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Disney investiert 60 Milliarden US-Dollar
Der Unterhaltungskonzern verdoppelt seine Investitionen in Resorts, Parks und Kreuzfahrtschiffe. Zugleich planen Hilton, Mariott und IHG eine Rekordzahl neuer Hotels in den USA.
04.10.2023
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Rund 60 Milliarden US-Dollar (US$) will der Disney-Konzern in den nächsten zehn Jahren in den Ausbau seiner Themenparks, Resorts und Kreuzfahrtschiffe investieren. Das verkündete Bob Iger, CEO des Unterhaltungskonzerns, Mitte September 2023 anlässlich einer Investorenversammlung in Orlando, Florida. Das sei in etwa doppelt so viel wie in der vorhergehenden Dekade.
Die Entscheidung fiel vor dem Hintergrund kräftiger Umsatz- und Gewinnsteigerungen in dem Segment – sowohl in den USA als auch im Rest der Welt. Gleichzeitig wolle Disney nicht in neue Länder und Städte expandieren, sondern bestehende Standorte ausbauen und modernisieren.
Disney konzentriert sich mit seinen Investitionen auf den US-Markt.
Ein Großteil der Investitionen in Parks und Hotels dürfte in den USA stattfinden. Dort besitzt der Konzern in unmittelbarer Nähe zu seinen Vergnügungsparks mehr als 400 Hektar unbebautes Land. So gibt es Pläne, den allerersten Park in Anaheim im Großraum Los Angeles zu erweitern. Bislang erschweren das Baubeschränkungen. Mit der Stadtverwaltung laufen Verhandlungen. Eine Entscheidung soll 2024 fallen. Das Unternehmen veröffentlichte im September 2023 eine entsprechende Umweltverträglichkeitsstudie.
Anzahl sämtlicher Hotelprojekte steigt auf 7.500
Neben Disney investieren auch die US-Hotelkonzerne kräftig in den Bau neuer Hotels in den Vereinigten Staaten. Nach Angaben von Lodging Econometrics befanden sich im 2. Quartal 2023 knapp 5.600 Neubauprojekte mit 660.000 Zimmern in der Pipeline. Das kommt einem Rekordwert sowie einem Wachstum von gut 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal gleich. Fast 1.100 Häuser befanden sich bereits im Bau, bei weiteren 2.200 Einheiten stand der Baubeginn unmittelbar (innerhalb von zwölf Monaten) bevor.
Anzahl Projekte | Zimmeranzahl | |
---|---|---|
Renovierung/Umbau | 1.939 | 253.473 |
Neubau, davon | 5.572 | 660.061 |
Mariott | 1.511 | 181.632 |
Hilton | 1.470 | 164.868 |
IHG | 811 | 80.516 |
Insgesamt | 7.511 | 913.534 |
Hinzu kamen noch einmal gut 1.900 Renovierungs- und Umbauprojekte mit rund 250.000 Räumen. Drei Hotelkonzerne – Mariott, Hilton und IHG – waren im 2. Quartal 2023 für gut zwei Drittel aller Neuvorhaben verantwortlich. Bei den Renovierungen lag ihr Anteil allerdings unter 50 Prozent.
Große Metropolen im Fokus
Hatten sich während der Pandemie noch viele Projekte auf kleinere Städte oder ländliche Regionen konzentriert, stehen nun die großen Metropolen im Mittelpunkt der Investitions- und Bautätigkeit. Dort bekommt die Branche Schützenhilfe von den lokalen Behörden. Viele Städte beschneiden den Wildwuchs von Airbnb-Angeboten. Im Gegenzug werden mehr offizielle Hotels benötigt.
Das spürt man unter anderem in New York. Dort ist die Nachfrage nach Hotelzimmern zum Sommer 2023 stark gestiegen. In Folge lagen die durchschnittlichen Übernachtungspreise im August bei 260 US$. Im Vergleich zum Vorpandemieniveau von 2019 komme dies einer Steigerung von 17 Prozent gleich, so das Marktforschungsunternehmen CoStar. Die jahrelangen Überkapazitäten bauen sich rasch ab.
Inlandstourismus und Fußballweltmeisterschaft sorgen für Rückenwind
Während einige Analysten die Risiken der Investitionsentscheidungen in den Vordergrund rücken, verweisen andere auf den sich nach dem Ende der Coronapandemie lebhaft entwickelnden Inlandstourismus. Zwar halten sich die US-Konsumenten im Herbst 2023 angesichts der hohen Zinsen mit der Anschaffung von langlebigen Konsumgütern zurück. Dafür geben sie mehr Geld für Dienstleistungen wie Essengehen oder Reisen aus. Dieser Trend soll 2024/25 anhalten.
Auch die Fußballweltmeisterschaft, die 2026 in den USA, Kanada und Mexiko stattfindet, sorgt in der Tourismusbranche für Rückenwind. Die WM wird in den Vereinigten Staaten an elf verschiedenen Standorten ausgetragen. In vielen der Gastgebermetropolen gibt es eine rege Bau- und Investitionstätigkeit bei Hotels, Restaurants und Shoppingmalls.
Zulieferchancen bei Gebäudetechnik
Die Investitionspläne bieten Chancen für ausländische Unternehmen. Es entstehen vor allem Resorts und Hotels im Vier- und Fünfsterne-Segment. Diese setzen bei ihrer Ausstattung auf Qualität und Sicherheit. So entwickelt sich eine starke Nachfrage nach hochwertiger Aufzugs-, Sicherheits- und Klimatechnik. Die Einfuhren von Gebäudetechnik sind 2022 und im 1. Halbjahr 2023 laut der U.S. International Trade Commission kräftig gestiegen. Deutsche Lieferanten konnten überdurchschnittlich zulegen.
Auch bei der Ausstattung von Themenparks können ausländische Anbieter zum Zuge kommen. Schließlich bieten sich beim Neubau von Kreuzfahrtschiffen und deren Ausstattung Chancen für deutsche Spezialfirmen. Dabei müssen sie noch nicht einmal direkt in die USA exportieren. Die Meyer-Werft in Papenburg im Emsland, die nach eigenen Angaben bereits zwei Schiffe für den Disney-Konzern gebaut hat, wurde mit dem Bau von drei weiteren Einheiten beauftragt.
Protektionismus bei privaten Auftraggebern gering
Große Sorgen um den in den USA zunehmenden Protektionismus müssen sich die internationalen Zulieferer bei Hotelvorhaben nicht machen. Bei den Projektbetreibern und Bauherren handelt es sich ausschließlich um private Firmen. Sie sind nicht an Vorgaben zur Erbringung einheimischer Wertschöpfungsanteile, wie sie bei öffentlichen Projekten zum Tragen kommen, gebunden.
Dennoch gilt: Wer in den USA groß ins Geschäft einsteigen will, kommt zumeist nicht darum herum, eine Montage oder Fertigung vor Ort aufzubauen. Dadurch kann man schneller auf individuelle Kundenwünsche eingehen. Zudem wirkt auch bei privaten Auftraggebern das Argument "Made in America" verkaufsfördernd.