Special | Vietnam | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Umsetzungshilfe Risikoanalyse
Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei
Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Vietnam unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
30.01.2025
(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)
Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie auch die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.
Gesetzliche Grundlagen
Vietnam ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat neun der zehn Kernübereinkommen ratifiziert (Stand: November 2024). Dazu gehören das hier relevante Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) sowie das Übereinkommen über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Diese Übereinkommen wurden in das nationale Recht integriert, insbesondere in das vietnamesische Arbeitsgesetz (45/2019/QH14) und in das Strafgesetzbuch (100/2015/QH13), erweitert durch das entsprechende Ergänzungsgesetz (12/2017/QH14) und das Dekret über Strafen und Geldbußen (12/2022/NĐ-CP). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.
Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.
Risiken
Vietnam ist nach dem Global Slavery Index 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie Vulnerability to Modern Slavery mit 44/100 Punkten bewertet. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf die Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Diese ist in Vietnam nach dem Index höher als in den Nachbarländern Kambodscha (58/100 Punkten) und Laos (52/100 Punkten) wird aber ähnlich eingestuft wie in Thailand (46/100 Punkten) und China (46/100 Punkten). In Vietnam waren 2021 nach dem Index je 1.000 Personen 4,1 von Zwangsarbeit betroffen; 396.000 Menschen insgesamt.
Zwangsarbeit ist in Vietnam im verarbeitenden Gewerbe kein strukturelles Problem. Die betroffenen Personen arbeiten häufig nicht in internationalen Lieferketten. Das Risiko von Zwangsarbeit kann jedoch in Form von Misshandlungen, Diskriminierung weiblicher Beschäftigter aus Angst vor schwangerschaftsbedingtem Arbeitsausfall, fehlender Sicherheit und Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz, das gesetzliche Maß übersteigende Überstunden sowie Arbeitsverdichtung vorkommen.
Die Kontrollen der vietnamesischen Arbeitsverwaltung sind bisher wenig schlagkräftig und auch die Gewerkschaften in den Betrieben kommen den ihnen übertragenen Aufgaben bei der Überwachung der Einhaltung von Vorschriften nicht nach.
Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in einzelnen Branchen Vietnams zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.
Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Um Risiken von Zwangsarbeit in Vietnam effektiv zu verhindern, zu minimieren und zu bekämpfen, ist es wichtig, Arbeitgebern zu helfen, Zwangsarbeit zu identifizieren und selbst Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen, da viele Unternehmen oft nicht wissen, dass die von ihnen angewandten Praktiken Merkmale von Zwangsarbeit aufweisen.
Die AHK Vietnam bietet Informationen und eine Nachhaltigkeitsberatung an, insbesondere in Bezug auf Lieferketten. Die ILO ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen, ebenso das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP. Außerdem sind Prüforganisationen wie TÜV Nord und TÜV Süd in Vietnam vertreten und bieten die Möglichkeit, Unternehmen nach internationalen Sozialstandards (SA 8000, SMETA, BSCI, ISO 45001 etc.) zu zertifizieren.
Am 14. Dezember 2024 wurde der Responsible Business Helpdesk (RBH) in Vietnam offiziell eingerichtet. Der Helpdesk wird von der vietnamesischen Industrie- und Handelskammer (VCCI) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betrieben. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) ist eine Unterstützungsstruktur, die lokale Unternehmen über die Vorschriften des LkSG und der EU-Richtlinie CSDDD sowie nachhaltige Lieferketten im Allgemeinen berät.
Das Netzwerk wird von der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt. Für Beratungen ist der Helpdesk in Vietnam zu erreichen unter: T +84 90 61 11 622 oder rbh.vietnam.vcci@gmail.com; Adresse 5th Floor, VCCI, No 9 Dao Duy Anh Street, Dong Da District, Hanoi, Vietnam.
Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.