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"Made in Ukraine" soll Produktion ankurbeln
Die ukrainische Regierung will die Nachfrage nach inländischen Produkten steigern. Für Beschaffungen soll ein höherer Lokalisierungsgrad gelten.
28.03.2024
Von Waldemar Lichter | Bonn
Das Programm „Zrobleno v Ukraini“ (Made in Ukraine) wird das zentrale Element der von Präsident Wolodimir Zelenski initiierten neuen Förderpolitik bilden. Ziel ist zum einen, die Nachfrage nach Produkten ukrainischer Herkunft anzukurbeln, um so lokalen Herstellern zu höheren Umsätzen zu verhelfen. Zum anderen sollen bestehende staatliche Förderprogramme stärker auf den Bedarf heimischer Unternehmen angepasst werden.
An der Konkretisierung des Programms, der Förderplattform und der Marke „Made in Ukraine“ arbeitet derzeit noch das Wirtschaftsministerium. Ihre genaue Ausgestaltung wird erst in einigen Monaten bekannt gegeben. Die Regierung hat jedoch bereits Informationen über einige geplante Maßnahmen und wichtige Instrumente des Programms kommuniziert.
"Made in Ukraine" wird gefordert und gefördert
Dazu gehören Änderungen im öffentlichen Beschaffungswesen. Vorgesehen ist, die Liste der Warenkategorien zu erweitern, die möglichst von lokalen Herstellern gekauft werden sollen. Damit dürften die Anforderungen an den sogenannten Lokalisierungsgrad weiter steigen: Bei Beschaffungen bestimmter Güter im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen wird ein höherer Anteil lokaler Wertschöpfung verlangt. Zunächst soll dies insbesondere für Güter der Verteidigungsindustrie gelten. Die Liste der betroffenen Produkte wird danach erweitert.
Bei Privatinvestitionen soll die Lokalisierung mit Fördermitteln gesteigert werden. Käufer von landwirtschaftlichen Maschinen aus inländischer Produktion sollen 25 Prozent der Kosten aus der Staatskasse erstattet bekommen. Nach Angaben der Regierung sind im Staatshaushalt 2024 dafür umgerechnet 24 Millionen Euro eingestellt worden – ausreichend, um etwa 4.000 Anträge zu unterstützen.
Ähnliche Maßnahmen könnten auch für den Erwerb weiterer Ausrüstungsgüter kommen. Im Rahmen des Förderprogramms für Wiederaufbau beschädigter und zerstörter Wohnungen und Häuser (eRecovery) sollen Familien zukünftig zum Kauf vor allem von in der Ukraine hergestellten Baustoffen animiert werden. Ähnliches gilt für das Förderprogramm eRobota zur Unterstützung von klein- und mittelständischen Unternehmen sowie Agrarbetrieben.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des neuen Programms wird das von Zelenski angekündigte Cashback-Programm sein. Angedacht ist, ukrainischen Verbrauchern den Kauf inländischer Güter und Dienstleistungen durch eine gewisse Kostenerstattung attraktiver zu machen. An der Liste der so geförderten Produkte wird noch gearbeitet.
Verständnis für die Regierungsmaßnahmen
Die Initiative stößt bei ausländischen Partnern und Unternehmen auf ein gemischtes Echo. "Die Absicht der ukrainischen Regierung ist natürlich verständlich, die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und der Unternehmen ist eine wichtige Angelegenheit", betont Reiner Perau, Geschäftsführer der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ukraine). Allerdings sei bei der Durchführung des Programms eine Menge Bürokratie zu befürchten, die kaum zu managen sein werde. "Auch scheint die Initiative nicht ganz mit der Strategie der europäischen Integration der Ukraine zusammenzupassen", gibt Perau zu bedenken.
Als "etwas problematisch" im Hinblick auf den angestrebten EU-Beitritt der Ukraine bezeichnen auch namhafte ukrainische Rechtsanwaltskanzleien den Vorstoß der Regierung. Obwohl die Ukraine seit 2022 EU-Beitrittskandidat ist und im letzten Dezember die Beitrittsverhandlungen offiziell aufgenommen wurden, bleiben bis zur Aufnahme in den Binnenmarkt noch Jahre. Entsprechend gilt für die Ukraine das Aquis Communitaire nur soweit, wie im 2014 unterzeichneten Assoziierungsabkommen festgelegt, so Dmytro Syrota, geschäftsführender Partner von Syrota Dzis Melnyk & Partners. Gleichzeitig können staatliche Hilfen durchaus als EU-Recht konform anerkannt werden, da sie den durch den Krieg verursachten erheblichen Schaden für die ukrainische Wirtschaft beseitigen (Artikel 107, Absatz 3 b des Vertrags über die Funktionsweise des EU-Binnenmarkts), ist sich Syrota sicher. Insofern sollte das neue Programm auch für die EU annehmbar sein.
Skeptisch zeigen sich hingegen ausländische Unternehmen, die sich um ihre Absatzchancen sorgen. Die höheren Lokalisierungsanforderungen könnten ihnen den Zugang zum ukrainischen Markt versperren, so ihre Befürchtungen. Diese Sorgen dürften jedoch nur zum Teil gerechtfertigt sein. Die Ukraine kann ihren Bedarf an Maschinen, Ausrüstungen und Material, etwa Baustoffen, nur teilweise selbst decken. Ein anderer Weg, um den "Lokalisierungsbeschränkungen" zu entgehen, wäre der Aufbau eigener Produktionskapazitäten in der Ukraine selbst. Damit könnte der lokale Wertschöpfungsanteil von Produkten angehoben werden, die auf dem ukrainischen Markt vermarktet werden.