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Branche kompakt | USA | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Rahmenbedingungen

Das Zulassungsverfahren bevorzugt innovative Medikamente. Die Preisgestaltung ist frei und gleichzeitig komplex. 

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Die USA sind das einzige große Industrieland, in dem die Bereitstellung von medizinischen Dienstleistungen und Versicherungen nicht durch eine zentrale nationale Strategie vereinheitlicht ist. Eine gesetzliche Krankenversicherung wie in Deutschland gibt es nicht. Der Bevölkerungsanteil mit Krankenversicherungsschutz ist mit 92 Prozent dennoch hoch. 

Die meisten Menschen sind über Gruppenversicherungen, die von ihren Arbeitgebern unterstützt werden, krankenversichert. Rund 86 Millionen Personen mit geringem Einkommen kommen über das staatliche Medicaid-Programm in den Genuss einer Krankenversicherung. Die fast 65 Millionen Menschen im Rentenalter sind über das staatliche Krankenversicherungsprogramm Medicare versichert. Eine erhebliche Anzahl von rund 25 Millionen Menschen muss aktuell ohne Krankenversicherung leben.

Importeure benötigen US-Agent

Ausländische Arzneimittelhersteller müssen in den USA registriert sein, um Produkte in das Land zu importieren. Dazu muss der Food and Drug Administration (FDA) ein Ansprechpartner in den USA benannt werden. Bei diesem sogenannten US-Agent kann es sich um eine reale Person, um Partnerunternehmen oder Unternehmensverbände handeln. Wichtig ist der ständige Sitz beziehungsweise Aufenthalt des Vertreters in den USA.

In den USA gilt ein Mindeststandard für die Herstellung, Bearbeitung, Verpackung und Lagerung von Arzneimitteln. Entsprechende Produkte dürfen nur importiert werden, wenn die Regularien der Current Good Manufacturing Practice eingehalten werden. 

Zulassung durch die FDA nötig

Um ein Arzneimittel in den USA vertreiben zu können, muss dieses durch die FDA zugelassen sein. Der Zulassungsprozess beginnt in den USA früher und ist in der Regel kürzer als in Europa. Bereits nach Durchführung von klinischen Studien werden Unterlagen zur vorläufigen Arzneimittelbewertung (Investigational New Drug Application, IND) verlangt. 

Zulassungsanträge unterteilen sich in New Drug Application (NDA) für Arzneimittel, Abbreviated New Drug Application (ANDA) für Generika und Biologics License Application (BLA) für Biologika. Daneben müssen, ähnlich wie in Europa, Informationen über Patente, Herstellung, Arzneimittelsicherheit und Wirksamkeit eingereicht werden. 

Des Weiteren werden Studien, eine Risikoabwägung bei Arzneimittelmissbrauch sowie die Arzneimittelinformationen inklusive Nutzungshinweisen benötigt. Über die Zulassung entscheidet die FDA nach Anhörung von Expertenkomitees, die aus Vertretern der Wissenschaft und Industrie sowie der Verbraucher und Patientenschaft bestehen.

Innovative Arzneimittel können in den USA von beschleunigten Zulassungsverfahren profitieren. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten wie das Fast Track-Verfahren, die Breakthrough Therapy oder das Accelerated Approval. Es ist erforderlich, dass die Arzneimittel das Potenzial haben, schwere oder lebensbedrohliche Erkrankungen zu behandeln.

Für Medikamente gilt die freie Marktpreisbildung

Im Unterschied zu Deutschland gibt es in den USA keine Preisbindung und Festpreise für rezeptpflichtige Medikamente. Arzneimittelhersteller sind in der Preisgestaltung weitgehend frei. Einzige Ausnahme sind verbindliche Preisverhandlungen für bestimmte Medikamente (außerhalb des Patentexklusivitätsrechts), die durch den Inflation Reduction Act (IRA) für das staatliche Medicare-Programm eingeführt werden.

Ob die Kosten für ein Medikament erstattungsfähig sind, wird von den privaten Krankenversicherungen beziehungsweise im Falle von Medicare und Medicaid vom Bund und den Bundesstaaten festgelegt. Basis sind unterschiedliche Positivlisten (Formularies).

Arzneimittelhersteller setzen Listenpreise fest und verhandeln mit den jeweiligen Kostenträgern wie den privaten Krankenversicherungen individuell über Rabatte. Dabei ist es üblich, dass Arzneimittel zu unterschiedlichen Preisen an die verschiedenen Nachfrager verkauft werden. Die jeweils ausgehandelten Liefer- und Rabattkonditionen müssen dabei nicht veröffentlicht werden. Der Wettbewerb zwischen Arzneimittelproduzenten führt dazu, dass erhebliche Rabatte auf den Herstellerabgabepreis eingeräumt werden müssen.

Großer Einfluss der Mittelsmänner 

In der Regel verhandeln die privaten Krankenversicherungen jedoch nicht selbst mit den Arzneimittelherstellern, sondern bedienen sich sogenannter Pharmacy Benefit Managers (PBMs). Die PBMs legen zudem mit Positiv- und Ausschlusslisten fest, für welche Medikamente die Kosten erstattet werden.

Die PBM haben eine große Marktmacht inne. Mit CVS Caremark, OptumRx und Express Scriptdie sind die drei größten PBMs für etwa 80 Prozent der abgewickelten Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente verantwortlich. Die führenden PBM sind dabei nicht wirklich unabhängig, sondern gehören zu großen Gesundheitsunternehmen und Versicherungen, welche wiederum eigene Apothekenketten oder Versanddienste betreiben.

Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass diese Verflechtungen zulasten der Markttransparenz und unabhängiger Apotheken gehen. Mengenmäßig (in Bezug auf Defined Daily Doses, DDD) wurden 2023 rund 83 Prozent der verschreibungspflichtigen Medikamente über private Händler wie Apotheken, Drogerien oder dem Onlineversand abgesetzt. Die verbleibenden 17 Prozent entfallen auf Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser.

Tipps für den Markteinstieg

  • Beratungsangebote nutzen: Die FDA bietet während des gesamten Zulassungsverfahrens Beratungsleistungen an. Für KMU wurde mit der Small Business and Industry Assistance (SBIA) eine eigene Anlaufstelle geschaffen.
  • Öffentliche Förderung wahrnehmen: In den USA wird Forschung und Entwicklung durch steuerliche Vorteile gefördert. Das R&D Tax Credit-Programm bietet eine Steuergutschrift für die Entwicklung von pharmazeutischen Produkten an.
  • Risikokapitalgeber adressieren: Der Life-Science-Sektor konnte 2023 in den USA mehr als 30 Milliarden US$ an Wagniskapital einsammeln. Experten begründen dies mit einer größeren Risikobereitschaft der US-Investoren. Höhere Bewertungen von Start-ups im Vergleich zu Europa machen die USA für Unternehmen auf Kapitalsuche besonders attraktiv.

     

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