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Aserbaidschans Industriezonen locken Investoren mit Vergünstigungen
Die Südkaukasusrepublik setzt bei Firmenansiedlungen auf Industrieparks und regionale Industriezonen. Innovative und technologieorientierte Firmen sind besonders willkommen.
14.03.2025
Von Uwe Strohbach | Baku
Aserbaidschan treibt die Diversifizierung seiner Wirtschaft voran. Dazu wird nicht nur das Netz öffentlich geförderter Gewerbegebiete mit mehreren Industrieparks und -zonen erweitert, sondern auch das Werben um in- und ausländische Investoren für Engagements an diesen Standorten intensiviert. Eine Schlüsselrolle kommt der seit 2021 bestehenden Agentur für die Entwicklung von Wirtschaftszonen İZİA (İqtisadi Zonaların İnkişafı Agentliy) zu. In der Südkaukasusrepublik kontrolliert die İZİA aktuell die Aktivitäten von acht Industrieparks und drei Industriezonen.
Standort | Gründungsjahr | Fläche (in ha) | Investitionen (in Mio. US$) 2) | Anzahl der registrierten Unternehmen |
---|---|---|---|---|
Sumqayıt (Sumgait) | 2011 | 613 | 3.570 | 38 |
Ağdam (Agdam) | 2021 | 190 | 163 | 30 |
Araz Vadisi (Aras-Tal) | 2021 | 200 | 73 | 17 |
Hacıqabul (Hajigabul) 3) | 2024 | 60 | 94 | 12 |
Pirallahı (Pirallahi) | 2016 | 30 | 72 | 7 |
Mingəçevir (Mingätschewir) | 2015 | 26 | 94 | 1 |
Qaradağ (Garadagh) | 2015 | 72 | 498 | 1 |
Naxçıvan (Nachitschewan) 4) | 2024 | 310 | 0 | 0 |
Für eine Ansiedlung in Industrieparks kommen in erster Linie Unternehmen mit Projekten von landesweiter, überregionaler Bedeutung infrage. Anfänglich wurde dabei noch ein clusterorientierter Ansatz verfolgt. Mittlerweile heißen die Industrieparks Investoren aus den unterschiedlichsten Branchen willkommen. Der Fokus der Industriezonen gilt der gezielten Entwicklung einer bestimmten Region.
Investoren winken zahlreiche Vergünstigungen
Unternehmen in den Industrieparks können mit Vergünstigungen rechnen. Ab dem Tag ihrer Registrierung sind sie beispielsweise jeweils zehn Jahre lang von folgenden Steuern befreit:
- Gewinnsteuer;
- Vermögensteuer;
- Grundsteuer;
- Einfuhrumsatzsteuer und Zölle für den Import von Anlagen, Maschinen und Ausrüstungen für den eigenen Bedarf.
Investoren profitieren dort zudem von einem elektronischen Single-Window-System für behördliche Verfahren, etwa für die Einholung von Baugenehmigungen. Darüber hinaus trägt der Staat die Erschließungskosten für die Grundstücke.
Die Vergünstigungen für Unternehmen in Industriezonen sind ähnlich breit gefächert. Für eine Ansiedlung ist von Interessierten zunächst eine projektbezogene Investitionsförderung beim Wirtschaftsministerium Aserbaidschans zu beantragen. Mit dem Förderbescheid in der Tasche sind Firmen in Industriezonen sieben Jahre lang von folgenden Steuern befreit:
- Vermögensteuer;
- Grundsteuer;
- Einfuhrumsatzsteuer und Zölle für importierte Anlagen, Maschinen und Ausrüstungen für den eigenen Bedarf.
Außerdem wird dort die Gewinnsteuer um 50 Prozent verringert. Darüber hinaus werden Grundstücke und Gebäude mit der erforderlichen Infrastruktur vom Staat bereitgestellt.
Anfang 2025 zählten die von der İZİA verwalteten Industrieparks und -zonen 152 registrierte Unternehmen, von denen 84 aktiv waren. Die übrigen Akteure befanden sich in der Planungsphase oder waren mit dem Bau ihrer Fabriken beschäftigt. Für den Fachkräftebedarf betreibt die İZİA ein eigenes Zentrum für Berufsausbildung. Zu dessen fachlichen Schwerpunkten zählen Schweißen, IT und Automatisierung sowie Montage und Bedienung von Industrieanlagen.
Fakten zu Aserbaidschans Industrieparks und -zonen
- Auf sie entfielen fast 18 Prozent des industriellen Ausstoßes (ohne Öl und Gas) des Landes.
- Ihr Anteil an den Exporten (ohne Öl und Gas) betrug 26 Prozent.
- Die İZİA erwartet dort kurz- bis mittelfristig neue Projekte mit einem Investitionsvolumen von etwa 600 Millionen US-Dollar.
Kapitalzufluss steigt, fällt aber noch bescheiden aus
Das Interesse in- und ausländischer Firmen an den Industrieparks und -zonen nimmt nach einer längeren Flaute wieder zu. Dazu trägt bei, dass sich die allgemein als schwierig bewerteten Rahmenbedingungen des Standorts Aserbaidschan schrittweise verbessern. Das gilt unter anderem für öffentliche Verwaltungsdienste, die Steuerverwaltung sowie mit Abstrichen auch für öffentliche Ausschreibungen und die Rechtsprechung. Auch hat die İZİA ihre Ansiedlungsbemühungen verstärkt.
2022 | 2023 | 2024 | |
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Neu registrierte Unternehmen (Anzahl) | 28 | 26 | 31 |
Zugesagte Investitionen (Mio. US$) | 101 | 277 | 132 |
Arbeitsplätze (erwartete Anzahl) | 2.400 | 3.100 | 2.600 |
Dennoch blieben das bisherige Investitionsvolumen und die jährlichen Neuzusagen hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurück. Zwar wurden seit der Eröffnung der ersten Wirtschaftszone 2013 insgesamt rund 4 Milliarden US-Dollar (US$) bis Anfang 2025 in allen Gewerbegebieten investiert. Darunter entfallen jedoch zwei Fünftel allein auf zwei Großprojekte der staatlichen Öl- und Gasholding SOCAR im Industriepark Sumqayıt (Sumgait). Die beiden Werke zur Herstellung von Polypropylen und -ethylen sowie Harnstoff schlagen mit jeweils rund 800 Millionen US$ zu Buche.
Sumqayıt gilt als Aushängeschild unter den aserbaidschanischen Gewerbegebieten
Der Industriepark Sumqayıt – offizieller Beiname "Chemiepark" – ist Aserbaidschans Gewerbegebiet Nummer eins. Die Gesellschaft STP (Sumqayıt Texnologiyalar Parkı; Sumgait Technologies Park) ist einer der Hauptakteure. Die zwölf STP-Betriebe mit 30 Produktionsstätten produzieren Kabel und Leitungen, Rohre, Aluminiumprofile, Armaturen, Metallkonstruktionen und mechanische Ausrüstungen.
Neue Projekte des Industrieparks Sumqayıt betreffen den Fahrzeugbau, speziell die Montage von jährlich 100 Nutzfahrzeugen der italienischen Marke IVECO und 500 Elektrobussen des chinesischen Herstellers BYD. Dazu kommen Vorhaben mit den Fokussen Bauchemie, Verpackungsmaterialien, Metallfässer, Aluminiumspiegel und Recycling von Altölen.
Andere Industrieparks setzen auf Pkw und Heimtextilien
Die Pkw-Montage wird Schwerpunkt des Industrieparks Hacıqabul (Hajigabul) sein. Das usbekisch-aserbaidschanische Joint Venture Azermasch ist dabei der Hauptakteur. Seine Montagebänder – einschließlich Schweiß- und Lackierarbeiten – starten voraussichtlich Ende 2025.
Die usbekische TST Textil Group, ein Hersteller von Heimtextilien, errichtet im Industriepark Mingəçevir (Mingätschewir) einen Bauwollcluster. Dieser soll stufenweise bis etwa 2028/2029 an den Start gehen. Er umfasst neben dem Anbau und der Entkernung von Baumwolle auch die Verarbeitung von Baumwollfasern. Dazu entstehen in Mingəçevir drei Werke für Spinn-, Web- und Näharbeiten.
Engagements in den kleineren Industriezonen fallen überschaubar aus
Die drei Industriezonen unter dem Dach der İZİA liegen in den Landkreisen Sabirabad, Masallı (Masalli) und Neftçala (Neftchala). Şərur (Scharur) ist eine kleine Industriezone in der Autonomen Republik Nachitschewan (Naxçıvan) und untersteht direkt dem Ministerkabinett der Autonomie.
Die in den İZİA-Zonen ansässigen Unternehmen investierten bisher zusammen etwa 50 Millionen US$ in ihre Projekte. Ein größerer Teil davon entfiel auf Neftçala, wo es eine überschaubare Montage von Pkw gibt. Andere Unternehmen stellen beispielsweise Metallkonstruktionen, Dachmaterialien, Bewässerungssysteme, Kunststofferzeugnisse, Möbel, Düngemittel, Schweißtechnik und Lebensmittel her.