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Branchen | USA | Maschinen- und Anlagenbau

Deutsche Maschinenbauer knüpfen an ihren US-Servicenetzen

Der Aufbau eigener After-Sales-Kapazitäten in den USA ist teuer und zeitaufwendig. Doch das wachsende Geschäft und die Kundenansprüche lassen oft keine Alternative zu.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Das Geschäft mit deutschen Maschinen und Anlagen läuft in den USA wie geschmiert. Allein 2023 stiegen die entsprechenden Einfuhren der Vereinigten Staaten um 19 Prozent auf 37 Milliarden US-Dollar (US$), berichtet die U.S. International Trade Commission. In den ersten vier Monaten des Jahres 2024 setzte sich der Aufwärtstrend fort wenn auch abgeschwächt.

Wie Andrew Adair vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) einschätzt, ist das US-Geschäft in jüngster Zeit derart kräftig gestiegen, dass es für viele Firmen eine kritische Größe überschritten hat. Sie können den Service immer schwieriger ausschließlich von Deutschland aus steuern. Daher verbuche sein Verband eine stark gestiegene Anfrage in Bezug auf den Aufbau entsprechender Kapazitäten in Übersee.

Geschäftsanbahnungsreise Maschinenbau

Vom 2. bis 6. Dezember 2024 führt die AHK USA-Chicago in Zusammenarbeit mit SBS systems for business solutions eine Geschäftsanbahnungsreise nach Ohio und Kentucky zum Thema Maschinen- und Anlagenbau für die Produktion und das Recycling von Energiespeichern und Batterien durch. Anmeldeschluss ist der 31. Juli 2024.

Deutsche Maschinenbauer mit Investitionsstau beim Service

Viele Firmen stehen dabei aber erst am Anfang: Noch laufen Wartung, Reparatur und Ersatzteillieferung überwiegend von Deutschland aus, so der VDMA. Das kollidiere zunehmend mit den Ansprüchen der US-Kundschaft. Die erwarte einen Service innerhalb von 24 Stunden. Allein die Zeitverschiebung mache dies unmöglich. Wer von den USA aus morgens per E-Mail um ein Ersatzteil bittet, bekommt oft erst am nächsten Tag überhaupt eine Rückmeldung.

"Amerikanische Kunden erwarten einen Service innerhalb von 24 Stunden."

Andrew Adair VDMA-Referent für Nordamerika

Eine rasche Ersatzteillieferung mit Hilfe von Speziallogistikfirmen lässt sich zwar auch von Deutschland aus bewerkstelligen. Das Geschäft mit Expresslogistik boomt, wie ein in Atlanta ansässiger Branchenvertreter gegenüber Germany Trade & Invest berichtet. Laut einer Kurzumfrage des VDMA vom Juni 2024 beabsichtigen zwei Drittel der Mitgliedsunternehmen, Lagerkapazitäten in den USA auf- oder auszubauen.

Standortwahl und Fachkräftemangel

Dabei stellt sich vielen Unternehmen die Frage, wo genau sie investieren sollen. Denn die Kunden sitzen oft über das ganze Land verstreut. Darüber hinaus ist der Aufbau einer eigenen Niederlassung herausfordernd für das Personalmanagement: Denn in den USA fehlen viel mehr Fachkräfte als in Deutschland. Das trifft insbesondere auf alle technischen Berufe zu.

In den jährlichen Umfragen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) in den USA wird das Thema Fachkräftemangel von den interviewten Unternehmen immer an vorderster Stelle als Problem genannt. Teilweise müssen Firmen aus diesem Grund auf geplante und dringend notwendige Kapazitätserweiterungen verzichten.

"Klassische Ingenieurstudiengänge und eine Arbeit im produzierenden Gewerbe sind unter US-Bürgern nicht sehr begehrt."

Tilman Bender Geschäftsführer der Personalberatung TH Bender

Wie Tilman Bender von der Personalberatung TH Bender berichtet, ist es in den Vereinigten Staaten nicht besonders erstrebenswert, im verarbeitenden Gewerbe zu arbeiten oder einen klassischen technischen Studiengang zu belegen. Junge Leute ziehe es in IT-Berufe oder in die Finanzbranche. Bei Ingenieurstudiengängen gebe es einen hohen Anteil ausländischer Studierender, insbesondere aus China und Indien, die nicht alle nach dem Abschluss im Land bleiben würden. 

Bessere Bezahlung als in Deutschland

Die Löhne fallen im Vergleich zu Deutschland zumeist deutlich höher aus. Das vereinfacht zumindest die Entscheidung, ob man eine lokale oder eine entsandte Kraft einstellt. Denn die Kostenunterschiede sind nicht besonders stark ausgeprägt. Bender rät seinen Kunden im Verkaufsbereich grundsätzlich zur Einstellung einer lokalen Kraft. Beim technischen Service sei aber der Einsatz deutscher Expatriates möglich. 

Beim Rekrutieren vor Ort besteht allerdings das Risiko, an die falsche Person zu gelangen. Viele der in den USA tätigen deutschen Firmen berichten, dass oft mehrere Anläufe nötig seien, bis man die richtige einheimische Arbeitskraft gefunden habe.

Mehr Informationen zum Arbeitsmarkt in den USA

Die GTAI-Publikation Lohn- und Lohnnebenkosten informiert über die Themen Personalsuche und Arbeitsrecht und gibt einen Überblick über das Gehaltsgefüge in den Vereinigten Staaten.

Die deutschen Auslandshandelskammern (AHK) in den USA können bei der Personalsuche helfen. Sie verfügen über Büros in Atlanta, Chicago, New York, San Francisco und Washington, D.C. TH Bender hat sich auf deutsche Kunden spezialisiert und vermittelt ausschließlich Führungskräfte.

Wenige Ausweichmöglichkeiten für deutsche Firmen

Eine Alternative zum zeitaufwendigen Aufbau eigener Kapazitäten besteht darin, eine entsprechende Servicegesellschaft zu übernehmen, die bereits in den USA existiert. Diesen Weg hat nach Angaben von VDMA-Experte Adair auch eine Mitgliedsfirma des Fachverbandes beschritten. Jedoch handele es sich hierbei um eine sehr teure Option, die sich nur größere Firmen mit einem entsprechenden Finanzpolster leisten könnten. Zudem lasse sich diese Strategie nur umsetzen für Bereiche, bei denen eine schnelle Einarbeitung der Mitarbeiter vor Ort möglich sei.

Das trifft aber auf etliche Sparten nicht zu, weil deutsche Anbieter vor allem Hightech-Maschinen und komplexe Anlagen in die USA liefern. Hier ist oft eine bis zu zweijährige Einarbeitung notwendig. Gleiches gilt, wenn ein deutsches Unternehmen eine US-Service-Gesellschaft beauftragt. Wie die VDMA-Umfrage ergab, setzen nur sehr wenige deutsche Maschinenbauer auf einen externen Dienstleister im After-Sales-Bereich.

Herausforderungen beim Aufbau eines Servicenetzes in den USA

  • hohe Kapital- und Personalkosten
  • Größe des Landes, Kunden sitzen weit verstreut
  • Fachkräftemangel
  • hohe Fluktuation beim Personal
  • geringe Reiselust der Mitarbeiter
  • zeitaufwendiger Ausbildungsbedarf
  • Mangel an geeigneten Partnern

Quellen: VDMA 2024; Recherchen von Germany Trade & Invest
 

 

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