichkeiten auf umgerechnet 680 Millionen Euro. Das beeinträchtigt aber die Möglichkeiten von GarPok, seine Verpflichtungen für Ausgleichszahlungen an die Investoren beziehungsweise Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien zu erfüllen.
Auktionen im Herbst 2024 fanden kaum Zuspruch
Im Ergebnis halten sich potenzielle Investoren eher zurück oder beobachten zunächst die Lage. Bei Pilotauktionen zu erneuerbaren Energien im Herbst 2024 haben von geplanten 110 Megawatt nur 0,9 Megawatt das Interesse von Investoren gefunden. Eine Solarquotenauktion im Oktober 2024 erhielt gar kein Gebot. Bei einer weiteren für Windenergie im November 2024 wurde nur ein Gebot eingereicht. Beide Auktionen wurden daraufhin für ungültig erklärt.