Branchen | USA | Maschinenbau
US-Markt für Werkzeugmaschinen wird noch größer
Der Konjunkturmotor brummt. In allen großen Abnehmerbranchen für Werkzeugmaschinen stehen die Zeichen auf Expansion. Deutsche Anbieter hängen die japanische Konkurrenz ab.
03.07.2024
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Der Markt für Werkzeugmaschinen befindet sich nach einem sehr zufriedenstellenden Jahr 2023 weiter im Aufwind. Alle bedeutenden Abnehmerbranchen melden eine steigende Nachfrage – die US-Konjunkturlokomotive fährt weiter mit Volldampf. So wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 laut Angaben des U.S. Bureau of Economic Analysis um real 2,5 Prozent. Für 2024 wird ein ähnlich hoher Wert erwartet. Erst 2025 soll er unter die Zwei-Prozent-Marke fallen.
Das Wachstum wird einerseits von einem lebhaften Privatkonsum getragen. Andererseits baut die Industrie ihre Kapazitäten teils massiv aus. In den durch staatliche Programme geförderten Branchen Halbleiter, Fotovoltaik und Elektroautos (einschließlich Batterien) sind nach Angaben von Branchenverbänden Projekte im Umfang von zusammengerechnet 400 Milliarden US-Dollar (US$) in der Pipeline.
Reindustrialisierung und Infrastrukturausbau treiben den Bedarf
Auch in etablierten Industrien, die keine Fördergelder erhalten, stehen die Zeichen auf Wachstum. Der Automobilabsatz soll 2024 weiter steigen, wenn auch nicht ganz so stark wie 2023. Zugleich holen Branchen wie die Aufzughersteller Montageschritte zurück in die USA. Nur der Fachkräftemangel bremst den Ausbau der landesweiten Industriekapazitäten.
Der private Wohnungsbau schwächelt aktuell. Im gewerblichen Hochbau dagegen sind alle Sparten auf Wachstumskurs. Die Infrastruktur wird – unterstützt durch den 1,2 Billionen US$ schweren Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) – kräftig ausgebaut. US-Behörden zufolge stehen im Frühsommer 2024 rund 56.000 Vorhaben mit einem Volumen von 450 Milliarden US$ kurz vor ihrer Umsetzung.
Auch Öl und Gas generieren Nachfrage
Zudem kommen Impulse aus Industrien, die sich eigentlich auf dem absteigenden Ast befinden müssten. So wächst der Öl- und Gassektor trotz der angestrebten Dekarbonisierung der Wirtschaft. Die Flüssiggasexporte der Vereinigten Staaten sollen sich laut Energieministerium zwischen 2022 und 2037 verdoppeln. Ölkonzerne wie BP und Shell indes verfolgen im Offshore-Geschäft ehrgeizige Expansionspläne im Golf von Mexiko.
IBIS World beziffert das Volumen des US-Marktes für Metallbearbeitungs- und Werkzeugmaschinen für 2024 auf knapp 37 Milliarden US$. Die Branche ist geprägt von kleinen Unternehmen. Im Durchschnitt beschäftigt eine Firma rund 14 Angestellte. Viele haben sich auf bestimmte Sparten oder Nischen spezialisiert. Nur so sind sie konkurrenzfähig.
Marktgröße (in Mrd. US$), davon | 36,7 |
Spezialwerkzeugmaschinen | 9,9 |
Metallschneide- und -formmaschinen | 9,4 |
Gussformen | 7,4 |
Anzahl Unternehmen | 9.581 |
Anzahl Mitarbeiter | 133.000 |
Durchschnittlicher Jahreslohn (in US$) | 71.820 |
Gewinnmarge (in %) | 4,4 |
Einfuhren (2023, in Mrd. US$) | 12,9 |
Entsprechend gering ist der Konzentrierungsgrad in der Branche. Die zehn größten Anbieter erreichen 2024 laut Schätzung von IBIS World einen gemeinsamen Marktanteil von 17 Prozent. Dabei kämen lediglich elf Firmen auf einen Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe. Die meisten Branchenunternehmen sind im Nordosten der USA angesiedelt, wo die großen Fahrzeughersteller sitzen.
Unternehmen | Umsatz *) | Marktanteil *) |
---|---|---|
Hyundai | 1.926,5 | 5,3 |
Haas Automation | 1.153,2 | 3,1 |
Fives Landis | 697,5 | 1,9 |
United Grinding | 578,1 | 1,6 |
Harbor Freight Tools | 549,7 | 1,5 |
Kennametal | 407,0 | 1,1 |
GROB Werke | 282,0 | 0,8 |
Andritz | 226,8 | 0,6 |
Armada | 205,6 | 0,6 |
Hohe Importabhängigkeit
Einheimische Firmen decken vor allem den Inlandsbedarf für relativ einfache Universalwerkzeugmaschinen ab. Dort sind sie zum Teil sehr gut aufgestellt. Im Gegenzug bedienen ausländische Unternehmen die Nachfrage nach Hightech- und Spezialgeräten. Entsprechend hoch ist die Importabhängigkeit.
Die Lieferengpässe sind behoben, der Nachholbedarf läuft aus. Die Brancheneinfuhren dürften 2024 im mittleren einstelligen Bereich wachsen.
Laut U.S. International Trade Commission stiegen die Einfuhren von Metallbearbeitungs- und Werkzeugmaschinen 2023 gegenüber dem Vorjahr um 8 Prozent auf rund 13 Milliarden US$. Gegenüber 2021 ergab sich sogar ein Plus von 22 Prozent. Das starke Wachstum ist auch auf Nachholeffekte zurückzuführen, da es 2021/22 Lieferengpässe gab. Diese dürften 2024 nicht mehr zum Tragen kommen, so dass von einem mittleren einstelligen Importwachstum auszugehen ist. In den ersten vier Monaten stiegen die Brancheneinfuhren um 3 Prozent.
Deutschland ganz oben in der Einfuhrstatistik
Deutschland ist traditionell nach Japan der zweitgrößte Lieferant von Werkzeugmaschinen. So beliefen sich die entsprechenden Importe von "Made in Germany" im Jahr 2023 auf über 2 Milliarden US$. Das ist eine Steigerung um ein Fünftel gegenüber dem Vorjahr. Von Januar bis April 2024 ergab sich ein Wachstum von 9 Prozent. Da die japanischen Konkurrenten schwächelten, eroberte Deutschland sogar Rang 1 der Zollstatistik. Dieser Trend zeichnet sich in praktisch allen anderen Maschinenbausparten ab.
Auch die Lieferungen aus China schwächelten. Grund dafür sind in den USA stark gestiegene Vorbehalte gegenüber chinesischer Technik. Was im öffentlichen Sektor begann, schwappte auf den Privatsektor über. Bei Japan dürften weniger strukturelle Gründe eine Rolle spielen, sondern vielmehr Wechselkurseffekte.
Deutsche Maschinenbauer bei Direktinvestitionen zurückhaltend
Größere internationale Werkzeugmaschinenbauer haben auch Kapazitäten in den USA aufgebaut. Doch in den Werkshallen dominieren einfache Montage- und Anpassungsschritte. Die Fertigung der Kernkomponenten sowie Forschung und Entwicklung erfolgen meist in der Heimat. Eine Verlagerung wäre schwer möglich, da der Fachkräftemangel in den USA deutlich ausgeprägter ist als in Deutschland. Das trifft insbesondere auf alle technischen Berufe zu.
Die deutschen Maschinenbauer haben daher in den Jahren 2020 bis 2022 – neuere Daten lagen nicht vor – vergleichsweise wenig Direktinvestitionen in den USA getätigt, wie aus Daten des Bureau of Economic Analysis hervorgeht. Dennoch werden sie sich in Zukunft stärker vor Ort engagieren müssen. Nach Angaben des Fachverbandes VDMA ist das Exportgeschäft vieler Unternehmen in den letzten Jahren derart stark gewachsen, dass sie zumindest ihre Servicekapazitäten in Übersee ausbauen müssen.
Sparte | Wert |
---|---|
insgesamt, davon | 108,2 |
verarbeitendes Gewerbe, davon | 57,6 |
Kfz-Branche | 20,8 |
Chemie | 12,9 |
Maschinenbau | 1,9 |
andere Industriebranchen | 22,0 |