Branche kompakt | Spanien | Automobilsektor
Markttrends
Spaniens Automobilindustrie behauptet sich in einem herausfordernden Umfeld weltweit. Die Kfz-Produktion sank 2024 nur leicht, während die Zulassungszahlen weiter stiegen.
15.01.2025
Von Friedrich Henle | Madrid
Die Entwicklung hin zur Elektromobilität ist auch in Spanien unumkehrbar, wenngleich das Tempo nicht so schnell ist wie ursprünglich gedacht. Noch immer besitzen mehr als 90 Prozent der im Land hergestellten Autos einen Verbrennungsmotor. Der Anteil der Elektroautos an den neu zugelassenen Fahrzeugen war zuletzt sogar rückläufig. Staatliche Kaufanreize für E-Autos werden aber auch im Jahr 2025 fortgesetzt.
Im Jahr 2024 produzierten spanische Werke schätzungsweise erneut etwa 2,4 Millionen Fahrzeuge, davon rund 90 Prozent für den Export. Eine neue Entwicklung ist die lokale Präsenz chinesischer Unternehmen im Hersteller- und Zulieferbereich. So lief im November 2024 das erste Auto des chinesischen Chery-Konzerns und seines Partners Ebro EV-Motors in Barcelona vom Band. Das Joint Venture nutzt dort ein ehemaliges Nissan-Werk. Im Dezember 2024 wiederum verkündete CATL die finale Entscheidung, gemeinsam mit Stellantis eine Gigafactory für Batterien in Saragossa (Aragonien) zu errichten. Die Partnerunternehmen rechnen mit Investitionskosten in Höhe von 4,1 Milliarden Euro.
belegt Spanien bei der Kfz-Produktion in Europa mit 2,4 Millionen Einheiten im Jahr 2024.
Wieder über 1 Million Neuzulassungen im Jahr 2025 erwartet
Der spanische Absatzmarkt für Pkw läuft insgesamt wieder besser. Knapp über 1 Million Neuwagen verkauften sich im Jahr 2024, das waren 7,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl besitzt Symbolwert, bewegt sich aber immer noch deutlich unter der des Vorpandemiejahres 2019, als 1,2 Millionen Autos zugelassen wurden. Ein Teil des Zuwachses lässt sich auch aus der Nachfrage in der Region Valencia ableiten. Dort machten die Überschwemmungen Ende Oktober 2024 geschätzt 100.000 Autos auf einen Schlag unbrauchbar.
Die Aussichten für das Jahr 2025 sind verhalten positiv. Der spanische Verband der Automobilhändler GANVAM rechnet mit einem Absatzwachstum des Pkw-Neuwagenmarktes von 2,5 Prozent. Zu Gute kommen der Kaufbereitschaft der weiterhin positive Wirtschaftsausblick Spaniens, höhere Reallöhne und die deutliche Beschäftigungszunahme sowie tendenziell sinkende Zinsen für Verbraucherkredite.
Schon seit mehreren Jahren steht bei den Pkw-Neuzulassungen in Spanien der Hersteller Toyota an der Spitze. Die deutschen Autobauer Mercedes-Benz, Audi und BMW kommen 2023 auf Marktanteile von 4,5 Prozent, 4,3 Prozent beziehungsweise 3,7 Prozent. Dacia (Renault-Gruppe) führt mit seinem Modell Sandero und knapp 28.000 Einheiten deutlich die Liste der meistverkauften Modelle an. Chinesische Hersteller gewinnen an Bedeutung. Deren Exporte nach Spanien verdoppeln sich im Jahr 2023 wertmäßig auf 2,9 Milliarden Euro. Generell gilt der Wettbewerb im spanischen Pkw-Markt, in dem kein Hersteller einen Anteil von mehr als 10 Prozent besitzt, als einer der härtesten in Europa.
Hersteller | Absatz | Veränderung 2023/22 | Marktanteil 2023 |
---|---|---|---|
Toyota | 79.883 | 8,7 | 8,4 |
Kia | 66.245 | 4,6 | 7,0 |
Hyundai | 63.871 | -1,1 | 6,7 |
Volkswagen | 63.871 | 8,5 | 6,7 |
SEAT | 58.583 | 19,1 | 6,2 |
Peugeot | 58.488 | 6,9 | 6,2 |
Renault | 56.176 | 23,4 | 5,9 |
Alternative Antriebe nehmen zu, aber nur langsam
Der Übergang zur Elektromobilität vollzieht sich in Spanien langsamer als ursprünglich geplant. 2024 kaufte die Kundschaft 57.372 batteriegetriebene, reine Elektroautos. Das waren zwar 11 Prozent mehr als im Vorjahr, stellte aber nur gut 6 Prozent aller Pkw-Verkäufe dar. Addiert man Plug-in-Hybridmodelle hinzu, betrug der Anteil der Stromer 11 Prozent, ein leichter Rückgang gegenüber 2023. Die spanische Regierung verlängerte in ihrer letzten Kabinettssitzung kurz vor Weihnachten 2024 das Kaufanreizprogramm für Elektroautos (Moves III) bis zunächst Ende Juni 2025.
Auch Wasserstoff soll bei den alternativen Antrieben im Verkehrssektor eine Rolle spielen. Das Umweltministerium hat Ziele für Fahrzeuge mit Brennstoffzelle definiert: Im Jahr 2030 sollen zwischen 150 und 200 mit Wasserstoff betriebene Busse fahren. Hinzu kommen 5.000 bis 7.000 Fahrzeuge aus Handel und Industrie. In absoluten Zahlen spielt diese Antriebsvariante aber noch keine große Rolle. Im Jahr 2023 wurden lediglich acht Pkw und 13 Busse mit Brennstoffzelle zugelassen.
Alternder Fuhrpark steht Emissionszielen im Weg
In Spanien waren am Jahresende 2023 laut Generaldirektion für Verkehr (DGT) knapp 36,1 Millionen Fahrzeuge und damit 1 Prozent mehr als im Vorjahr zugelassen. Darunter befanden sich 25,4 Millionen Pkw, 5,1 Millionen Lkw und 67.000 Busse. Die Definition der DGT ist weit gefasst und schließt auch Anhänger, Auflieger, Motorräder und rund eine halbe Million sonstige Fahrzeuge ein. Der gesamte Fahrzeugbestand im Land hat sich von 1993 bis 2023 mehr als verdoppelt.
Das Durchschnittsalter der in Spanien angemeldeten Pkw war 2023 mit 14,2 Jahren eines der höchsten in Europa. Laut Branchenverband ANFAC werden Fahrzeuge erst verschrottet, wenn sie im Mittel 19 Jahre alt sind. Diese seit Jahren andauernde Entwicklung erschwert es dem Land, die im nationalen Energie- und Klimaplan verankerten Emissionsziele bis 2030 zu erreichen.
Über 4 Milliarden Euro Fördermittel für Mobilität der Zukunft
Spanien hat sich als Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen und der Europäischen Union den jeweiligen Klimazielen verpflichtet. Das erfordert einen erheblichen Wandel im Automobilsektor. Die Regierung unterstützt die notwendige Dekarbonisierung mit Förderprogrammen, die sich auch aus europäischen Mitteln speisen.
Im Rahmen des nationalen Aufbau- und Resilienzplans hat der Mobilitätssektor einen eigenen Strategieplan erhalten. Dieser gibt Impulse für elektrifizierte und vernetzte Fahrzeuge. Spanien soll durch den Aufbau einer Infrastruktur für die Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen eine führende Position in Europa einnehmen. Der staatliche Beitrag beläuft sich auf 4,3 Milliarden Euro im Zeitraum 2021 bis 2026. Die Regierung setzt darauf, damit weitere 19,7 Milliarden Euro an privaten Investitionen auszulösen.