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Rechtsbericht USA Produzentenhaftung

Grundlagen der Produkthaftung in den USA

In den USA existiert kein einheitliches Produkthaftungsgesetz.

Von Jan Sebisch | Bonn

Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 24. Februar 2021 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im Oktober 2023.

Die Produkthaftung ist für jeden Hersteller, Importeur und Händler von essenzieller Bedeutung. In den EU-Mitgliedstaaten ist durch die Umsetzung der Produkthaftungsrichtlinie sowie die Rom I- und II-Verordnung eine weitestgehende Harmonisierung der Haftung für fehlerhafte Produkte geschaffen worden. Außerhalb von Europa hat eine entsprechende Vereinheitlichung nicht stattgefunden. Hier richtet sich die Produkthaftung nach wie vor nach den jeweiligen nationalen Regelungen.

Die USA gehören zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands und das Thema Produkthaftung (product liability) ist ständig präsent. In den deutschen Medien ist in der jüngeren Vergangenheit immer wieder über die überzogenen Schadensersatzsummen aus geringem Anlass im Rahmen von US-Produkthaftungsprozessen berichtet worden. Der vorliegende Bericht soll einen ersten Überblick über die Produkthaftung in den USA gewähren und das Thema einfach und verständlich näherbringen.

Produkthaftungsgesetz

In den USA existiert kein einheitliches Produkthaftungsgesetz. Vielmehr ist das Produkthaftungsrecht überwiegend einzelstaatliches Recht und entwickelt sich aus dem Fallrecht (case law). Ein elementarer Grundsatz des fallrechtlichen Systems ist, dass die Untergerichte an die Rechtsgrundsätze früherer Entscheidungen der Obergerichte gebunden sind. In Bezug auf das einzelstaatliche Recht sind danach die unteren einzelstaatlichen Gerichte an die Entscheidungen der Berufungsgerichte und schließlich des einzelstaatlichen Supreme Court und in bundesrechtlichen Fragen an die Entscheidungen der zuständigen Bundesgerichte gebunden. Das jeweils höchste Gericht (einzelstaatliches oder Bundesgericht) kann von früheren aufgestellten Entscheidungen abweichen und dadurch neues Recht schöpfen.

Grundsätzlich existieren in den USA zur Überwindung der rechtlichen Differenzen zwischen den einzelnen Bundesstaaten für viele Rechtsgebiete sogenannte Uniform Laws. Diese werden von der Uniform Law Commission ausgearbeitet und den einzelnen Bundesstaaten zur Annahme vorgeschlagen. Am erfolgreichsten ist der Uniform Commercial Code (UCC). Er gilt in allen Bundesstaaten, mit Ausnahme einiger Teile in Louisiana. Für den Bereich der Produkthaftung hat die Uniform Law Commission auch einen Gesetzesvorschlag für ein einheitliches Produkthaftungsgesetz (Model Uniform Products Liability Act) erarbeitet. Dieser Entwurf hat aber bisher bei den Bundesstaaten keine große Zustimmung gefunden. Der UCC trägt zumindest teilweise zur Vereinheitlichung des Produkthaftungsrechts zwischen den Bundesstaaten bei, da die Vorschriften des UCC, der auf Verträge über bewegliche Gegenstände anwendbar ist, in Art. 2 UCC ausdrückliche oder stillschweigende Gewährleistungen regeln, die Grundlage eines vertraglichen Produkthaftungsanspruch sein können.

Produktsicherheitsgesetzgebung

In den USA sind die Produktsicherheitsauflagen relativ hoch. Im August 2008 ist das Verbraucherproduktsicherheitsgesetz (Consumer Product Saftey Act) wesentlich ergänzt und neu gefasst worden. Ausländische Hersteller und Zulieferer von Verbraucherprodukten müssen nach diesem Gesetz darauf achten, dass ihre Produkte alle Sicherheits- und Verbotsregeln, Standards und Verordnungen der amerikanischen Verbraucherschutzbehörde (Consumer Product Safety Commission) erfüllen, die für ihre Produkte gelten. 

Der Consumer Product Safety Act enthält keine Anspruchsgrundlagen für Produkthaftungsansprüche. Es handelt sich mithin nicht um ein Produkthaftungsgesetz. Der Consumer Product Safety Act ist allerdings insoweit relevant, da ein Verstoß gegen dessen Konformitätsbestimmungen verstärkt zur Annahme von Designfehlern bei Produkten führen kann und somit indirekt das Produkthaftpflichtrisiko erhöht.

Weitere Produktsicherheitsgesetze sind zum Beispiel der Federal Hazardous Substances Act, der Flammable Fabrics Act sowie der Poison Prevention Packaging Act.

Anspruchsgrundlagen für die Produkthaftung

Das amerikanische Recht sieht für die Produkthaftung drei Anspruchsgrundlagen vor: die vertragliche Haftung (breach of warranty), die Fahrlässigkeitshaftung (negligence) und die Gefährdungshaftung (strict liability). Alle drei Ansprüche können gleichzeitig geltend gemacht werden. Wie der Geschädigte bei seiner Klage konkret vorgeht, hängt vor allem davon ab, welche Haftung er dem beklagten Hersteller am leichtesten nachweisen kann.

Vertragliche Haftung

Bezüglich der vertraglichen Haftung enthalten die Vorschriften des Artikel 2 UCC ausdrückliche und stillschweigende Gewährleistungen. Als ausdrückliche Gewährleistung kann jede Zusicherung, die ein Verkäufer in Bezug auf bestimmte Eigenschaften des Verkaufsgegenstands macht, angesehen werden. Des Weiteren gewährleistet ein Kaufmann implizit die handelsübliche Verwendbarkeit des Kaufgegenstands (implied warranty merchantability). In bestimmten Fällen wird darüber hinaus eine stillschweigende Zusicherung auf der Verkäuferseite vermutet, dass die Sache für den speziellen, vom Käufer verfolgten Zweck geeignet ist (implied warranty of fitness for the particular purpose).

Fahrlässigkeit

Eine Haftung wegen Fahrlässigkeit setzt die Verletzung einer Sorgfaltspflicht und Kausalität voraus. Die Sorgfaltspflicht ist verletzt, wenn eine Handlung nicht so vorgenommen wurde, wie sie eine vernünftig handelnde Person in derselben Situation vorgenommen hätte. Kausalität ist gegeben, wenn der Schaden ohne Zutun des Beklagten nicht eingetreten wäre. Zur Geltendmachung eines Haftungsanspruch muss der Kläger zusätzlich einen Schaden nachweisen.

Gefährdungshaftung

Ein Fall der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung liegt vor, wenn ein vom Beklagten hergestelltes oder verkauftes Produkt, ohne grundlegende Veränderungen in den Besitz des Klägers gelangt ist und beim Kläger durch seine Fehlerhaftigkeit einen Schaden verursacht.

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