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Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei
Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse USA unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
31.10.2024
(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)
Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie auch die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.
Gesetzliche Grundlagen
Die USA sind Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), haben aber nur zwei von zehn Kernübereinkommen ratifiziert (Stand: September 2024). Dazu gehört das hier relevante Übereinkommen über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105), nicht hingegen das Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29). Dennoch sind die USA durch ihre Mitgliedschaft in der ILO zu dessen Beachtung verpflichtet. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.
Auf bundesstaatlicher Ebene enthält das US-amerikanische Strafrecht in 18 U.S. Code § 1589 ebenfalls ein Verbot der Zwangsarbeit sowie mehrere Vorschriften zum Verbot und zur Verhinderung moderner Sklaverei. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.
Darüber hinaus enthält das überarbeitete Handelsabkommen United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) zwischen den USA, Mexiko und Kanada in Kapitel 23 Vorschriften zum Arbeitsmarkt, darunter die Abschaffung von Zwangsarbeit sowie das Verbot des Imports von Waren, die in Drittländern durch Zwangsarbeit hergestellt wurden. Die USA sind ferner Mitglied des Sklavereiabkommens von 1926 zur Abschaffung der Sklaverei.
Der im Dezember 2021 vom US-amerikanischen Kongress verabschiedete "Uyghur Forced Labor Prevention Act" verbietet Einfuhren von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten aus China, insbesondere aus der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang. Auch deutsche Unternehmen, die Produkte in China herstellen lassen und in die USA einführen, können von dem Verbot betroffen sein.
Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.
Risiken
Die USA sind nach dem Global Slavery Index 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie Vulnerability to Modern Slavery mit 25/100 Punkten bewertet. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Damit liegt das Land hinter anderen westlichen Industriestaaten wie Kanada und Deutschland (11/100), Frankreich (13/100) und das Vereinigte Königreich (14/100), aber deutlich vor Brasilien (47/100) und Mexiko (58/100). In den USA waren 2021 nach dem Index je 1.000 Personen 3,3 von Zwangsarbeit betroffen (damit liegen die Vereinigten Staaten auf dem Niveau Italiens); 1,1 Millionen Menschen insgesamt.
Der Index führt die Anfälligkeit der USA in erster Linie auf Migranten-, auf Rassen- und Geschlechterdiskriminierung, Armut und staatlich verordnete Zwangsarbeit zurück. Gerade undokumentierte Einwanderer sind besonders anfällig, Opfer von Gewalt, Erpressung, Entführung und Menschenhandel durch organisierte Verbrecherbanden zu werden, die entlang der Südgrenze eine Schmuggelindustrie im Wert von 13 Milliarden US-Dollar (US$) betreiben. Darüber hinaus sind insbesondere Afroamerikaner im staatlichen Gefängnissystem deutlich überrepräsentiert und damit eher Zwangsarbeit während der Inhaftierung ausgesetzt.
Risikobehaftet sind vor allem die Branchen Landwirtschaft, Baugewerbe, Einzelhandel und Gastgewerbe. Im Jahr 2021 erhielt die Nationale Hotline für Menschenhandel (NHTH) 1.066 Meldungen über potenzielle Fälle von Menschenhandel mit Arbeitskräften. Davon waren vorrangig die Bereiche Landwirtschaft und Baugewerbe betroffen. Nahezu 11 Prozent aller Meldungen betrafen Zwangsarbeit in landwirtschaftlichen Betrieben. In der Vergangenheit wurde mehrfach von Betrieben in südlichen Staaten der USA, etwa in Georgia, berichtet, in denen Arbeitsmigranten aus Mexiko und Mittelamerika durch Waffengewalt und die Beschlagnahme von Pässen und Dokumenten zur Arbeit gezwungen werden.
Die US-Regierung hat jüngst mehrere Programme auf den Weg gebracht, um Zwangsarbeit künftig effektiver bekämpfen zu können. Im September 2020 wurde die President’s Interagency Task Force to Monitor and Combat Trafficking in Persons (PITF) gegründet, die ressortübergreifend und in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor, der Zivilgesellschaft und den Sicherheitsbehörden den Kampf gegen Menschenhandel koordinieren soll. Im Dezember 2021 wurde der Debt Bondage Repair Act unterzeichnet, der es Verbraucherauskunfteien verbietet, negative Kreditinformationen über einen Verbraucher zu veröffentlichen, wenn dieser Opfer von Menschenhandel wurde und die nachteiligen Kreditinformationen durch den Menschenhandel verursacht wurden.
Im gleichen Jahr hat die Regierung einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Menschenhandel vorgelegt und hierfür fast 87 Millionen US$ zugesagt. Hingegen scheint die Regierung hinsichtlich der Ausbeutung von Wanderarbeitern noch keine effektive Antwort gefunden zu haben.
Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen in den USA zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.
Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Die AHK USA mit Standorten in Atlanta, Chicago, New York, San Francisco und Washington, D.C. berät deutsche Unternehmen beim US-Markteinstieg und der Marktexpansion. Einer der häufigsten Gründe für das Scheitern eines Markteinstiegs ist oftmals nicht die Geschäftsidee oder das Produkt selbst, sondern ein Mangel an Informationen sowie fehlende Sorgfalt bei der Umsetzung. Der US-Markt ist sehr divers und regional geprägt. Darüber hinaus bestehen in den einzelnen Bundesstaaten teilweise unterschiedliche Regulierungen.
Die US-Regierung finanziert die Nationale Hotline für Menschenhandel (NHTH), einen kostenlosen mehrsprachigen Dienst, der auch von deutschen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann und Meldungen über Menschenhandel entgegennimmt. Spezielle Dienste für Überlebende von Zwangsarbeit werden durch das Department of Justice und das Department of Health und Human Services finanziert, wobei das U.S. Advisory Council on Human Trafficking die Kontaktaufnahme übernimmt. Die nationale Reaktion auf moderne Sklaverei wird ebenfalls von der PITF koordiniert, die mit diversen Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeitet.
Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.