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Im Wettlauf um den Quantencomputer liegen die USA vorn

Immer mehr Firmen drängen in den Markt für Quantenrechner. Noch ist viel Grundlagenforschung nötig. Doch könnte die Technologie in vielen Branchen bald eine Schlüsselrolle spielen.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Laut einer Studie von McKinsey & Company wurde von Januar bis August 2021 weltweit dreimal so viel Geld in Quantentechnologie investiert wie im gesamten Vorjahr. Die meisten Unternehmen in dem Bereich kommen aus den USA (40 Prozent). Das gilt auch für Investitionen in Quantencomputing-Start-ups (60 Prozent).

Besonders stark könnte die Technologie den Gesundheitssektor umkrempeln. Quantengestützte Algorithmen beschleunigen Diagnosen und die klinische Entscheidungsfindung. Auch in der Chemie-, Automobil- und Versicherungsbranche spielen die Technologien eine große Rolle. Weitere potenzielle Einsatzbereiche sind die Steuerung des Energiebedarfs und des Verkehrs.

Das Rennen um die beste Technologie ist noch offen

Bis Quantenrechner großflächig industriell anwendbar sind, ist indes noch viel Forschung und Entwicklung (FuE) notwendig. Und noch ist unklar, welche Art von Computer sich einmal durchsetzen wird.

Das kalifornische Start-up PsiQuantum entwickelt zum Beispiel siliziumphotonische Quantenchips. Auch der deutsche Laserspezialist Trumpf setzt auf Chips, die auf Photonik basieren, und hat daher das Stuttgarter Start-up Q.ANT übernommen, dessen Verfahren mit hochspeziellen Lichtkanälen arbeitet.

Andere wie IonQ, das im Herbst als erstes reines Start-up-Quantencomputerunternehmen an der New Yorker Börse debütierte, setzen dagegen auf sogenannte Ionenfallen, bei denen Ionen mittels Elektro- und Magnetfeldern festgehalten werden. Über die Cloud-Dienste von Amazon und Microsoft können Anwendende auf die Systeme von IonQ zugreifen. 

Kurz darauf gab auch Rigetti Computing sein geplantes Börsendebut bekannt: Die quantenintegrierten Schaltkreise des Hightech-Start-ups basieren wiederum, ebenso wie die Computer von Google und IBM, auf supraleitenden Quantenbits (Qubits). Das sind die kleinsten Informationseinheiten eines Quantenrechners. Rigetti kooperiert mit Forschern, der US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft (NASA), dem US-Energieministerium (DOE) und Technologieunternehmen, um seine Prozessoren fortzuentwickeln.

Neben Ionenfallen, Photonen und Supraleitern werden noch weitere Konzepte erforscht, um Qubits physikalisch zu realisieren. Welches einmal das Rennen machen wird, ist noch nicht klar. Um Quantencomputing ohne die Computer selbst besser erforschen zu können, haben sich Dell Technologies und IBM im Herbst 2021 zusammengeschlossen: Die Partner testen eine hybride Emulationsplattform, mit der sich auch ohne Quantenrechner oder Datenzugriff über die Cloud untersuchen lässt, wie die Anwendungen ausgeführt werden.

US-Regierung fördert FuE mit enormen Summen

Um die FuE im Bereich der Quanteninformatik voranzutreiben, stehen im Rahmen des "National Quantum Initiative Act" auf Bundesebene von 2019 bis 2023 mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar (US$) bereit. Davon sind 625 Millionen US$ für den Aufbau von fünf neuen Zentren für die Informationsforschung vorgesehen: dem Co-design Center for Quantum Advantage (C2 QA),  Q-NEXT, dem Quantum Systems Accelerator (QSA), dem Quantum Science Center (QSC) und dem Superconducting Quantum Materials and Systems Center (SQMS).

Die US-Technologieriesen sind schon seit einigen Jahren an Bord

Nvidia baut Grafikprozessoren zur Simulation von Qubits. Microsoft entwickelt einen Quantencomputer auf der Grundlage sogenannter topologischer Qubits, die unempfindlich gegen magnetische und andere Störungen sein sollen. Die Alphabet-Tochter Google fertigt ihre eigenen Quantenchips, um ihre Softwaresysteme für Künstliche Intelligenz (KI) zu verbessern.

Auf IBM-Quantenrechner in den USA können bereits mehr als 140 FuE-Einrichtungen und Unternehmen zugreifen, von Finanzdienstleistern über Autobauer bis zu Energieerzeugern. Gemeinsam mit Raytheon entwickelt der IT- und Beratungskonzern neben KI- und Kryptographie- auch Quantentechnologie, unter anderem für die Luft- und Raumfahrt. Amazon will ebenso an eigenen Quantencomputern forschen.

Auch Hewlett Packard, Intel und MagiQ Technologies entwickeln Technologien für Quantencomputer. Honeywell verfügt über einen Quantenrechner für interne Forschungszwecke. Im November haben sich der Mischkonzern und Cambridge Quantum zum Joint Venture Quantinuum vereint, um vollständig integrierte Hard- und Softwarelösungen für Quantencomputing zu entwickeln.

Herausforderungen für die Cybersicherheit wachsen

Laut manchen Fachleuten könnten schon einige Tausend Qubits ausreichen, um asymmetrische Verschlüsselungen zu knacken. Solche Quantencomputer könnte es in fünf bis zehn Jahren geben. Daher sind neue Sicherheitslösungen gefragt, die Quantenrechner nicht entschlüsseln können. Das National Institute of Standards and Technology (NIST) erarbeitet dafür neue Standards. Einen ersten Entwurf wird die US-Bundesbehörde voraussichtlich in den nächsten zwei bis drei Jahren veröffentlichen.

Neue Ausfuhrkontrollen beschleunigen technologische Entkopplung

Im Rahmen ihrer Exportkontrolle nehmen die USA auch Quantentechnologien ins Visier. Ende November landeten acht chinesische Quantencomputerfirmen auf der „Entity List“. Geschäftsbeziehungen von Unternehmen, die auf dieser schwarzen Liste landen, zu US-Partnern unterliegen sehr strengen Kontrollen.

Für die Fraunhofer-Gesellschaft ist technologische Souveränität einer der Hauptgründe dafür, dass deutsche Forschende eigene Quantencomputer entwickeln sollten. Im Dezember hat sich Fraunhofer mit dem niederländischen Forschungszentrum QuTech zusammengetan. Auch das Interesse der deutschen Industrie wächst: Das im letzten Sommer gegründete Quantum Technology and Application Consortium (QUTAC) will industrierelevante Anwendungen in ausgewählten Branchen zur Marktreife zu bringen. Unter den bisher zehn Mitgliedern sind BASF, BMW, Bosch, Siemens und Volkswagen. Zudem will das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit seinem Austauschforum Quantencomputing die Vernetzung von Industriepartnern, Start-ups und Forschungsgruppen weiter stärken.

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