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Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung
Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Vietnam unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
30.01.2025
(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)
Kurzbeschreibung: Verboten ist die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, Religion, etc. (Diskriminierungsverbot).
Gesetzliche Grundlagen
Vietnam ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), und hat neun von zehn Kernübereinkommen ratifiziert (Stand: November 2024). Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (ILO-Übereinkommen Nr. 111) und über die Gleichheit des Entgelt männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 100).
Die vietnamesischen Arbeitsbestimmungen (insbesondere das Arbeitsgesetz Nr. 45/2019/QH14) umfasst Bestimmungen zum Verbot der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung. Dieses Gesetz verbietet ausdrücklich jede Form der Diskriminierung am Arbeitsplatz, einschließlich Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, sozialer Herkunft, Glaubensrichtung, Religion, Behinderung, HIV-Status oder Gewerkschaftszugehörigkeit. Darüber hinaus sind zur Bekämpfung der Ungleichbehandlung in der Beschäftigung in Vietnam auch andere gesetzliche Bestimmungen von Bedeutung, wie das Berufsausbildungsgesetz von 2006, das Gesetz zur Gleichstellung der Geschlechter von 2006, das Sozialversicherungsgesetz von 2014 und das Gesetz für Menschen mit Behinderungen von 2010.
Im Jahr 2014 hat Vietnam die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) ratifiziert. Mit der Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 159 über berufliche Rehabilitation und Beschäftigung behinderter Menschen im Frühjahr 2019 hat Vietnam sein Engagement zur Beseitigung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Beschäftigung bestätigt.
Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.
Risiken
Im Länderranking The Global Gender Gap 2024 des Weltwirtschaftsforums liegt Vietnam beim Subindex Economic Participation and Opportunity auf Rang 29 unter insgesamt 146 Ländern weltweit. In Südostasien sind Singapur (Rang 18), Philippinen (20) und Thailand (21) höher platziert, während Indonesien (89) und Malaysia (102) mit deutlichem Abstand hinter Vietnam rangieren.
Vietnam ist bei der Gleichstellung der Geschlechter im Wirtschafts- und Erwerbsleben eines der fortschrittlichsten Schwellenländer. Etwa 70 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter waren 2021 trotz pandemiebedingten Einschränkungen entweder erwerbstätig oder suchten einen Arbeitsplatz, verglichen mit 78 Prozent der Männer. Dies ist eine der höchsten Beteiligungsraten weltweit. Im Wirtschaftssektor stieg der Anteil der Unternehmen mit weiblichen Führungskräften von 4 Prozent im Jahr 2009 auf 36 Prozent im Jahr 2019, die höchste Rate in Südostasien. 29,5 Prozent aller Unternehmen in Vietnam gehören Frauen und sie stellen 55 Prozent der Selbstständigen. Nach wie vor gibt es auch in Vietnam geschlechterbezogene Unterschiede in Bezug auf die Erwerbsbeteiligung in verschiedenen Branchen. Trotz gesetzlicher Verbote zur Angabe von Geschlechterpräferenzen in Stellenanzeigen sind Frauen oft mit unlauteren Einstellungspraktiken konfrontiert.
Chancengleichheit der Geschlechter hat in der vietnamesischen Politik einen hohen Stellenwert: Vietnam hat eine Reihe einschlägiger Übereinkommen ratifiziert und bemüht sich auf nationaler Ebene um deren Umsetzung. Das Arbeitsgesetzbuch widmet sich in Kapitel X ausschließlich dem Aufbau einer Arbeitswelt mit gleichen Rechten für Männer und Frauen: Um zu gewährleisten, dass Männer und Frauen für ihre Arbeit gleichermaßen bezahlt werden, statuiert das Arbeitsgesetzbuch einen Anspruch auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeit. Es gibt auch Bestimmungen, die Präventionsmaßnahmen und den Umgang mit Fällen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz regeln und die Opfer bei der Einreichung von Beschwerden unterstützen können.
Trotz positiver Entwicklungen kommt es in Unternehmen weiter zu Ungleichbehandlungen gegenüber Frauen. Dies betrifft etwa die Rekrutierung, wo Männer (Verkauf) beziehungsweise Frauen (Verwaltung) häufig für bestimmte Positionen vorgezogen werden. Dem Vernehmen nach sind "sexuelle Gefälligkeiten" etwa im Verkauf, bei Einstellung oder Beförderungen ein verbreitetes Phänomen. Die Diskriminierung aufgrund von Religion und Status als ethnischer Minderheit spielt eine geringere Rolle. Allerdings bestehen im informellen Sektor Ausbeutungsgefahren insbesondere für ethnische Minderheiten, weil diese vielfach aus prekären wirtschaftlichen Verhältnissen kommen.
Homosexualität ist in Vietnam nicht strafbar und die vietnamesische Regierung zeigt sich bereit, die rechtliche Stellung von LGBTIQ-Personen weiter zu verbessern. Im Jahr 2022 verbot Vietnam sogenannte Konversionstherapien. Ein verfassungsrechtliches Eheverbot für gleichgeschlechtliche Ehen wurde 2015 aufgehoben. Offizielle Bemühungen für eine Gleichstellung haben allerdings noch nicht Vorbehalte gegenüber LGBTIQ-Personen in der stark auf ein traditionelles Familien- und Geschlechterbild fixierten vietnamesischen Gesellschaft zurückgedrängt. Entsprechend kann es auch zu Ungleichbehandlungen kommen.
In der Arbeitswelt wird vielfach gegenüber behinderten Menschen diskriminiert. Nach einer nationalen Erhebung leben in Vietnam rund 6,4 Millionen Menschen mit Behinderungen, etwa 7 Prozent der Bevölkerung. 10 Prozent der Menschen mit Behinderung leben in Armut gegenüber etwa 5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die meisten von ihnen (87 Prozent) leben in ländlichen Gebieten. Ihre gesellschaftliche Teilhabe ist durch eine wenig angepasste Infrastruktur in allen Bereichen (Bildung, Gesundheit, Transport, städtische Entwicklung) eingeschränkt.
Um mögliche Risiken bei der Ungleichbehandlung in Beschäftigung in Vietnam zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.
Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Die AHK Vietnam bietet eine Nachhaltigkeitsberatung an, insbesondere in Bezug auf Lieferketten. Die ILO ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort. Am 14. Dezember 2024 wurde der Responsible Business Helpdesk (RBH) in Vietnam offiziell eingerichtet. Der Helpdesk wird von der vietnamesischen Industrie- und Handelskammer (VCCI) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betrieben. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) ist eine Unterstützungsstruktur, die lokale Unternehmen über die Vorschriften des LkSG und der EU-Richtlinie CSDDD sowie nachhaltige Lieferketten im Allgemeinen berät.
Das Netzwerk wird von der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt. Für Beratungen ist der Helpdesk in Vietnam zu erreichen unter: T +84 90 61 11 622 oder rbh.vietnam.vcci@gmail.com; Adresse 5th Floor, VCCI, No 9 Dao Duy Anh Street, Dong Da District, Hanoi, Vietnam.
Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Ungleichbehandlung in Beschäftigung können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Diskriminierung im Sorgfaltsprozess adressieren, Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren, Rechte indigener Völker im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.