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Rechtsbericht USA Produzentenhaftung

US-Produkthaftung: Wie entsteht ein Anspruch auf Schadensersatz?

Das amerikanische Recht sieht für die Produkthaftung drei Anspruchsgrundlagen vor, nämlich die vertragliche Haftung, die Fahrlässigkeitshaftung und die Gefährdungshaftung.

Von Jan Sebisch | Bonn

Hinweis: Der Rechtsbericht wurde erstmals am 26. Februar 2021 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im April 2024.

Vertragliche Haftung (breach of warranty)

Bezüglich der vertraglichen Haftung enthalten die Vorschriften in Art. 2 des US-amerikanischen Handelsgesetzbuchs (Uniform Commercial Code - UCC), das auf Verträge über bewegliche Gegenstände anwendbar ist, ausdrückliche (express warranties) und stillschweigende Gewährleistungen (implied warranties).

Der UCC ist kein verbindliches Gesetz; er ist vielmehr eine Empfehlung der Uniform Law Commission an die einzelnen Bundesstaaten, die in dem UCC niedergelegten Bestimmungen als Gesetz umzusetzen. Der UCC gilt in allen Bundesstaaten, unter Ausnahme einiger Teile in Louisiana.    

Ausdrückliche Gewährleistungen

Express warranties sind mündliche oder schriftliche ausdrückliche Zusicherungen, die sich auf die Qualität einer Ware beziehen. Grundsätzlich werden an das Vorliegen einer ausdrücklichen Zusicherung relativ niedrige Anforderungen gestellt. Die Verwendung des Begriffs warranty ist nicht erforderlich. Bereits bloße Produktbeschreibungen, Produktmuster oder mündliche Erklärungen bei Abschluss des Kaufvertrages können ausdrückliche Zusicherungen darstellen. Die Grenzen zwischen der haftungsbegründenden express warranty und dem reinen, folgenlos bleibendem Verkaufsgespräch sind fließend. Möchte der Hersteller oder Verkäufer keine Zusicherung geben, muss er das deutlich machen. Werbeaussagen sollten nur mit großer Sorgfalt getroffen werden.

Stillschweigende Gewährleistungen

Weiterhin gewährleistet ein Kaufmann implizit die handelsübliche Verwendbarkeit des Kaufgegenstandes (warrenty of merchantability). In bestimmten Fällen wird darüber hinaus eine stillschweigende Zusicherung auf der Verkäuferseite vermutet, dass die Sache für den speziellen, vom Käufer verfolgten Zweck geeignet ist (implied warranty of fitness for a particular purpose). Der Zweck muss über den gewöhnlichen Zweck hinausgehen. In der Regel handelt es sich hierbei um Produkte, die ein gewisses Fachwissen des Verkäufers voraussetzen. Möchte ein Verkäufer die Zweckdienlichkeit ausschließen, bietet sich zum Beispiel die folgende Formulierung an: "There are no warranties which extend beyond the description on the face hereof." 

Fahrlässigkeit (negligence)

Eine Haftung wegen Fahrlässigkeit setzt die Verletzung einer Sorgfaltspflicht (duty of care) und Kausalität voraus. Die Sorgfaltspflicht ist verletzt, wenn eine Handlung nicht so vorgenommen wurde, wie sie eine vernünftig handelnde Person in derselben Situation vorgenommen hätte. Kausalität ist gegeben, wenn der Schaden ohne Zutun des Beklagten nicht eingetreten wäre (but for-rule). Zur Geltendmachung eines Haftungsanspruch muss der Kläger zusätzlich einen Schaden nachweisen. Sorgfaltspflichten werden oftmals von Spezialgesetzen vorgegeben.

Gefährdungshaftung (strict liability)

Bei der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung handelt es sich wohl um die relevanteste Anspruchsgrundlage. Sie liegt vor, wenn ein vom Beklagten hergestelltes oder verkauftes Produkt, ohne grundlegende Veränderungen in den Besitz des Klägers gelangt ist und beim Kläger durch seine Fehlerhaftigkeit einen Schaden verursacht. Der amerikanischen Gefährdungshaftung in Bezug auf die Produkthaftung liegt der gleiche Grundgedanke wie in Deutschland zugrunde. Der Hersteller hat gegenüber seinen Konsumenten eine besondere Verantwortung und soll mithin auch für Schäden, die durch seine Produkte entstehen, die Verantwortung übernehmen. In Bezug auf die Entstehung der Gefährdungshaftung ist eine direkte Vertragsbeziehung nicht erforderlich und es ist unerheblich, ob der Beklagte seine Sorgfaltspflicht erfüllt hat. Man unterscheidet zwischen drei verschiedenen Arten der Gefährdungshaftung: Herstellungsfehler (manufacturing defects), Designfehler (design defects) und Instruktionsfehler (inadequate instructions or warnings).

Herstellungsfehler

Im Rahmen eines Herstellungsfehler weicht das Produkt wesentlich von der Produktlinie ab. Typische Beispiele für Herstellungsfehler sind Materialfehler oder die nicht ordnungsgemäße Montage.

Designfehler

Designfehler liegen vor, wenn das Produkt den allgemeinen Qualitätsanforderungen nicht gerecht wird. Design defects werden nach der Verbrauchererwartung (consumer expextations) oder einer Kosten-Nutzen-Analyse (risk-benefit test) beurteilt. Ein Produkt ist nach dem consumer expectations test fehlerhaft, wenn es nicht den vernünftigen Sicherheitserwartungen eines gewöhnlichen Verbrauchers entspricht. Mithin kommt es darauf an, ob der Verbraucher das Produkt als gefährlich einstuft oder nicht. Beim risk-benefit test werden die mit dem Produkt verbundenen Gefahren gegen dessen Vorteile abgewogen. In die Beurteilung fließen verschiedene Faktoren ein. Unter anderem wird hier abgestellt auf den Nutzen für den einzelnen Verbraucher, die Wahrscheinlichkeit eines Schadens und dessen mögliche Ausmaße, die Möglichkeit der Nutzung eines vergleichbaren, weniger gefährlichen Produkts, die Gelegenheit zur Nachbesserung, die Kenntnis des Verbrauchers von der Gefährlichkeit des Produkts sowie die Verfügbarkeit von Versicherungen. In einer Vielzahl von Fällen werden Haftungsansprüche nach der consumer expectation sowie dem risk-benefit test beurteilt.   

Instruktionsfehler

Kläger machen in Produkthaftungsprozessen oft geltend, dass der Hersteller bei dem Vertrieb seiner Produkte Instruktionspflichten verletzt hat. Sowohl für Designfehler wie auch für Fehler aufgrund unzureichender Warnungen und Instruktionen gilt ein reasonableness standard. Der Hersteller haftet, wenn vorhersehbare Risiken durch ein vernünftiges alternatives Design beziehungsweise vernünftige Instruktionen und Warnungen hätten verringert oder vermieden werden können.

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